“Wir wollen allen gerecht werden” – Interview mit Sylvia Duttlinger

Beitragsbild: Jonas Riedel

Von Thomas Riedel | 05.02.2016 20:18 | Keine Kommentare

meinstutensee.de exklusivmeinstutensee.de trifft sich mit den Ortsvorstehern der Stutenseer Stadtteile sowie der Vorsitzenden des Stadtteilausschusses Blankenloch und will erfahren, was im vergangenen Jahr erreicht werden konnte, welche Themen gerade aktuell sind und welche Überlegungen es für die Zukunft gibt. Teil 3 unserer Interview-Reihe ist das Gespräch mit Sylvia Duttlinger, der Stadtteilausschussvorsitzenden von Blankenloch und Büchig.

Frau Duttlinger, Sie sind vor einem Jahr Vorsitzende des Stadtteilausschusses geworden. Was gefällt Ihnen an diesem Amt?

Interview Sylvia DuttlingerDas ist recht vielseitig und es beschäftigt sich in erster Linie mit den Belangen der Ortsteile Blankenloch und Büchig. Auf der einen Seite sind die Vereine, für die ich Ansprechpartner bin, es gibt Bürgeranliegen, die an mich herangetragen werden, die ich dann an die Verwaltung weitergebe,  ich kümmere mich zum Beispiel um das Programm der Seniorenwinterfeier, gehe zu den Schul- und Kindergärtenveranstaltungen und versuche dort auch, Meinungen und Wünsche der Bürger aufzunehmen.

Neues Schwimmbad

In absehbarer Zeit beginnt der Bau des neuen Stutenseebads. Unterstützen Sie das Projekt, auch wenn es Stutensee finanziell stark fordern wird? Das ursprüngliche Volumen ist ja doch deutlich in Millionenhöhe überschritten.

Generell bin ich für das neue Hallenbad. Wir haben uns lange Gedanken gemacht und auch ein Gutachten machen lassen, in dem das alte Bad mit seinem aktuellen Stand begutachtet wurde und die Renovierungskosten auch berechnet wurden. Da war der Unterschied zu einem neuen Schwimmbad so, dass man sagen musste, man muss sich für das neue Schwimmbad entscheiden, um wirklich alles aus einem Guss zu haben. Es wäre eine Renovierung, die optisch einiges gebracht hätte, aber technisch wäre einiges noch im Argen geblieben. Da hätte man nicht abschätzen können, welche Folgekosten in Zukunft auf uns zukommen. Wir sind eine Stadt, wir haben ein großes Schulzentrum, die Kinder sollen schwimmen lernen, die Bürger wollen auch nah die Möglichkeit haben, selbst schwimmen zu gehen, und da blieb uns eigentlich nichts anderes übrig, als uns für den Neubau zu entscheiden.

Neise-Gelände und Festplatz

Nach dem Abriss des alten Bades und zusammen mit dem ehemaligen Neise-Gelände steht eine große Fläche zur Verfügung. Wie soll diese Ihrer Meinung nach genutzt werden?

Wir haben uns in der Klausurtagung schon Gedanken gemacht und auch Vorschläge von Städteplanern auf uns wirken lassen. Wir werden uns gründlich Gedanken machen, dass wir das Gelände sinnvoll vermarkten. Wir wollen auch einige Bedarfe abdecken, die innerorts noch fehlen, also eventuell Einkaufsmöglichkeiten in begrenztem Umfang bieten, es wird nachgedacht, ob wir vielleicht noch einen neuen Kindergarten auf das Gelände planen, weil auch da Bedarfe da sind. Es soll kostengünstiges Wohnen geben, es soll eine Mischung geben.

Bleibt dann überhaupt noch Platz, wenn man so viel vor hat? Nicht, dass man am Ende keinen Festplatz mehr zur Verfügung hat.

Nein, der Festplatz bleibt wo er ist. Er wird zum Bouleplatz hin erweitert und bleibt an seinem Standort. Der Bouleverein wird verlagert. Er wird Richtung Vogelpark hinten angesiedelt, das ist schon alles in Planung. Dann kann der Festplatz zum Sängerbund hin erweitert werden um das, was das Hallenbad ihm wegnimmt. Das ist auch in Absprache mit den Vereinen getätigt, auch mit den Piraten, so dass wir ein gutes Einvernehmen haben.

