Landtagswahl 2016: Joachim Kößler (CDU)

Beitragsbild: CDU

Von Martin Strohal | 10.02.2016 21:24 | Keine Kommentare

meinstutensee.de exklusiv Landtagswahl 2016Am 13. März 2016 findet in Baden-Württember die nächste Landtagswahl statt. Stutensee gehört dabei zum Wahlkreis 30 (Bretten). meinstutensee.de möchte allen Leserinnen und Lesern die Kandidaten vorstellen, zwischen denen sie sich bei der Wahl entscheiden können. Dazu haben wir den Kandidaten aller Parteien, die nach Stand der Umfragen mindestens 3% der Stimmen erreichen können, und natürlich den Kandidaten, die aus Stutensee stammen, einen Fragebogen zukommen lassen: Joachim Kößler (CDU), Andrea Schwarz (Grüne), Anton Schaaf (SPD), Carolin Holzmüller (FDP), Valeri Kalaschnikow (Die Linke), Lars Hannemann (Die Partei), Prof. Dr. Jörg Meuthen (AfD). Die Veröffentlichung erfolgt in der Reihenfolge der Beantwortung.

Die folgenden Antworten stammen von Joachim Kößler (CDU).

Bildung/Familie

Schulsystem

meinstutensee.de: Die grün-rote Landesregierung hat die Einführung der Gemeinschaftsschule mit dem Argument durchgesetzt, so eine bestmögliche Chancengleichheit im Bereich der Bildung für Kinder aus allen sozialen Schichten zu erreichen. Andere Schulformen wie das Gymnasium bleiben aber weiterhin bestehen. Wie sehen Sie diesen Schritt zum Umbau des Bildungssystems? Wie könnte man Chancengleichheit ohne Gemeinschaftsschule realisieren?

Joachim KößlerJoachim Kößler: Durch die völlig übereilte und nicht durchdachte Einführung der Gemeinschaftsschule hat Grün-Rot die Axt an unser erfolgreiches Schulsystem gelegt. Eine Schule, in der alle Kinder vom Förderschüler bis zum Hochbegabten in einer Gruppe unterrichtet werden sollen, in der Lehrer nur noch Lernbegleiter sind, eine Schule ohne Noten ist überfrachtet und schnell überfordert. Die Lehrerinnen und Lehrer sind die Leidtragenden. Internationale Studien zeigen aber, dass der entscheidende Faktor für den Lernerfolg nicht das Schulsystem, sondern die Lehrenden sind.

Wir wollen Ruhe ins Bildungssystem bringen – das haben die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte verdient. Deshalb werden wir die bestehenden Gemeinschaftsschulen nicht schließen. Sie sollen sich weiterzuentwickeln und mit leistungsdifferenzierten Bildungsgängen arbeiten. Eine gerechte Balance bei der Ressourcenverteilung, so dass keine Schulart mehr bevorzugt oder benachteiligt ist unser Ziel. Nur so ist ein fairer Wettbewerb um die beste Unterrichtsqualität möglich.

Unser bestehendes differenziertes Bildungssystem mit Gymnasien, Realschulen und Werkrealschulen garantiert bereits heute den Schülerinnen und Schülern viele Möglichkeiten zum Anschluss an den erreichten Schulabschluss: Die Chancengleichheit ist auch ohne Gemeinschaftsschule gewährleistet. Die beruflichen Schulen garantieren die notwendige Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit in einem differenzierten Schulsystem. Sie bieten exzellente Anschlussmöglichkeiten hin zu allen allgemeinbildenden Bildungsabschlüssen. Sie eröffnen für Schülerinnen und Schüler mit mittlerem Bildungsabschluss einen äußerst attraktiven Weg, die Hochschulreife bzw. die Fachhochschulreife zu erwerben.

U3-Betreuung

Welche Rolle spielt die U3-Betreuung für Sie? Soll diese weiter ausgebaut werden?

