Im zu Ende gehenden Jahr war Innenstadtberater Michael Rausch von der IHK in Stutensee aktiv. In der November-Sitzung des Gemeinderats hat er sein Fazit vorgestellt. Demnach fließe Kaufkraft aus Stutensee ab, die “Innenstadt” von Blankenloch und Friedrichstal sei nicht attraktiv, insbesondere werde Gastronomie oder ein Café vermisst. Rausch machte Vorschläge zur Verbesserung. Das Thema sei allerdings ein Marathon für die nächsten fünf bis zehn Jahre.
In den vergangenen Monaten hat Rausch mit der Stadtverwaltung, dem Gewerbeverein und dem Einzelhandel zusammengearbeit sowie die potenzielle Kundschaft befragt – sowohl auf der Straße als auch online. Aus all den Informationen und Daten entstand seine Analyse des aktuellen Zustands in Stutensee, die er dem Gemeinderat präsentierte. Das Projekt wird durch das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg gefördert und ist für die Stadt kostenneutral.
Statistisch gesehen sei die Kaufkraft in Stutensee höher als im Bundesdurchschnitt. Allerdings werde das Geld nicht unbedingt in Stutensee ausgegeben. Es fließe in die Nachbargemeinden oder ins Internet ab.
Ergebnis der Passantenbefragung
Bei der Passantenbefragung vor Ort sowie der Online-Umfrage wurden die Daten für Blankenloch und Friedrichstal separat erhoben, da Stutensee keine klassische Innenstadt hat. Die Attraktivität schnitt in beiden Fällen mit der Schulnote 3 bei Vor-Ort-Befragung und Note 4 beim Onlinefragebogen nicht gut ab. Stutensee findet sich mit Note 3,09 auf Platz 50 der Landesliste wieder – mit Staufen auf Platz 1, Ettlingen auf Platz 4 (Note 1,96) und Bruchsal auf 32 (Note 2,65).
![Neuer Markt Blankenloch](https://www.meinstutensee.de/wp-content/uploads/2015/01/2012-09-06-blankenloch-021-300x225.jpg)
Am größten war die Zufriedenheit bei der Erreichbarkeit mit Auto und ÖPNV sowie den Öffnungszeiten. Am unteren Ende befindet sich die Bewertung des gastronomischen Angebots, des Einzelhandelangebots und von Veranstaltungen. Vermisst würden insbesondere Cafés.
Wie geht es weiter?
Rausch schlug unter anderem vor, lokale Händler durch Mietanreize oder Subventionen zu fördern, Gastronomie zu verbessern und Orte zum Verweilen zu schaffen. Diese und andere Ideen sind auch im Hinblick auf die finanzielle Lage der Stadt nicht kurzfristig umsetzbar. Der Maßnahmenplan soll nun finalisiert und eine Fokusgruppe aus Stadtverwaltung, Gewerbetreibenden und Bürger:innen gebildet werden, die die Fortschritte überwachen soll. Außerdem sei die Beantragung von Fördergeldern zu prüfen.
Das sagt der Gemeinderat
“Das deckt sich mit unserem Bauchgefühlt”, so Tobias Walter (CDU/FDP-Fraktion). Er lege Wert darauf, für die einzelnen Ortsteile verschiedene Konzepte zu erarbeiten.
“Die Werkzeuge funktionieren für Stutensee nicht”, stellte Sven Schiebel (Freie Wähler) fest. Das Problem beginne aus seiner Sicht früher. Es gebe keine Leerstände, man müsse langfristig planen und auch Ladengeschäfte berücksichtigen. Bislang habe der Fokus nur auf Wohnungsbau gelegen.
“Wir müssen die Aufenthaltsqualität steigern, damit sich Menschen begegnen”, befand Kathrin Weisser (Grüne). Sie verwies darauf, dass es durchaus Leerstände in Blankenloch gebe, beispielsweise die frühere Bäckerei Schultheiß und das frühere griechische Restaurant Artemis.