Baugebiete

In Büchig ist gerade das Neubaugebiet Lachenfeld am Entstehen. Die Grundstückspreise dort sind relativ hoch. Sollen in Blankenloch oder Büchig weitere Neubauflächen entstehen, wo sich auch junge Familien und solche, die keine Spitzenverdiener sind, das Bauen leisten können?

Interview Sylvia DuttlingerJa, das streben wir an. Wir haben da und dort schon Ansätze für eine solche Planung gemacht. Die sind allerdings noch in der Schublade und noch nicht öffentlich bekannt. Aber die Stadt arbeitet daran, und wir wissen um diese Sorge, dass wir es auch gewährleisten sollen und wollen. Der Markt ist leider vom Wettbewerb bestimmt. Und auch die Stadt ist daran gehalten, Grundstücke meistbietend zu verkaufen, weil wir auf der anderen Seite auch immense Ausgaben haben. Insofern sind wir in einer gewissen Zwickmühle. Aber nichts desto trotz gibt es ja auch Bauweisen, die nicht so teuer sind oder Geschossbauweisen, wo man das vielleicht umsetzen kann.

Ein zusätzliches Problem ist der aufgrund des vom benachbarten Karlsruhe ausgehenden Siedlingsdrucks zunehmende Flächenverbrauch, der auch die Naherholungsgebiete von Stutensee bedroht, das sich ja selbst “Stadt im Grünen” nennt. Welchen Stellenwert haben hier Natur- und Umweltschutz? Und wie soll mit dem immer größeren Leerstand, insbesondere an der Blankenlocher Hauptstraße, umgegangen werden?

Ich fang mal mit dem Leerstand an: Da haben wir nur begrenzt Einfluss. Die Bürger sind Herr ihres Verfahrens und können über ihr Eigentum bestimmen. Und wenn sie sich dazu entschließen, nicht zu verkaufen oder nicht zu vermieten, kann die Stadt sie nicht zwangsverpflichten, das zu tun. Wir appellieren daran, und es gibt da oder dort an der Hauptstraße schon Beispiele, wo das gut umgesetzt wird. Vielleicht animiert das den einen oder anderen Besitzer, es ebenso zu tun. Darauf hoffen wir. Es gab im Zuge der Ortskernsanierung Zuschüsse für solche Aktionen, spricht Aufwertung alter Häuser, aber wir können nur appellieren.

Okay, Thema Umweltschutz?

Auch das versuchen wir zu berücksichtigen. Es gibt ein Umweltkonto, auf das gewisse Aktionen gutgeschrieben werden bzw. Ausgleichsflächen wieder ausgewiesen werden. Dann haben wir die Biotopvernetzung, die am Laufen ist, wofür Blumenwiesen eingesät werden, Geländestreifen wieder der Natur zurückgegeben werden, die nicht bebaut werden. So versuchen wir das irgendwie aufrecht zu erhalten, soweit es eben die Bevölkerungsanzahl zulässt.

Nahversorgung

Im Ortskern von Blankenloch gibt es kaum Einkaufsmöglichkeiten. Diese befinden sich vorwiegend im Gewerbegebiet. Dies ist für Senioren oder Menschen ohne Auto schwer zu erreichen. Wie beurteilen Sie diese Situation?

Mich persönlich macht das auch etwas traurig, weil ich es auch gerne anders hätte. Aber die Bestimmungen zur Ansiedlung von neuen Märkten verlangen große Parkflächen. Die verlangen eine Infrastruktur, die wir innerorts nicht haben. Ich erhoffe mir von der Bebauung des Neise-Geländes, dass wir dort vielleicht Einzelhändler oder einen Cap-Markt oder irgendwas ansiedeln können, das nicht so große Ansprüche an Parkflächen, Zufahrt und Abfahrt stellt, wie die Großvermarkter, die im Gewerbegebiet angesiedelt sind. Außerdem haben wir schon mal an einen mobilen Einkaufsservice gedacht. Ich denke, aufgrund der Tatsache, dass z.B. REWE oder auch andere Märkte Hauslieferungen anbieten, muss die Bevölkerung sich vielleicht langfristig auch mal mit dem Gedanken auseinandersetzen, das über diese Schiene etwas zu erleichtern. Wobei das den eigentlichen Einkauf – das ist ja auch Kommunikation usw. – nicht ersetzt.

Das ist halt auch ein Trend, wie man heutzutage z.B. im Internet bestellt…

Die ältere Bevölkerung geht da nicht ganz mit, und dann bleibt die auf der Strecke. Jemandem, der Umgang mit Computer und Smartphone gewöhnt ist, wird es in ein paar Jahren leichter fallen, das anzunehmen, als solche, die das eben nicht können.

