Bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, müssen Jugendliche “in angemessener Weise” beteiligt werden. Das sagt die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg. Stutensee hat vergangenen Samstag einen neuen Versuch gestartet, dieses Ziel zu erreichen. Bisherige Ansätze scheiterten immer wieder. Etwa 25 Jugendliche haben sich mit ihren Ideen eingebracht. Nun kommt es auf Durchhaltevermögen und Unterstützung durch die Politik an.
Eine Kerngruppe von fünf Jugendlichen hat sich seit September wöchentlich getroffen, um den Neustart des Jugendforums vorzubereiten. In fünf Gruppen sollten die Teilnehmer:innen aufgeteilt werden und sich jeweils mit einem Thema beschäftigen: Kultur und Freizeit, Schule, Infrastruktur, Umwelt sowie Öffentlichkeitsarbeit. Da trotz umfangreicher Werbemaßnahmen und persönlicher Anschreiben nur etwa 25 Personen teilnahmen, wurde die Gruppenzahl spontan auf drei reduziert. Jede behandelte alle Themen, sammelte Ideen, ordnete und konkretisierte sie.
Zwei Welten: Jugend und Verwaltung
Während sich die Jugendlichen in ihre Gruppen zurückzogen, diskutierte GrauBau-Leiter Vlado Draca mit den anwesenden Gemeinde- und Ortschaftsratsmitgliedern sowie Oberbürgermeisterin Petra Becker und Eva-Maria Böker, Leiterin des Amts für Bildung, Kultur und Soziales, über den geplanten Ansatz der Jugendbeteiligung.
Die Runde war sich einig, dass die Reaktionszeit von Verwaltung und Kommunalpolitik enttäuschend auf die Jugendlichen wirken könne. Werde Geld für ein Vorhaben benötigt, könne das erst im nächsten Haushalt eingeplant werden, so Wolfgang Sickinger (SPD-Fraktion). Man könne Jugendliche verlieren, wenn sie über ein Jahr warten müssen, bevor vielleicht etwas passiert. Marius Biebsch (CDU/FDP-Fraktion) sah darin den Vorteil, die Jugendlichen mit der Kommunalpolitik vertraut zu machen.
Stimmungsbilder einholen
Generell zeigte sich die Runde aus der Lokalpolitik interessiert daran, auch Stimmungsbilder aus der Jugend einzuholen und sie beispielsweise an der Planung von Spielplätzen einzubeziehen. “Wir müssen auch Meinungen abholen und Interesse zeigen”, so Maren Hochschild (Grüne). Dafür müsse es aber Kontinuität in der Gruppenarbeit geben, wandte Alexander Skiba (SPD) ein.
Damit die Meinungen eingeholt werden können, bevor ein Thema schon zur Entscheidung beim Gemeinderat liegt, sollten die Ämter im Rathaus eine Jahresplanung erstellen, schlug Oberbürgermeisterin Petra Becker vor. Auch eine Einwohnerversammlung speziell für Jugendliche könne sie sich vorstellen.
Fehlende Kommunikationskanäle
Generell zeigte sich das Problem, dass es schwierig sei, “die Jugendlichen” zu erreichen. Zunächst sei abzuwarten, wie sich das Engagement der Jugendlichen entwickle.
Vlado Draca begrüßte den Ansatz, dass die Jugendlichen sowohl proaktiv ihre Wünsche und Ideen äußern als auch von der Lokalpolitik für Stimmungsbilder angefragt werden können.
Ideen der Jugendlichen
Unterdessen diskutierten die Jugendlichen in ihren Arbeitsgruppen über Missstände in Stutensee und Ideen zur Verbesserung. Bei der Präsentationsrunde zum Abschluss ging es unter anderem um Schlaglöcher auf Radwegen, fehlende Seife in Schultoiletten, marode Feuerwehrgebäude, den Wunsch nach mehr Parks, Veranstaltungen zur politischen Aufklärung und eine “Welcome-Bag” für zugezogene Jugendliche.
Teilweise wurden bereits Lösungen ausgearbeitet, beispielsweise den städtischen Mängelmelder im Rahmen der nächsten Stadtradeln-Aktion zu bewerben oder einen öffentlichen Brief wegen der Missstände bei der Feuerwehr zu verfassen. Mit Unterstützung der Lokalpolitik sollen die Themen nun angegangen werden.
Alle anwesenden Jugendlichen organisierten sich am Ende in einer WhatsApp-Gruppe.
“Ausdauer und Hartnäckigkeit”
“Es braucht Ausdauer und Hartnäckigkeit”, betonte Vlado Draca am Ende der Veranstaltung. Die Jugendlichen werden sich weiter wöchentlich im GrauBau treffen. Infos dazu sind auf dem Instagram-Kanal jube_stutensee zu finden.
“Die Gemeinde soll Kinder und muss Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen.” So steht es in §41a der baden-württembergischen Gemeindeordnung. Stutensee führte im Jahr 2018 das erste Jugendforum durch. Im Gegensatz zu einem Jugendgemeinderat ist die Teilnahme für jeden offen, jeder Interessierte kann teilnehmen, man verpflichtet sich nicht längerfristig.
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