“Mein Jahr in Tansania” – Interview mit Michael Streib aus Blankenloch

Michael Streib mit Gastvater James und dessen Enkel Brison

Beitragsbild: Michael Streib

Von Myriam Laubach | 11.04.2016 18:08 | Keine Kommentare

Michael Streib aus Blankenloch, der momentan Theologie in Heidelberg studiert,  absolvierte von August 2014 bis August 2015  einen Freiwilligendienst in Tansania. Bei Vorträgen in der vergangenen Woche im  evangelischen Gemeindehaus sowie am Thomas-Mann-Gymnasium in Blankenloch berichtete er über seine Erlebnisse und Eindrücke aus dem ostafrikanischen Land. Meinstutensee.de war vor Ort und interviewte ihn im Anschluss über seine Zeit und seine Erfahrungen dort.

 

meinstutensee.de: Wie bist du dazu gekommen nach Tansania zu gehen? Was waren deine Beweggründe?

Michael Streib: Ich wusste, dass ich zwischen Abi und Studium ein Jahr Pause machen möchte und das am besten im Ausland. Außerdem wollte ich das Ganze mit meinem sozialen Engagement verbinden. Daraufhin habe ich mich bei verschiedenen Organisationen beworben, u.a. bei den Kolping Jugendgemeinschaftsdiensten (JGD). Dort habe ich mich für verschiedene Projekte in West- und Ostafrika beworben und mich letztendlich bei einem Auswahlseminar für ein Projekt in Tansania entschieden.

 

meinstutensee.de: Warum hast du dir den Kontinent Afrika ausgesucht?

Michael Streib: Wie für viele Menschen war Afrika für mich vor dem Jahr einfach ein Kontinent, der mich wegen der Natur, der Menschen und der Kultur reizte. Auch ich hatte zugegebener Maßen einige Klischees über Afrika im Kopf.

 

meinstutensee.de: Was genau hast du in dem Jahr in Tansania gemacht?

Michael Streib: Ich war im Rahmen des staatlichen „Weltwärts“-Programms unterwegs, in dem junge Freiwillige gefördert werden. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es sich dabei nicht um Entwicklungshilfe handelt, sondern es dem interkulturellen Austausch dient.  Im Detail heißt das, dass ich durch das Leben in meiner Gastfamilie, das Projekt und den Alltag in Tansania neue Menschen und Kulturen kennenlernen und von meiner Kultur erzählen soll. Das Ziel des Freiwilligendienstes ist es, Vorurteile zu relativieren und Rassismen abzubauen.

 

meinstutensee.de:  Worin genau bestand dein Projekt und was hast du dort gearbeitet?

Michael Streib: Das internationale Kolpingwerk besteht weltweit aus sogenannten Kolpingfamilien, welche wie kleine örtliche Vereine aufgebaut sind. Die Kolpingfamilie in “Mwanga”, meinem Projektort, betreibt eine „Secondary School“, also eine weiterführende Schule, in der ich unterrichtet habe. Meine Fächer waren Englisch, Mathematik und das Wahlfach Deutsch. Später habe ich noch ein kleines Chorprojekt geleitet.

10. Klasse, die Michael Streib in Englisch unterrichtete

10. Klasse, die Michael Streib in Englisch unterrichtete

In diesem Zusammenhang möchte ich gerne darauf hinweisen, dass nach den Richtlinien von „Weltwärts“ durch meine Anwesenheit kein Arbeitsplatz für die einheimische Bevölkerung wegfallen durfte, d.h. ich war nur eine zusätzliche Unterstützung.

 

 

 

 

 

 

meinstutensee.de: Wie und wo hast du während deines Aufenthalts gelebt?

Michael Streib: Ich habe in einem sehr ländlichen Teil Tansanias gewohnt, im Dorf „Mwanga“. Dort habe ich in der Familie des Oberhaupts der

Das Dorf "Mwanga" in Tansania

Das Dorf “Mwanga” in Tansania

dortigen Kolpingfamilie gelebt. Es gibt zwar kein Stromnetz und fließend  Wasser im Dorf, aber meine Gastfamilie hatte eine Solaranlage auf dem Dach, sodass ich Licht hatte, mein Handy laden und ab und zu sogar Fernsehen konnte. Gekocht wurde meistens typisch tansanisch, vor allem Maisbrei mit verschiedenen Beilagen, von Gemüse über Fisch bis Fleisch. Ich habe mich in der Familie willkommen und sehr wohl gefühlt und meine Gastfamilie über das Jahr fest ins Herz geschlossen. Erwähnen möchte ich auch,  dass es natürlich auch große Städte mit deutlich höherem Lebensstandard gibt, die bei Ausflügen und Reisen eine willkommene Abwechslung zum Landleben boten.

