Sich untereinander kennen und schätzen lernen, das ist das erklärte Ziel von Ludwig-Wilhelm Heidt und seinen Mitstreitern. Gemeinsam mit Lidia Bisrat Kifle aus Eritrea sowie Vertretern weiterer 16 Nationen hatte der Ortsvorsteher von Staffort am 9. Mai in die Dreschhalle zum „Kleinen Fest der Nationen“ eingeladen. Bei sonnigem Wetter strömten die Besucher zahlreich in das alte Gebäude. Empfangen wurden sie von exotischen Düften, unerwarteten Gaumenfreuden und wissenswerten Informationen zu den verschiedenen Ländern und Kulturen. Höhepunkt war ein Bühnenprogramm mit Musik und Tanz.
Ein wahres Fest der Sinne erwartete die Besucher der Stafforter Dreschhalle am vergangenen Samstag. Tokajer-Wein aus Ungarn, mediterrane Spezialitäten aus der Türkei, indische Hennatattoos und Süßes aus Belgien, das Angebot an den verschiedenen Ständen kam einer kleinen Weltreise gleich. Nach den Festreden von Ortsvorsteher und Oberbürgermeister Demal, gab es auf der Bühne lateinamerikanische Chansons und einen ägyptischen Bauchtanz. Doch diese gelebte Vielfalt ist im Alltag nicht immer selbstverständlich. „Manchmal habe ich den Eindruck, dass es immer noch zu große Berührungsängste gibt. Man lebt Tür an Tür und doch aneinander vorbei“, erklärt Ortsvorsteher Ludwig Wilhelm Heidt sichtlich bewegt.
Bereits vor vier Jahren wollte der gebürtige Stafforter eine solche Veranstaltung organisieren. Dies sei damals aber „auf keinen fruchtbaren Boden gefallen“. Als Bisrat Kifle dann im vergangenen Jahr an ihn mit dem Wunsch herantrat, eine Veranstaltung zu organisieren, auf der sie dem deutschstämmigen Publikum die Schönheit ihrer Heimat Eritrea präsentieren konnte, ergriff Heidt sofort die Gelegenheit beim Schopfe. Als ehemaliger Berufssoldat war er unter anderem vor 22 Jahren für die UN-Blauhelmtruppe im benachbarten Somalia stationiert, konnte damals die Lage in afrikanischen Krisenregionen hautnah erleben. So erinnerte Heidt in seiner Festrede auch an die Verantwortung der europäischen Staaten im Umgang mit der steigenden Zahl an Flüchtlingen aus aller Welt.
Über ihre Flucht aus dem Heimatland möchte die gelernte Krankenpflegerin Bisrat Kifle nicht viel erzählen, sie schaut lieber in die Zukunft, versteht sich als positive Botschafterin ihrer Kultur. „Wenn die Leute in Deutschland den Namen Eritrea hören, dann denken sie immer nur an Katastrophen“, erläutert sie. „Ich möchte den Menschen hier zeigen, dass es in meiner Heimat auch viel Positives gibt, leckere Gewürze, gutes Essen, Kunst“, bekräftigt Bisrat Kifle ihre Motivation. Aus diesem Grund hat sie sich an diesem Tag festlich herausgeputzt, mit kunstvoller Knüpffrisur und zarten ostafrikanischen Gewändern.
Auf die Frage, was die Deutschen von Menschen aus Eritrea lernen könnten, überlegt die mehrfache Mutter einen Augenblick. „Das Besitzdenken ist sicherlich anders. Wenn ich in Eritrea im Bus sitze und etwas zu essen dabei habe, dann teile ich es mit den Menschen um mich herum“, so die einfache Antwort. Besonders schwer sei es für die Krankenpflegerin mitanzusehen, wie viele Menschen hier in Deutschland sich scheinbar nicht mehr um ihre alten und kranken Eltern kümmern wollen oder können. Sie selbst möchte ihre neue Heimat Deutschland weiterhin mit eritreischer Kultur bereichern. Ihr Traum ist es, ein Restaurant mit landestypischen Speisen und Kulturprogramm zu eröffnen.
Für Ludwig-Wilhelm Heidt sind die Mitbürgerinnen und -bürger unterschiedlicher Herkunft so vor allem eine Bereicherung. „Es ist immer eine Frage des Gebens und Nehmens“, erklärt er. Die Mehrheitsgesellschaft müsse auch bereit sein, den kulturellen Reichtum annehmen und die Andersartigkeit der Menschen akzeptieren zu können, wenn diese die freiheitlich-demokratische Grundordnung, Gesetze, Rechte und Pflichten der Bundesrepublik anerkennen.
Sichtlich begeistert von der Veranstaltung zeigte sich das Publikum, das nicht nur aus Staffort angereist war. Ganz gezielt besuchte beispielsweise Birgit Seeger die Veranstaltung. Animiert von der Stutenseer Integrationskonferenz wollte die gebürtige Unterfränkin, die seit einigen Jahren in Blankenloch wohnt, die Präsentation der verschiedenen Kulturen erleben. Sie war zuletzt durch einen syrischen Arzt, dem sie Nachhilfeunterricht gab, auf das Thema gestoßen und will sich künftig als Deutschlehrerin für Ausländer stärker am Integrationsprozess beteiligen.
Die Veranstalter zeigten sich überwältigt von der positiven Resonanz und dem Publikumsandrang. Bisrat Kifle blieben während ihrer Rede schier die Worte weg und Ortsvorsteher Heidt kündigte bereits weitere Veranstaltungen an. So soll es künftig in unregelmäßigen Abständen einen Stafforter Stammtisch der Nationen geben. Auch eine Folgeveranstaltung ist angedacht. Wie und in welcher Größenordnung, das wird noch zu klären sein. Sicher ist es laut Ortsvorsteher Heidt aber, dass sie stattfinden wird.
forum Kommentare
War richtig klasse! :-)
Toll, ich konnte leider nicht kommen
Klasse, ein bewundernswerter Beitrag für Völkerverständigung und gegen Vorurteile!