Die Kleinkindbetreuung ist wichtig und muss bedarfsgerecht ausgebaut werden, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Das gilt im Übrigen auch für den Hochschulbereich. Hier sollen Teilzeitstudiengänge ausgebaut, flexible Studiengestaltung ermöglicht und bedarfsgerechte Kinderbetreuungsangebote angeboten werden.

Betreuungsgeld

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Betreuungsgeld in seiner jetzigen Form gegen das Grundgesetz verstößt. Sind Sie mit dieser Entscheidung einverstanden? Was wäre eine adäquate Form, Bürgerinnen und Bürger in ihrem Bestreben zu unterstützen, Beruf und Familie zu vereinbaren? Wofür sollen die freiwerdenden Gelder verwendet werden?

Das Bundesverfassungsgericht hat ja nicht generell das Betreuungsgeld abgelehnt, sondern darauf hingewiesen, dass nicht der Bund, sondern die Länder für die Leistung verantwortlich sind. Die Mittel, die der Bund in diesem Bereich künftig an die Länder gibt, wollen wir auch weiterhin für unsere Familien reservieren. Wir wollen mit einem „Familiengeld Baden-Württemberg“ einen familienpolitischen Akzent setzen.

Wohnen für Senioren

Alternde Gesellschaft und Fachkräftemangel, in ländlichen Regionen gehen medizinische, soziale und andere Versorgungsdienstleistungen immer mehr zurück. Gerade in unserer Kommune besteht einerseits das Problem, dass immer weniger bezahlbarer Wohnraum für junge Familien und sozial schwache Personengruppen zur Verfügung steht, alte Menschen hingegen teilweise über immense Wohnflächen verfügen, sich um diese aber nicht mehr eigenständig kümmern können. Welche Lösungen sehen Sie hier für würdevolles Altern, für altersgerechtes und heimatnahes Wohnen im ländlichen und im Übergangsraum zu städtischen Ballungsgebieten?

In einer CDU-geführten Landesregierung wird es die Funktion eines Demografiebeauftragten geben, um dieses klassische Querschnittsthema über die Ressorts hinweg zu koordinieren. Er soll sich unter anderem um Fragen des altersgerechten Lebens, Wohnens und Bauens genauso kümmern, wie um eine möglichst wohnortnahe und familienorientierte Pflege. Senioren brauchen eine gute medizinische Versorgung mit erreichbaren Krankenhäusern, Arztpraxen oder Apotheken sowie bei Bedarf eine altersgerechte und menschenwürdige Pflege. Um dies zu gewährleisten, will die CDU Angebote im ambulanten und stationären Bereich, in der geriatrischen Rehabilitation und im betreuten Wohnen flächendeckend ausbauen. Ebenfalls ausbauen wollen wir die Pflegestützpunkte. Ihre Sprechzeiten sollen flexibler werden und Beratung in der Wohnung sollte erfolgen.

Gesundheit

Ärztliche Versorgung

Kürzlich wurde im Stutenseer Stadtteil Blankenloch der ärztliche Bereitschaftsdienst abgeschafft. Wie beurteilen Sie die Lage der ärztlichen Versorgung im ländlichen und suburbanen Raum im Landkreis Karlsruhe und für welche Lösungen machen Sie sich stark?

Die Schließung des Bereitschaftsdienstes in Blankenloch ist bedauerlich. Ich habe mich im Sommer 2015 für den Erhalt ausgesprochen – leider ohne Erfolg. Immerhin bleibt der Fahrdienst für notwendige Hausbesuche bestehen.