Seniorenzentrum

In Friedrichstal steht die Erweiterung des Seniorenzentrums an. Gibt es in Blankenloch noch ausreichend Plätze für Senioren oder übersteigt die Nachfrage das Angebot?

Interview Sylvia DuttlingerAuch in Blankenloch soll eine Erweiterung stattfinden. Aber zum Thema Friedrichstal und diese großzügige Erweiterung, die dort mit “Wohnen mit der Sonne” gewährleistet ist, muss man vielleicht auch denken, dass man gemeinsam über Stutensee nachdenkt und auch da sich entscheidet, wenn dort günstige Wohnmöglichkeiten und Bedingungen sind, dass man dann auch sagt: Okay, ich würde auch nach Friedrichstal gehen.

Verkehr

Das Parken von Fahrzeugen auf dem Gehsteig ist gerade im Bereich der Blankenlocher Hauptstraße für alte Menschen, Kinder, Menschen mit Gehbehinderung oder Eltern mit Kinderwagen nicht nur ein Ärgernis, sondern dazu auch gesetzlich verboten. Aufgrund der Nähe zur unfallträchtigen Trasse der S2 zudem gefährlich. Das Ordnungsamt hat gegenüber Bürgern in früheren Auskünften darauf hingewiesen, dass das Parken geduldet sei, solange sich das Kfz mindestens 1,20 Meter von einer Hauswand entfernt befindet. Dieser Abstand wird jedoch fast immer deutlich unterschritten. Warum tut die Stadt hier nichts?

“Nichts” finde ich übertrieben, das stimmt nicht. Die Ordnungshüter sind schon unterwegs. Aber wir sind uns einig, dass sie nicht überall sein können. Drum passiert das auch immer wieder. Wir haben uns jetzt im Gemeinderat entschlossen, dass noch ein zusätzlicher Ordnungshüter eingestellt wird, so dass die Gesetze auch ernster genommen und geahndet werden.

Interview Sylvia DuttlingerZahlreiche Personen queren die Blankenlocher Hauptstraße in Höhe Wiesenstraße zu Fuß zum dort beliebten Bäcker und Café Seeger. Aufgrund der schwer einsehbaren Kreuzungssituation kam es hier in den vergangenen Jahren zu teils schweren Verkehrsunfällen mit der S2. Wäre das nicht Grund genug, an dieser Stelle die Einrichtung einer Dreiphasenampel in Erwägung zu ziehen oder anderweitige verkehrstechnische Maßnahmen zu ergreifen, die über das bestehende einfache Lichtsignal am unbeschrankten Übergang hinausgehen?

Der Ansatz, dass man dort noch eine zusätzliche Ampel hinmachen könnte, ist nicht unberechtigt. Aber man muss bedenken, dass diese wiederum die Fahrzeiten der Straßenbahn beeinflussen bzw. verändern. Und wir haben Tempo 30, wir haben “rechts vor links”, eigentlich sind die Bedingungen, wenn sich die Menschen dran halten, geschaffen, um dort gefahrlos über die Straße zu kommen. Aber ich gebe Ihnen recht, ich bin dort selber auch schon öfters gefahren, und habe beobachtet, dass das nicht beachtet wird. Bloß hat die Dreiphasenampel eben die Wirkung, dass sie den ganzen Verkehrsfluss erheblich verlangsamt. Ich weiß nicht, ob wir bei dem Rückstau dann viel gewinnen.

Es geht jetzt um die generelle Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung in Blankenloch. Am südlichen Ortseingang kommt es häufig vor, dass von Büchig kommende Fahrzeuge auf dem Steinweg mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit einfahren. Wäre hier nicht die Einrichtung eines optischen Tempomessgerätes wie am Ortseingang Hauptstraße von Büchig kommend sinnvoll?

Das haben wir vom Stadtteilausschuss auch schon überlegt und angeregt, dass man dort etwas unternehmen soll. Einige Mitglieder des Stadtteilausschusses wohnen am Steinweg und können das bestätigen. Wir werden uns jetzt über die Kosten und den Aufwand, die so eine Einrichtung bedeuten würden, erkundigen und dann abwägen.

Es gibt ja auch mobile Geräte…

Interview Sylvia DuttlingerJa, wobei die dann nur partiell da sind. Aber ich glaube, festinstallierte haben schon eine Wirkung. Das will ich nicht abstreiten.

