Ein überfülltes Boot im Meer landet an einem Rettungsschiff an, das die Menschen aufnimmt: Ein Bild, hundertfach in den letzten Monaten und Jahren gesehen. Ein Bahnsteig, auf dem sich Menschen drängen, mit Sack und Pack in einen Zug zu steigen: Ein Bild aus dem Jahr 1945, als Menschen aus den Ostgebieten in den Westen flüchteten. Zwei Bilder einer Ausstellung des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge, die das Thema „Geflohen – Vertrieben – Angekommen?“ aufgreift und versucht, die Gewaltmigration als Ursache der heutigen Situation aus historischer Sicht verständlich zu machen. Der Vorstandsvorsitzende der evangelischen Stadtmission, Martin Michel, erläuterte die lange Geschichte der Migrationsbewegungen, die Deutschland geprägt hatten. Stets stand die Sorge dahinter, Verfolgung zu entkommen und ein sicheres und besseres Leben zu finden. Der Bogen begann bei den Hugenotten, reichte von den polnischen Industriearbeitern, die nach 1871 das Ruhrgebiet bevölkerten, über die größte Migrationsbewegung der deutschen Geschichte als am Ende des Zweiten Weltkriegs 12 Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene eine neue Heimat finden mussten. Es folgten die deutschen Spätaussiedler und die Massenflucht nach Gründung der BRD von Ost nach West bis zum Mauerbau. Sein Bericht endete bei 14 Millionen Gastarbeitern, von denen aber elf Millionen wieder in ihre Heimat zurückkehrten. Abschließend appellierte er, den Neubürgern sei zu vermitteln, dass die alleinige Basis für ein gelingendes Zusammenleben die Verfassung und ein verbindlicher Wertekanon sei.
Oberbürgermeister Klaus Demal erklärte, Flucht und Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten sei nicht eins zu eins auf heute zu übertragen, aber es seien die richtigen Schlüsse auf die Gegenwart daraus zu ziehen. Vor allem dankte er den zahllosen Ehrenamtlichen, ohne deren Wirken eine gelingende Integration nicht zu schaffen wäre. Auch Ortsvorsteher Ludwig-Wilhelm Heidt knüpfte an die Willkommenskultur an, „die auf das Potenzial der Gesellschaft vertraut, Einwanderer einzugliedern“. Mit dieser Ausstellung sollen Einsichten in Mechanismen von Gewaltmigration vermittelt werden. Der Volksbund leiste mit seiner Jugendarbeit, der Jugendliche aus ganz Europa in die „Arbeit für den Frieden“ einbindet, unschätzbare Dienste. Es werden Vorbehalte abgebaut und Freundschaften entstehen. Seit 97 Jahren bemühe sich der Volksbund um eine permanente Erinnerung und leiste unter dem Leitmotiv „Versöhnung über den Gräbern“ eine unverzichtbare Friedensarbeit.
Quelle: Marianne Lother / BNN
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