Von Pferdetränken und Geröllwüsten

"Pferdetränke" gegenüber Café Seeger, Hauptstraße, Blankenloch

Beitragsbild: Sylvia Duttlinger

Von Olaf Matthei-Socha | 19.07.2016 21:31 | Keine Kommentare

Ein Kommentar von Olaf Matthei-Socha

Der Mensch geht, rollt, fährt, tagein, tagaus. Landschaften und Orte ziehen wie selbstverständlich an uns vorbei, doch nur selten geben wir uns die Zeit, einmal anzuhalten, ab- oder auszusteigen und zu verweilen. Da geht es mir gar nicht viel anderes, als den meisten Menschen hierzulande. Anfang der Woche hatte ich nun endlich die Gelegenheit, den neu gestalteten Platz um die alte Pferdetränke in Blankenloch zu besuchen. Vom vielen Lobpreis der Stadtverwaltenden neugierig gemacht, nutzte ich ein paar Minuten zwischen zwei Terminen mit Kind an der Seite, um mir selbst ein Bild zu machen. So standen wir vor dem neuen alten Ensemble und ließen es erst einmal auf uns wirken. Storchenschnäbel, Prächtige Fetthenne und Ahornbäume mit Rindenmulch, umrahmt von rostigem Stahl, solide Holzbänke, nachmittags ordentlicher Schatten – ganz hübsch, sieht man einmal vom bläulichen Belag ab, der sich weder ins übrige Trottoir einfügen will, noch einen ordentlichen Kontrast bildet. Dann wollten wir auf einer Bank Platz nehmen, drehten uns um… Verflogen der schöne grüne Blick, unsere Augen waren erfüllt von vorbeiziehendem Blech und dem Charme westdeutscher Plattenbauten der 1980er Jahre – nichts gegen die handwerklich gekonnten und vorzüglichen Backwaren von Seeger, aber das Gebäude spricht doch eher eine zweckmäßige, denn ästhetische Sprache. Einzig das stete Plätschern der Pferdetränke von hinten rechts wollte uns heimelige Wärme und Idylle suggerieren. Sicherlich, ich bin mir der beschränkten gestalterischen Möglichkeiten bewusst, die ein altes Straßendorf wie Blankenloch es einst war mit sich bringt, will man nicht tief in alte Substanz eingreifen, um Neues zu schaffen. Zudem ist es an sich schon ein großer Pluspunkt, schattige Sitzplätze entlang der Hauptstraße vorzuhalten, wo Mensch auch einmal verweilen kann. Orte des öffentlichen sozialen Miteinanders sind im Ort ja nur rar gesät. Ebenso wie beim Lindenplatz geht mir aber das Gefühl nicht ab, das planerisch mehr herauszuholen gewesen wäre, dass man sich vielleicht doch zu wenig an innovative Lösungen herantraut und Umsetzungen bevorzugt, die auf den ersten Blick kostenschonend scheinen und das Ordnungsgefühl bestimmter Bevölkerungsgruppen nicht allzu sehr durcheinander wirbeln.

Ganz schrecklich ist mir da auch der Fall der Rabatte neben dem Rathaus täglich ein abschreckendes Beispiel, die vor einiger Zeit zur Geröllwüste gewandelt wurde. Abgesehen davon, dass diese Stein- und Geröllflächen nicht wirklich zu einer Verbesserung des im Sommer ohnehin schon schier unerträglichen Klimas beitragen, vermitteln sie – ganz subjektiv in meinen Augen – mehr Tristesse und verzweifelten Willen des Menschen den Lauf der Natur zu bestimmen, als das Bewusstsein, Teil eines natürlichen Ganzen zu sein, mit dem man sich auch stadt- und freiraumplanerisch in Einklang bringen möchte. Aus meiner Heimat sind mir die großen Siedlungen Bruno Tauts noch ein Begriff. Die Tuschkastensiedlung, Onkel Toms Hütte, wie sie alle heißen. Neubausiedlungen, die vor rund 100 Jahren das Bauen in Deutschland und Europa revolutionierten. Taut sah eben die Notwendigkeit, nicht nur die Wohnung, das Haus als Lebensraum zu begreifen, sondern auch den Außenraum, die Welt und ihre Naturgewalten nicht mehr als Feind oder auszubeutendes Gut anzusehen. Für ihn bildeten Außen- und Innenraum eine Einheit, die es galt durch Formen, Farben und Pflanzungen in Einklang zu bringen, auch für kleines Geld, auch für Arbeiterfamilien. Gehe ich durch die Neubauviertel Stutensees, mit all ihren hybriden Reihenhäuschen, möchte man meinen, dass Taut nicht nur seiner, sondern auch unserer Zeit weit voraus war. Und so kann man sich darüber hinaus fragen, wie es weiter gehen soll, in den alten Ortskernen, mit ihren sanierungsbedürftigen Häuschen und dem immer stärker werdenden Siedlungsdruck, den Forderungen des großen Bruders Karlsruhe nach Flächen… Im Nachgang sind wir immer schlauer. Vielleicht sollten einige derer, die heute nach immer mehr und größeren Gewerbe- und Wohngebieten schreien und uns Gebiete wie das Lachenfeld als „Fortschritt“ verkaufen wollen, einmal ein Stück weit in die Geschichte anderer Ballungsräume, wie Berlin, das Ruhrgebiet oder auch Chicago und Detroit schauen und überlegen, was wir heute daraus lernen könnten, wie man etwas geschicktere Bau- und Stadtplanungspolitik betreibt, als es derzeit geschieht.

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