Als ein „schwieriges Thema“ bezeichnete der Stafforter Ortsvorsteher Ludwig-Wilhelm Heidt die neue Ausstellung des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die am letzten Sonntag eröffnet wurde und bis Donnerstag im Bürgersaal des Stafforter Rathauses zu sehen war. „Aber sie zeigt“, fuhr er fort, „dass der Volksbund kein Thema tabuisiert, auch nicht aus dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte“.
Die Ausstellung behandelt „Feldrabbiner in den deutschen Streitkräften im Ersten Weltkriegs“ und wurde vom Centrum Judaikum Berlin in Zusammenarbeit mit dem Volksbund zusammengestellt. „Da der Volksbund immer den Blick auf Einzelschicksale richtet, werden hier beispielhaft die Lebenswege von vier Rabbinern nachgezeichnet“, erklärte der Geschäftsführer des Bezirksverbands Nordbaden, Volker Schütze. Leopold Rosenak, Leo Baerwald, Paul Lazarus und Siegfried Alexander stehen stellvertretend für die Aufgaben der Feldrabbiner, die sich – wie Zeitdokumente belegen – über das Seelsorgerliche hinaus auch auf humanitäre und soziale Funktionen erstreckte: so war der Rabbiner Leopold Rosenak von der Reichskartoffelstelle beauftragt, Kartoffeln aus Holland zu beschaffen. Der Frage, wie jüdische Geistliche dazu kommen, ins Feld zu ziehen, beantwortete der Vorsitzende der Evangelischen Stadtmission, Pfarrer Martin Michel in seinem Eröffnungsreferat. „Dazugehören“ wollten die jüdischen Mitbürger, wegkommen von ihrem Status des Feiglings und Drückebergers. Sie, Deutsche jüdischen Glaubens, wollten all ihren Kritikern zeigen, dass sie Patrioten seien, die gerne ihre vaterländische Pflicht erfüllen, um auf diesem Weg endlich Anerkennung und volle Gleichberechtigung zu erlangen. 1914 zogen 96.000 deutsche Soldaten jüdischen Glaubens in den Krieg.
Die Rabbiner organisierten ein Passahfest und einen Sederabend – es war ein Hochgenuss, Jude unter Juden zu sein. Aber die erhoffte Anerkennung blieb aus, stattdessen wurde der Antisemitismus in Deutschland stärker. Juden wurden nicht nur für den Krieg verantwortlich gemacht, sondern auch die für die darauffolgende schlechte Versorgungslage. Jetzt waren sie nicht nur Drückeberger, sondern auch Wucherer und Kriegsgewinnler. Mit der Frage „Was lehrt uns das?“ schlug Pfarrer Michel am Ende seiner Ausführungen den Bogen zur aktuellen Situation – „Das Vereinte Europa ist ein bedrohtes Projekt“ – und gab die Antwort mit dem Zitat des polnischen Schriftstellers Gustaw Herling: „Nur unter menschlichen Bedingungen können Menschen noch menschlich bleiben“. Eine funktionierende rechtsstaatliche Ordnung sei eine wesentliche Voraussetzung dafür, gerade in der aktuellen Umbruchsituation in Europa.
Marianne Lother/BNN
Quelle: Ludwig-W. Heidt/Ortsvorsteher Staffort
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