Positiv betrachtet werden kann, dass die Einwohner im Landkreis Karlsruhe mit Bretten, Bruchsal und Karlsruhe eine relativ hohe Dichte an Krankenhäusern haben. Insbesondere im ländlichen Raum zeichnen sich allerdings sowohl im hausärztlichen als auch im fachärztlichen Bereich Nachfolgeengpässe ab. Das von uns initiierte Landärzteprogramm muss zu einem Gesamtpaket zur Stärkung der medizinischen Versorgung insbesondere im ländlichen Raum ausgebaut werden. Kernstück dieser Weiterentwicklung soll ein Landärzte-Stipendium werden, das die Hausarzttätigkeit für junge Mediziner interessanter macht. Als Gegenleistung für das Stipendium müssen sich die jungen Mediziner verpflichten für fünf Jahre als Hausarzt im ländlichen Raum tätig zu sein.

Flüchtlinge

Der Landkreis Karlsruhe nimmt gemäß Königsteiner Schlüssel jährlich rund 5.000 Flüchtlinge auf, so lautete die Prognose im Sommer 2015. Die Zahlen wurden gegen Ende letzten Jahres nach oben korrigiert. Auch in Baden-Württemberg fühlen sich viele Kommunen überfordert, in Stutensee ist die Lage dank der Hilfsbereitschaft zahlreicher Ehrenamtlicher aber noch vergleichsweise ruhig. Dennoch müssen dringend Lösungen für Anschlussunterkünfte gefunden werden, auch Integration und Abschiebung von Flüchtlingen, Asylbewerbern und Arbeitsmigranten sind ein großes Thema. Alles steht und fällt – so scheint es – einerseits mit den Ehrenamtlichen, andererseits mit den zugewiesenen Geldern. Welches Vorgehen schlagen Sie vor, um die Lage bewältigen zu können? Wie wollen Sie Ehrenamtliche unterstützen?

Ganz klar ist, dass ohne die zahlreichen haupt- wie ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer Baden-Württemberg die Flüchtlingskrise nicht meistern könnte. Sie kümmern sich mit aller Kraft um die Menschen, die bei uns Zuflucht suchen. All den Ehrenamtlichen möchte ich von ganzem Herzen danken! Dieses ehrenamtliche Engagement in den Stadt- und Landkreisen muss institutionalisiert unterstützt, vernetzt und gefördert werden. Hierzu sind Koordinierungsstellen auf Stadt- und Landkreisebene einzurichten, die Vernetzung, Information und Qualifizierung organisieren. Ehrenamtlichen sollten Vorbereitungs- und Fortbildungsangebote unterbreitet werden, um sie auf ihre Arbeit besser vorzubereiten.

Wie lässt sich Ihrer Meinung nach die Finanzierung für die Flüchtlingsaufnahme in den Kommunen besser absichern?

Die vom Bund bereit gestellten zusätzlichen Mittel für die Flüchtlingsunterbringung müssen 1:1 an die Kommunen weiter geleitet werden. Als Sofortprogramm für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen in den Kommunen könnte zudem im Rahmen der Städtebauförderung und des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum ein zusätzlicher Förderschwerpunkt zur Schaffung von Wohnraum etabliert werden. Ich möchte bei der Gelegenheit aber auch darauf hinweisen, dass wir ebenfalls dringend Wohnflächen für einheimische Bedürftige benötigen, die wir bei allem Engagement für Flüchtlinge nicht vergessen dürfen. Wir müssen daher wieder Anreize schaffen für Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. Die grün-roten Maßnahmen der vergangenen fünf Jahre haben das Bauen teurer gemacht und sozialen Wohnungsbau ausgebremst.

Es wird gerade in den letzten drei Monaten kontroverser denn je über das Thema “Wie viele Flüchtlinge verträgt das Land?” diskutiert. Oftmals wird gerade von der Boulevardpresse, leider aber auch seitens zahlreicher politischer Parteien und Akteure, ohne großes Faktenwissen unnötig polemisiert. Die Herausforderung, vor der wir in Baden-Württemberg, in der Bundesrepublik und in der Europäischen Union stehen, scheint angesichts zahlreicher anderer – medial in Szene gesetzter – Krisen auf der Welt schier unlösbar. Größte Reibungsfläche bietet hier der Begriff der Kultur, der eigenen wie auch der fremden. Was sind Ihre Anforderungen an Menschen, die aus welchen Beweggründen auch immer, in unser Land kommen und hier Schutz, Arbeit oder einen neuen Ort zum Leben suchen? Welche Anforderungen müssen deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger erfüllen, um diese Lage zu meistern? Wie sollte die Landespolitik hier auf beide Seiten einwirken?

