Bundestagswahl 2017 – Teil 6: Freiheit – Sicherheit

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Von Martin Strohal | 29.08.2017 21:03 | Keine Kommentare

Am 24. September 2017 findet die nächste Bundestagswahl statt. Um die Stutenseer (Wahlkreis „Karlsruhe-Land“) über ihre Wahlmöglichkeiten zu informieren, hat meinstutensee.de die Direktkandidaten der aktuell im Bundestag vertretenen Parteien gebeten, zu acht Themenbereichen Stellung zu nehmen. Geantwortet haben uns Axel E. Fischer (CDU), Patrick Diebold (SPD) und Pascal Haggenmüller (Grüne). Vom Kandidaten der Linken, Klaus Huska, gab es leider keine Reaktion.

Weitere Direktkandidaten im Wahlkreis „Karlsruhe-Land“ sind Christian Jung (FDP), Alexander Arpaschi (AfD) und Lars Hannemann (Die PARTEI). Diese können Sie z.B. über die Website abgeordnetenwatch.de kennenlernen und direkt befragen.

In einer Folge von acht Artikeln werden wir die Antworten der Kandidaten zu dem jeweiligen Themenbereich veröffentlichen.

Themenschwerpunkt: Freiheit – Sicherheit

meinstutensee.de: Aufgrund vergangener Anschläge wurde in Deutschland in letzter Zeit Einiges an der Gesetzgebung geändert, z.B. was Überwachungsmaßnahmen im öffentlichen Raum oder im Internet angeht. Wie schätzen Sie die momentane Bedrohungslage durch terroristische Anschläge in Deutschland ein? Wie sehen Sie die Gewichtung von Freiheiten einerseits und Sicherheit auf der anderen Seite?

Axel E. Fischer (CDU): Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für ein freies und selbstbestimmtes Leben, für das Zusammenleben in der Familie ebenso wie in der Gemeinschaft. Sicherheit ist immer konkret: Es geht um Sicherheit im Alltag, zu Hause, auf Straßen und Plätzen, in Bussen und Bahnen, bei Tag und bei Nacht. Es geht um Sicherheit vor Tätlichkeiten und Übergriffen, vor Organisierter Kriminalität und Wohnungseinbruch. Es geht um Sicherheit vor islamistischem Terrorismus, der auf unschuldige Menschen und Kinder zielt.

Wir brauchen einen starken Staat, der sich schützend vor seine Bürgerinnen und Bürger stellt und auch die Schwächeren schützt. Rechtsfreie Räume dulden wir nicht. Die Union ist und bleibt die Partei der inneren Sicherheit. CDU und CSU haben in dieser Bundesregierung hart gekämpft, um Rechtsänderungen durchzusetzen, die teilweise seit Jahren überfällig waren. Ohne unser hartnäckiges Insistieren, ohne unsere Ausdauer wäre manches nicht gelungen oder noch später gekommen:

Wir haben die Strafen für Wohnungseinbruch endlich verschärft, Telefonverbindungen von Einbrechern können endlich überwacht, Serienstraftaten können besser aufgeklärt und die Video-Überwachung verstärkt eingesetzt werden. Mit Anti-Terror-Paketen haben wir unsere Sicherheitsbehörden gestärkt und wir haben den strafrechtlichen Schutz von Polizei- und Rettungskräften verbessert. Wir sind entschlossen, bei der Terror- und Verbrechensbekämpfung noch besser zu werden als bisher, denn wir werden uns dem menschenverachtenden Terrorismus, der die Welt in Atem hält, weder jetzt noch künftig beugen. Der Fall Amri hat deutlich gemacht, dass terroristische Gefährder, die in ganz Deutschland unterwegs sind, eine Bedrohung darstellen können, die weit über den Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Bundeslandes hinausgeht. Deshalb werden wir das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum in Absprache mit den Ländern so weiterentwickeln, dass dort gemeinsam über verbindliche Maßnahmen entschieden werden kann. In besonderen Gefährdungslagen werden wir die Bundeswehr unter Führung der Polizei unterstützend zum Einsatz bringen. Dabei wollen wir zunächst den bestehenden Rechtsrahmen ausschöpfen. Wir werden die Zahl der Polizisten in Bund und Ländern noch einmal um 15 000 erhöhen. Das macht es möglich, auch die Polizeipräsenz auf Straßen und Plätzen, in Zügen, auf Bahnhöfen und Flughäfen zu erhöhen.