 

 

meinstutensee.de: Was hat dir an diesem Jahr in Tansania besonders gefallen?

Michael Streib: Vor allem die Vielfalt des Landes, die ich auch bei Reisen näher kennenlernen durfte, faszinierte mich und tut es noch immer. Von verschiedenen Landschaften, zum Beispiel der Serengeti, aber auch den Bergregionen sowie den großen Städten mit ihrem Mix verschiedener Kulturen und Ethnien oder kulturellen Eigenheiten, wie verschiedenen Sprachen oder Musikrichtungen, hat Tansania viel zu bieten. Doch am meisten bleiben mir die Begegnungen mit den Menschen vor Ort in Erinnerung, mit meinen neuen Freunden und meiner Gastfamilie, die mich so überaus gastfreundlich aufgenommen haben.

Michael in Tansania

meinstutensee.de: Was nimmst du für dich  aus dem Jahr in Tansania mit?

Michael Streib: Vor allem Neugierde und Offenheit Menschen anderer Kulturen gegenüber. Ich versuche jetzt vorsichtiger zu sein und nicht zu schnell über andere Menschen zu urteilen, gerade bezüglich ihrer Religion oder Herkunft, weil auch ich erlebt habe, was es bedeutet, aufgrund meiner Herkunft auf bestimmte Merkmale reduziert zu werden. Mir ist bewusst geworden, dass unsere Sicht auf die Welt stark durch unsere Kultur geprägt ist, und wenn wir Menschen mit anderem kulturellem Hintergrund verstehen wollen, müssen wir versuchen, uns ohne Wertung in ihre Kultur hineinzuversetzen. Außerdem habe ich natürlich bestimmte Gewohnheiten und Bräuche schätzen gelernt sowie Sprachkenntnisse in Kisuaheli erworben, aber auch viele neue Freundschaften und Kontakte in Tansania geknüpft.

 

meinstutensee.de: Engagierst du dich weiter in diesem Bereich und wenn ja, wie?

Michael Streib: Ich engagiere mich weiterhin bei den Kolping JGD, z.B. habe ich geholfen, die neuen Freiwilligen mitauszuwählen. Des Weiteren werde ich in diesem Sommer ein vierwöchiges Workcamp in Kintinku, Tansania leiten. Workcamps werden von Kolping weltweit angeboten. Dabei handelt es sich um einen Kurzfreiwilligendienst von meistens vier Wochen, in dem man mit einer Gruppe von bis zu zwölf Leuten drei Wochen in einem Projekt lebt und mitarbeitet, um die Menschen vor Ort und ihre Kultur besser kennen zu lernen. Die letzte Woche bereist man dann zusammen das Land. Ich finde, dass  Workcamps, auch in anderen Teilen der Welt, eine sehr gute Chance darstellen, ein Land abseits des Pauschaltourismus kennenzulernen und für sich zu entdecken.

 

meinstutensee.de: Ich bedanke mich herzlich für das Gespräch mit  zahlreichen Eindrücken über dein Jahr in Tansania und wünsche dir viel Erfolg für deine weiteren Projekte.

 

Wenn Ihr Interesse für Michaels Workcamp in Tansania geweckt wurde und Sie mehr dazu erfahren wollen, können  Sie dem entsprechenden Flyer noch einige Informationen entnehmen oder Michael Streib direkt kontaktieren: michael_tansania@gmx.de

Infos zu dem Projekt in Kintinku finden Sie hier:

http://www.kolping-jgd.de/Workcamp/Singida—Kintinku/TAN-7545/?reiseziel=Afrika&schlagwort=kintinku

Flyer Worcamp Tansania

 

 

 

 

Wenn im Allgemeinen Fragen und Interesse an Freiwilligendiensten und Workcamps bei den Kolping JGD bestehen, finden Sie weitere Infos auf der Homepage: www.kolping-jgd.de

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