Die Bindewald-Gutting-Mühlengruppe will in ihren Standort in Friedrichstal investieren und die Lagerkapazität erhöhen. Eine Erhöhung der Verarbeitungskapazität ist jedoch nicht geplant. Bevor die Erweiterung kommt, müsse jedoch die verkehrliche Anbindung der Mühle an die Landesstraße geklärt sein.
Erweiterung der Lagermöglichkeiten
Anja Twietmeyer ist Mitglied der Geschäftsleitung der Mühlengruppe und erläuterte dem Stutenseer Gemeinderat die Überlegungen zur Weiterentwicklung des Friedrichstaler Mühlenstandortes. “Wir brauchen Wettbewerbsfähigkeit”, so Twietmeyer. Nur dann könne der Standort erhalten werden.
Hauptziel der Firma sei es, in der Erntezeit mehr Getreide auf einmal annehmen zu können und dieses fachgerecht zu lagern, damit dieses nicht über weite Strecken transportiert werden müsse. Für die Lagerung sollen neue Getreidesilos mit Förderturm und Verbindungsbrücke gebaut werden. Das habe zur Folge, dass der Anlieferverkehr durch Lkw in der vier- bis fünfwöchigen Erntezeit zunimmt, über die restlichen elf Monate des Jahres jedoch weniger werde.
Da sich die Verarbeitungskapazität nicht ändere, werde auch der Verkehr über das ganze Jahr gesehen nicht zunehmen.
Problem: Lkw-Verkehr
Allerdings sei die Verkehrssituation in Friedrichstal unbefriedigend. Die Lkw müssen über die Grabener- und die Rheinstraße durch Wohngebiet fahren. Anwohner haben bereits eine Interessensgemeinschaft gegründet. Dieses Problem müsse gelöst werden, so Twietmeyer, ansonsten erfolge keine Investition in den Standort.
Eine Lösung hatten die Mühlenvertreter auch parat: Die Lkw sollen in einer Richtung über die ehemalige Verbindungsstraße in Richtung Spöck am Pfadfinderheim vorbei zur L558 fahren, dort über die Brücke, die für 40-Tonner zugelassen sei, und schließlich auf die Landesstraße abbiegen.
Was für die Mühle eine praktikable und relativ preisgünstige Lösung ist, stieß im Gemeinderat auf breite Ablehnung. Die Brücke werde von Fußgängern und Radfahrern genutzt. Da sei die parallele Befahrung mit großen Lkw undenkbar.
Die Ratsmitglieder bevorzugten eine andere Lösung, nämlich die direkte Anbindung an die Landesstraße ohne vorherige Brückenüberquerung.
Erweiterung: ja, Brückenlösung: nein
Der Gemeinderat zeigte sich zwar offen für Erweiterungen der Mühle und will auch den Standort erhalten. Sowohl der konkrete Entwurf der Erweiterung als auch die Verkehrsplanung stießen auf Ablehnung.
“Wir unterstützen regionale Erzeugung”, betonte Friedrichstals Ortsvorsteher Lutz Schönthal (CDU). Allerdings falle die geplante Mühlenerweiterung zu groß aus. Das verändere den Ortsbildcharakter zu sehr. Da würde ein neues Industriegebiet entstehen, direkt am Wohngebiet und in ökologisch sensiblem Gebiet liegend. Dennoch sei die Mühle wichtig, auch als Gewerbesteuerzahler. “Es ist sehr schwer, alles unter einen Hut zu bekommen.”
Auch Karin Vogel (Freie Wähler) kann die Bedürfnisse der Mühlenbetreiber verstehen. Aufgrund der städtebaulichen Situation und der Belastung der Anwohner habe sie jedoch ebenso Bedenken. Die Variante, den Lkw-Verkehr über die Brücke fahren zu lassen, lehne ihre Fraktion ab, um die Fußgänger und Radfahrer nicht zu gefährden. Klaus Mayer (Freie Wähler) bezeichnete das Vorhaben als “Schnapsidee” und stellte den Antrag, eine solche Lösung auszuschließen. Dieser erhielt jedoch keine Mehrheit.
“Wir wollen grundsätzlich nicht, dass der Standort aufgegeben wird”, stellte Volker Stelzer (Grüne) klar. Man müsse sich mit den Optionen auseinandersetzen, beispielsweise die Höhe der geplanten Silos verringern. “Die Mühle muss erhalten bleiben”, betonte auch seine Fraktionskollegin Maren Hochschild.
“Das ortsansässige Gewerbe muss Entwicklungsmöglichkeiten haben”, so Alexander Skiba für die SPD-Fraktion. Dennoch teile er die Sorgen. Er wolle keine zusätzliche Belastung für Friedrichstal und bevorzuge eine Lösung mit direkter Anbindung an die L558 ohne Nutzung der Brücke.
Auch Oberbürgermeisterin Petra Becker äußerte sich kritisch über eine mögliche Brückennutzung. Sie bevorzuge eine Direktanbindung. “Wir bleiben im Gespräch und brauchen mehr Austausch”, so Becker. Noch seien nicht alle Fragen beantwortet.
Bis auf Thomas Hornung (CDU) stimmten alle Ratsmitglieder für die grundsätzliche Möglichkeit, dass die Mühle am aktuellen Standort erweitert werden kann. Das sieht das Gremium nur im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Mit Ausnahme von Thomas Hornung und Maren Hochschild stimmte das Gremium auch dafür, dass der Betreiber vollumfänglich für alle Kosten im Zusammenhang mit einer verkehrlichen Entlastung aufzukommen habe.
Mühle: “Akzeptieren keine Millionenausgaben für Straße”
Anja Twietmeyer sagte im Anschluss auf Anfrage von meinstutensee.de: “Wir haben bereits beträchtliche Beträge investiert.” Dass der Gemeinderat nun der Mühle alle finanzielle Belastung auferlege, gleichzeitig aber die kostengünstige ablehne, sei für ihr Unternehmen schwierig. “Wie können nicht mehrere Millionen auf den Tisch legen, um ein neues Kreuz für die L558 zu bauen – das gibt der Standort nicht her.”
Bereits in der Sitzung hatte Twietmeyer darauf hingewiesen, dass eine direkte Anbindung – ohne Nutzung der Brücke – Grundstückskäufe und Verhandlungen mit vielen Eigentümern sowie Ausgleichsmaßnahmen nach sich ziehen würde. Die Mühle favorisiere eine kurzfristige Lösung, nicht erst in zehn Jahren.
“Einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan werden wir ebensowenig akzeptieren wie Millionenausgaben für die Straße”, so Twietmeyer. Die Alternative sei, den Standort genauso weiterzubetreiben, wie er jetzt ist. “Was mit einem Produktionsstandort passiert, den man nicht weiterentwickeln kann, bleibt dann abzuwarten.” Zunächst will die Mühle aber einen neuen Erweiterungsentwurf erarbeiten und Alternativen zur Verkehrsanbindung diskutieren.
forum Kommentare