An öffentlichen Gefahrenorten wie etwa in Einkaufszentren, vor Fußballstadien und an Verkehrsknotenpunkten werden wir den Einsatz intelligenter Videotechnik auch zu Fahndungszwecken verstärken und eine Mindestspeicherfrist für die Daten einführen. Wir werden den Fahndungsdruck in der Drogen- und Straßenkriminalität weiter erhöhen: Durch verdeckte operative Maßnahmen, regelmäßige Kontrollen, offene Polizeipräsenz, beschleunigte Abschiebung von Straftätern mit ausländischem Hintergrund sowie gezielte Aufenthaltsverbote und deren Durchsetzung. Wir wollen den Zugang der Sicherheitsbehörden zu vorhandenen Datenbanken erleichtern, wenn es um die Verhinderung oder Aufklärung schwerer Straftaten geht. Dazu werden wir ein Datengesetz neu verabschieden, das sowohl das Informationsinteresse der Sicherheitsbehörden als auch die berechtigten Datenschutzinteressen der Betroffenen regeln soll. Wir wollen unser Land noch besser gegen Cyber-Angriffe aus dem In- und Ausland schützen, investieren dafür in Technik und stellen ausreichend Fachleute hierfür ein. Wir wollen die Schleierfahndung in ganz Deutschland ermöglichen, denn Straftäter dürfen nicht darauf vertrauen können, dass es fahndungsfreie Zonen gibt.

In Zeiten terroristischer Bedrohungen ist die Arbeit des BND unerlässlich. CDU und CSU bekennen sich klar zum Bundesnachrichtendienst. Die Zusammenarbeit des BND mit anderen Diensten weltweit ist unerlässlich.

Patrick Diebold (SPD): Sicherheit ist ein Grundbedürfnis des Menschen und jeder Staat hat die Verpflichtung seine Bürgerinnen und Bürger ausreichend zu schützen. Für mich ist daher ein starker Staat notwendig, denn einen schwachen Staat können sich nur Reiche leisten. Für mehr Sicherheit zu sorgen, bedeutet aber nicht, bestehende Gesetze weiter zu verschärfen, viel mehr ist eine Zentralisierung und eine Verknüpfung von Stellen und Behörden erforderlich, die auf einen aktuellen und einheitlichen Datenbestand zurückgreifen können. Unkoordiniertes Vorgehen und mangelhafter Informationsfluss lassen Fälle wie den NSU oder den Terroranschlag in Berlin erst möglich werden. Keine stärkere Überwachung, kein härteres Gesetz hätte uns jedoch davor bewahrt.

Die Freiheit ist ein Gut, das wir nicht direkt und bewusst wahrnehmen, daher sind wir nur allzu schnell bereit, Freiheit durch mehr Sicherheit zu ersetzen, denn mehr Sicherheit scheint gefühlte Angst zu lindern. Ich halte dies für einen abgrundtief falschen Weg. Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich vor allem durch das Hohe Gut der Freiheit aus, das sie bereit ist sich zu geben. Freiheit kann ohne Demokratie nicht existieren, umgekehrt verhält es sich jedoch ebenso. Ein Staat kann für absolute Sicherheit sorgen, er kann aber ohne den kleinsten Funken an Freiheit nicht auf Dauer überleben, das haben uns Länder wie die Sowjetunion oder die DDR gezeigt.

Was wir in unserem Land brauchen, ist daher kein Sicherheitsfetischismus, sondern mehr gut ausgebildete Polizistinnen und Polizisten, eine personell und infrastrukturell besser ausgestattete Justiz, damit Verfahren schneller bearbeitet werden können. Wir benötigen mehr und bessere Präventionsprogramme, gerade in sozialer Hinsicht führt eine immer stärke Ungleichheit zu höherer Kriminalität. Wir müssen daher Ausgleich schaffen.

Es gehört zur Wahrheit dazu, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland mit einem hohen Maß an Sicherheit leben können und so unerträglich dies vor allem für Betroffene sein mag, es gehört auch dazu, dass wir lernen müssen mit einem gewissen Grad der Unsicherheit zu leben.

Pascal Haggenmüller (Grüne): Die Bedrohung durch Terrorismus ist weltweit gegeben. Jedoch sind davon einige Orte eher betroffen als andere. Terror zu einem geringen Teil in Europa an. Hauptleittragende von Terrorismus sind Menschen in arabischen Ländern. Viele fliehen deshalb nach Europa. In Europa finden Attentate vor allem durch Menschen statt, die hier geboren und aufgewachsen sind.

Für das Sicherheitsgefühl der Menschen brauchen wir mehr Polizei vor Ort und nicht mehr Überwachungsmaßnahmen im Internet. Wir stärken die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Wir setzen auf gezielte Überwachung statt massenhaften Ausspähens aller Bürgerinnen und Bürger. Wir stärken das Prinzip der Prävention als integraler Bestandteil der inneren Sicherheit. Dazu gehört auch, das Waffenrecht zu verschärfen. Kriminalitätsfelder wandeln sich. Während die Kriminalität insgesamt sinkt, verunsichern andere Phänomene wie die hohen Einbruchszahlen viele Menschen, da sie hier konkret in ihrer Lebenswirklichkeit getroffen werden. Daher wollen wir Schutzmaßnahmen fördern und im Mietrecht Sicherheitseinbauten erleichtern – denn wir setzen auf wirksame Maßnahmen zur Einbruchsprävention anstatt auf symbolische Strafverschärfungen.

In Teil 7 werden sich die Kandidaten zum Thema Steuern äußern.

Übersicht aller Artikel zur Bundestagswahl 2017.

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