Das Grundgesetz und die dahinterstehende freiheitlich-demokratische Werteordnung sind die Grundlage für das Zusammenleben in Deutschland. Diese gilt für alle hier lebenden Mitbürger – mit und ohne Migrationshintergrund. Wir erwarten von jedem, der zu uns kommt, dass er unsere Normen und Gepflogenheiten beachtet. Auch die Flüchtlinge müssen die deutsche Rechts- und Werteordnung anerkennen und respektieren. Dabei kann es keine Zugeständnisse geben.

Das Erlernen der deutschen Sprache ist meines Erachtens eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Integration. Die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen muss verpflichtenden Charakter haben.

Kriminalität

Ausstattung der Polizei

Die Kriminalstatistik für Stutensee zeigt, dass wir zu denjenigen Kommunen zählen, in denen die Kriminalität weit unter dem Durchschnitt von Land, Landkreis und Stadtkreisen liegt. Im Allgemeinen steht auch das Land Baden-Württemberg bundesweit gemeinsam mit Bayern sehr gut da. Nicht zuletzt durch die aktuelle Flüchtlingssituation fordern zahlreiche Stimmen jedoch wieder zusätzliche Einstellungen bei Polizei und Vollzugsbehörden sowie eine bessere Ausstattung dieser. Die Gründe sind vielfältig dafür. Was denken Sie: Sollte das Land Baden-Württemberg wieder vermehrt in die Polizei investieren?

Ja, denn bei der Bekämpfung des Terrorismus, der Internetkriminalität, der Organisierten Kriminalität oder der Einbruchskriminalität braucht die Polizei für gute Arbeit ausreichend Personal. Konkret geht es jetzt darum, die Polizei um 1.500 zusätzliche Stellen zu verstärken, sicherzustellen, dass die Präsenz der Polizei in der Fläche wieder gegeben sein wird, ebenso muss die technische Ausstattung auf dem neuesten Stand gehalten werden.

Darüber hinaus möchten wir den „Freiwilligen Polizeidienst“ wieder einführen. Seit 1963 leisten Polizeifreiwillige ehrenamtlich einen wichtigen Beitrag dazu, die Polizeiarbeit in der Gesellschaft positiv zu verankern und die hauptamtlichen Kräfte wirkungsvoll zu entlasten. Deswegen ist es sicherheitspolitisch die falsche Entscheidung von Grün-Rot, den Freiwilligen Polizeidienst zum Auslaufmodell zu machen. Die CDU wird den Einstellungsstopp sofort beenden und die Zahl der Freiwilligen von 1.100 auf 2.000 aufstocken.

Neben den genannten polizeilichen Maßnahmen ist eine Stärkung des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg notwendig. Terroristische Anschläge können nur dann verhindert werden, wenn potentielle Gefährder auch wirksam überwacht werden.

Organisiertes Verbrechen

Während die Verbrechensrate in anderen Bereichen sank oder gleich blieb, wurden in den vergangenen fünf Jahren verstärkt Einbruchsdelikte in Baden-Württemberg verzeichnet. Zwar liegt Stutensee in diesem Bereich weit unter Landes- und Landkreisdurchschnitt, aber auch hier war laut Kriminalstatistik für 2014 ein Zuwachs zu verzeichnen. Laut Polizeiberichten scheint es sich bei den Wohnungseinbrüchen im Land zur Hälfte um Fälle organisierter Kriminalität zu handeln. Was kann das Land Baden-Württemberg gegen diese und andere Formen von organisiertem Verbrechen tun?