“Wir haben mehrere Versuche in den letzten Jahrzehnten unternommen”, so Wolfgang Sickinger (SPD). Aber man dürfe nicht resignieren. Seine Fraktion sei bereit zur Mitwirkung.
Wirtschaftsförderin Petra Schwab betonte die Wichtigkeit des Projekts: “Alle Akteure müssen an einem Strang ziehen!” Zudem handele es sich nicht um einen Sprint, sondern einen Marathon.
Der Gemeinderat unterstützte das Konzept einstimmig.
forum Kommentare
Man schaue sich doch nur mal in den Kernbereichen der einzelnen Stadtteile um. Überall parken Fahrzeuge auf den Gehwegen, kaum ein Durchkommen nebeneinander, mit Kinderwagen, etc. Wer will sich hier freiwillig länger aufhalten oder durch Stadt bzw. Dorf flanieren?
Das Ordnungsamt duckt sich weg und kontrolliert nicht vernünftig, seit Jahren nimmt das Problem zu.
Dabei ist genügend Parkraum vorhanden, wenn jeder auf seinem eignen Grundstück parken würde. Aber viel zu oft sind Garagen als Werkstatt oder Lagerraum zweckentfremdet, Durchfahrten in die Hinterhöfe mit Deko vollgestellt oder die Leute einfach zu faul auf ihren Parkplätzen zu parken.
Es ist einfach zum schämen, wie asozial hier teilweise geparkt wird.
Damit Stutensee attraktiver wird, sollte man vlt. erstmal am Erscheinungsbild der einzelnen Ortsteile anpacken. Ich nehme Friedrichstal als Beispiel, da es mir hier am intensivsten auffällt:
Durch das Neubaugebiet “Wohnen mit der Sonne” wurde das ehemalige Dorfzentrum am Marktplatz mehr und mehr dem freien Verfall und Ruin überlassen. Mit dem Umzug des Bürger-Büros in das Magnus-von Baden Haus, wurde auch der letzte regelmäßíge Personenstrom in den alten Ortskern beseitigt. Das Resultat lässt sich jetzt deutlich erkennen. Ein heruntergekommenes altes Rathaus, ein unter dem Jahr mehr oder weniger verwahrloster Marktplatz, und drumherum leerstehende Gebäude. Endzeitstimmung im Ort.
Stattdessen wollte man versuchen, ein neues Zentrum in der Berliner Allee zu errichten, was letztendlich gescheitert ist. Ortsverwaltung, Apotheke und Optiker sind in das Gebäude der Berliner Allee gezogen. Nebenan befindet sich jetzt eine Eisdiele, wo in den wenigen Jahren zuvor bereits drei weitere Gastro-Betriebe sich nacheinander die Klinke in die Hand gegeben haben und von nicht all zu langer Dauer Bestand hatten. Ich glaube man braucht keine Glaskugel um zu erahnen, dass auch die Eisdiele keine zwei Jahre mehr an dem Standort bleiben wird.
Parkplätze sind an den Werktagen äußerst rar gesät und laden nicht gerade zum Besuch der Lokalitäten dort ein.
Der Ortsteil westlich der Bahnlinie ist schon gar nicht mehr der Rede wert. Lediglich ein Metzger, welcher vermutlich nur von eingefleischter Stammkundschaft überleben kann, hält seit Jahrzehnten dort noch die Stellung.
Um es kurz und knapp zu sagen:
Stutensee und seine Ortsteile werden in naher und ferner Zukunft wohl keine prosperierende Standorte von Einzelhandel und Gastronomie mehr werden. Die romatische Vorstellung von kleinen, inhabergeführten Geschäften, in denen Lieschen Müller den Bleistift und Schreibblock noch persönlich in die Einkaufstüte packt, sollte man auf kurz oder lang begraben.
In Zeiten von Amazon, SHEIN, TEMU usw. wird sich niemand mehr auf den Weg machen um nachmittags im Wohn- oder Nachbarort zu flanieren und seine täglichen Besorgungen zu erledigen. Traurig aber wahr!
Vlt würde es schon reichen, die Energie, Zeit und das Geld in die regelmäßige Pflege und Erhalt der Ortschaften zu stecken.