Die einfachen Tempomessgeräte, die lediglich über eine digitale Zahlenanzeige verfügen, veranlassen Fahrzeugführer nachgewiesenermaßen nicht so effektiv zur Temporeduktion wie solche Signale, die mit symbolhaften Gesichtszügen, sogenannten Smileys, Ablehnung oder Zustimmung signalisieren. Wäre es nicht sinnvoll, die im Ort vorgehaltenen Signale dahingehend zu ersetzen?

Da müsste man sich vielleicht an eine Firma wenden, die solche Anzeigen installiert, und nachfragen, mit welchen Signalen sie die besten Erfahrungen gemacht hat. Da bin ich jetzt nicht im Bilde. Das kann ich nicht beurteilen, was wirkungsvoller ist. Das müsste man statistisch erfassen.

Gerade in den Wohnstraßen von Blankenloch und Büchig verursachen Kraftfahrzeuge, die sich nicht an die vorgeschriebene Tempobegrenzung halten, eine unnötige und störende Lärmbelästigung. Die abgesenkten Bordsteine verleiten zudem, an vielen Stellen schnell und gedankenlos auf den Bürgersteig zu fahren ohne Rücksicht auf eventuelle Personen oder spielende Kinder. Wäre es hier nicht sinnvoll – ähnlich wie in zahlreichen Gemeinden des benachbarten Elsass’ üblich – die Straßenschwellen einzubauen, um Kfz-Führer sanft zur Einhaltung der Verkehrsregeln zu zwingen?

Das Einbauen solcher Barrieren ist als Nachrüstung immer sehr aufwändig. Und ich frage mich, ob man – wenn es wirklich notwendig wäre – mit irgendwelchen Blumenkübeln das nicht auch erreichen könnte. Wenn ich jetzt z.B. an Lauterbourg denke, da gibt es das recht häufig. Das hat natürlich den Effekt, dass die Leute vor diesen Bodenwellen abbremsen und danach wieder Gas geben. Da gehen die Meinungen auch auseinander, was lärmtechnisch besser ist. Ich denke, über Strafzettel oder Geschwindigkeitsmessungen, dass der eine oder andere wirklich ertappt wird, wenn er das überschreitet, kann man die Menschen am besten erziehen.

Feste Blitzanlagen schrecken immer noch am häufigsten ab, ist da etwas geplant?

Gerade was den Steinweg betrifft, haben wir auch schon überlegt, aber konkret jetzt noch nicht. Aber ich denke, das wird die nächste Stufe sein, wenn die Maßnahmen, die wir bisher durchgeführt werden, sämtlich übersehen werden, dann müssen wir halt doch zu den härteren Mitteln greifen.

Pläne

Interview Sylvia DuttlingerWas sind die wichtigsten planerischen Vorhaben des Stadtteilausschusses für das laufende Jahr?

Da sind verschiedene Sachen. Wir sind zunächst einmal mit dem Flüchtlingsthema beschäftigt. Die Bauten, die einfach nötig sind für die Leute, die uns zugewiesen werden. Im Seegrabenweg…

Wie viele Personen sollen denn im Seegrabenweg aufgenommen werden?

Dort sollen etwa 110 Personen unterkommen. Das nimmt einen Teil in Anspruch, aber wir sind auch dabei, den Friedhof, der ja zentral in Blankenloch liegt und eine sehr große Fläche umfasst, etwas aufzuwerten, parkänlich, dass er ein Konzept bekommt, nach dem dann auch Aufwertungsarbeiten gemacht werden. Dann haben wir Ortsverschönerungsmaßnahmen in kleinerem Rahmen. Sehr viele Blumenzwiebeln wurden im Herbst gesteckt, die jetzt alle demnächst alle erscheinen werden, hoffe ich. Gegenüber vom Café Seeger soll der Platz aufgewertet werden, auch dort sind wir in der Planung. Es gibt Straßensanierung im großen Stil, das ist aber auch ein langfristiges Projekt, das Zug um Zug abgearbeitet wird. Grobe Schäden werden erst einmal ausgebessert. Zur Generalsanierung haben wir vor Jahren ein Gutachten machen lassen, das nach und nach abgearbeitet wird. Dann sind laufende Sanierungen an Schulen immer wieder nötig. Es gibt viele Aufgaben, und wir wollen allen gerecht werden. Es soll auch auf die Ortsteile gleichmäßig verteilt werden.

Herzlichen Dank, Frau Duttlinger, dass Sie sich die Zeit genommen haben!

 

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