Die Zahlen der Einbruchskriminalität in Baden-Württemberg sind geradezu alarmierend: Innerhalb der vergangenen vier Jahre hat sich die Zahl der Wohnungseinbrüche um über 70 Prozent erhöht. Die Aufklärungsquote ist erschreckend niedrig. So blieben im Jahr 2013 neun von zehn Fällen unaufgeklärt. Menschen, bei denen eingebrochen wurde, sind zum Teil schwer traumatisiert. Denn jeder Fall ist ein schwerwiegender Einbruch in die Privat- und Intimsphäre. Da für die CDU die Bekämpfung des Wohnungseinbruchs oberste Priorität hat, haben wir ein umfangreiches Konzept zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität erarbeitet.

Eine CDU-geführte Landesregierung wird für mehr Polizeistreifen in den Wohngebieten sorgen sowie mehr Zivilfahnder auf Autobahnen und Bundesstraßen einsetzen, um die Reiserouten von Einbrecherbanden gezielt zu überwachen. Hierzu ist auch das vorhandene automatische Kennzeichenlesesystem an Autobahnen zu nutzen und die Polizei mit moderner IT-Prognosesoftware ausstatten. Eine weitere Maßnahme werden zinsgünstige Darlehen sein, die über die L-Bank bei baulichen Schutzmaßnahmen gegen Einbruch zu ermöglichen sind.

Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)

Öffentlicher Personennahverkehr ist für die Kommunen und Landkreise immer ein Zuschussgeschäft. Weniger Geld von den Kommunen, der Bau der U-Strab in Karlsruhe, erhöhte Nachfrage, der Ankauf neuer Fahrzeuge sowie unnötige Verwaltung bei den Verkehrsunternehmen der Region haben zu immer größeren Preissteigerungen bei abnehmender Qualität (Ausfälle, Taktung wird nicht eingehalten, überfüllte Fahrzeuge) geführt. Wie sehen Sie die Zukunft des ÖPNV im Landkreis Karlsruhe, in der Region und im Ländle? Ist die jetzige Form der Finanzierung durch die öffentliche Hand weiterhin tragbar, oder müssen andere Wege beschritten werden?

Der ÖPNV ist ein wichtiger Baustein im Mobilitätskonzept. Der ÖPNV schont die Umwelt und entlastet die Straßen. Daher ist ein gut ausgebauter ÖPNV auch ein wichtiger Standortfaktor für Einwohner und Unternehmen gleichermaßen. Gerade wir im Einzugsgebiet des KVV können uns glücklich schätzen. Um eine attraktive Alternative zum Individualverkehr zu sein, erwarten die Menschen vom ÖPNV Verlässlichkeit und Pünktlichkeit, gut getaktete Verbindungen und moderne Fahrzeuge. Der ÖPNV war für den Staat schon immer ein Zuschussgeschäft und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Das Land wird sich hier nicht aus seiner Pflicht nehmen können – im Gegenteil!

Finanzen

Was ist Ihr Lösungsansatz für die Finanzprobleme der Kommunen in Baden-Württemberg? Die Schuldenbremse (Verbot der Nettokreditaufnahme für die Länder) tritt 2020 in Kraft. Der grün-roten Landesregierung ist es bereits zum vierten Mal gelungen, die Nettoneuverschuldung bei Null zu halten. Dennoch gibt es weiterhin Kommunen, die aus dem Schuldental nicht herauskommen, Steuersünder entziehen dem Gemeinwesen jährlich Milliardenbeträge, Infrastruktur will gepflegt und auch weiterhin modernisiert werden, um wirtschaftlich und gesellschaftlich Schritt halten zu können. Für welchen finanzpolitischen Weg plädieren Sie? Welche Instrumente muss das Land schaffen, um die Kommunen weiterhin beim Schuldenabbau zu unterstützen?

Man muss sich die Verschuldung der Kommunen in unserem Land genau anschauen. Da sind ja auch enorme Gegenwerte da. Wenn man das berücksichtigt, dann sind die baden-württembergischen Kommunen im Vergleich zu Kommunen anderer Länder gut aufgestellt. Die kommunalen Spielräume z.B. in Nordrhein-Westfalen sind da wesentlich enger. Wir verstehen uns seit jeher als fairer Partner der Kommunen und sprechen mit ihnen auf Augenhöhe. Deswegen haben wir dem vielfach geäußerten Wunsch der kommunalen Seite Rechnung getragen und dafür gesorgt, dass das in der Landesverfassung festgelegte Konnexitätsprinzip präzisiert und erweitert wurde. Das ist fair, denn wer bestellt, soll auch bezahlen. Damit ist klargestellt, dass spätere, vom Land veranlasste Änderungen des Zuschnitts oder der Kosten aus der Erledigung von Aufgaben, die zuvor vom Land auf die Kommunen übertragen wurden, vom Konnexitätsprinzip erfasst werden.

Wahlrecht

Die Landesregierung hat das Mindestwahlalter bei Kommunalwahlen auf 16 Jahre abgesenkt. Nun werden Pläne laut, dies auch für die Landtagswahlen zu tun. Darüber hinaus gibt es vermehrt Stimmen, die Personenwahl für den Landtag in eine Zwei-Stimmen-Wahl mit Personen und Listen nach dem Vorbild anderer Bundesländer oder der Bundestagswahl abzuändern. Dies soll zu mehr Beteiligung und Stimmgerechtigkeit führen. Wie stehen Sie zu dieser Problematik?

An dieser Stelle sehe ich aktuell keinen Änderungsbedarf. Ich sehe jedoch die Notwendigkeit, dass die Schulen unsere Jugendlichen noch stärker auf die komplexen Zusammenhänge der politischen Arbeit vorbereiten.

Energie

Aufgrund der immer noch größtenteils zentralen Art der Energieerzeugung in der Bundesrepublik ist die Einrichtung neuer noch leistungsfähigerer Transittrassen nötig, die den erzeugten elektrischen Strom in Nord-Süd-Richtung verteilen soll. Geplant ist beispielsweise ein 300 Millionen Euro teurer Konverter in unmittelbarer Nähe des KKW Phillipsburg, der den bei Emden produzierten Strom aus Windkraft von Gleich- in Wechselstrom umwandeln. Wie stehen Sie zu dem Vorhaben Mega-Stromtrassen einzurichten? Wie stehen Sie zu Philipsburg/dem Landkreis Karlsruhe als möglichen Standort für einen Konverter?

Die Energiewende wird von mir unterstützt. Wer die Energiewende möchte, der muss dafür sorgen, dass die regenerative Energie bei den Bürgern, dem Handwerk und der Industrie ankommt. In der Frage „Konverterstandort“ muss festgehalten werden, dass die Region um Philippsburg in der Energieversorgung bereits heute einen großen Beitrag leistet. Ich unterstütze die Bestrebung der beteiligten Kommunen, dass der Standort des Konverters möglichst weit von einer Wohnbebauung entfernt liegen muss.

Die letzte Frage hat bereits das Problem der zentralen Energieerzeugung angesprochen. Gibt es in Ihren Augen Vorteile, die die dezentrale Erzeugung bringen kann? Auch in einem Land mit hoher Unternehmensdichte, von denen eine Vielzahl energieintensiv produzieren?

Wichtig ist, dass alle Stromkunden stabil und bedarfsgerecht mit Energie versorgt werden können. Dabei kommt es meines Erachtens weniger auf die zentrale oder dezentrale Versorgung an, sondern viel mehr auf eine kostengünstige und effiziente Speichermöglichkeit von Strom. Für die Weiterentwicklung der Speichertechnik hat der Bund ein breites Forschungsprogramm aufgesetzt. Zu den herausragenden Forschungsstandorten auf diesem Gebiet gehört z.B. das KIT. Wir wollen dieses Potential für die Förderung der Speicherproduktion in Baden-Württemberg stärker nutzen.

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