Neubaugebiet direkt an der Bahnstrecke

Bahnhofstraße

Beitragsbild: Philipp Franz

Von Martin Strohal | 28.09.2017 21:56 | 2 Kommentare

In seiner letzten Sitzung hat der Stutenseer Gemeinderat den Aufstellungsbeschluss für ein neues Baugebiet gefasst. In seinem Umfang ist es sehr überschaubar, es handelt sich um acht zweistöckige Einfamilienhäuser entlang der Bahnhofstraße. Es handelt sich um die derzeit unstrukturierte Fläche entlang der Bahntrasse neben der Sozialstation. Ein Investor, der das Grundstück von der Deutschen Bahn erworben hat, war mit einem entsprechenden Konzept auf die Stadtverwaltung zugekommen.

Aufgrund des hohen Lärmpegels von den vorbeifahrenden Zügen soll eine 5,5 Meter hohe Lärmschutzwand errichtet werden. Zudem müssen schallisolierende Bauteile verwendet und erschütterungsmindernde Maßnahmen umgesetzt werden. Dennoch werden die Grenzwerte der Bundeslärmschutzverordnung laut Planung erheblich überschritten. Auch Erschütterungen können trotz aller Maßnahmen in geringem Maße noch spürbar sein.

Entsprechend zwiegespalten war die Meinung der Stadträte. Ansgar Mayr (CDU) freute sich über die optische Neugestaltung und begrüßte die Schaffung neuen Wohnraums, sieht aber die Nachteile der Lage direkt an der Bahnstrecke und Probleme bei der Parksituation. Für seine Fraktion würden jedoch die Vorteile überwiegen, weshalb er dem Projekt zustimme.

Manfred Beimel (Freie Wähler) lobte die sehr interessante Bauweise und zeigte sich gespannt auf den Verkauf. Heinrich Sickinger (SPD) fürchtete, dass die Bewohner irgendwann die Stadt verklagen würden wegen Nichteinhaltung der Grenzwerte, das müsse ausgeschlossen werden. Da jedoch nicht vorgesehen ist, dass die neuen Eigentümer einen Flächenbeitrag an die Stadt zahlen, lehnte er das Vorhaben ab.

Ludwig Streib (Grüne) betonte, dass er nichts gegen innerörtliche Verdichtung habe. Das Thema Lärmschutz sehe er jedoch mit Sorge. Den Käufern müsse das unbedingt deutlich gemacht werden.

“Das Projekt hat einen langen Vorlauf”, erläuterte Sylvia Duttlinger, Stadtteilausschussvorsitzende von Blankenloch und Büchig. Der Investor baue den Gehweg auf der Westseite auf eigene Kosten. Der Schallschutz sei genau definiert. “Viele Blankenlocher leben seit Jahrzehnten ohne Schallschutzmauer an der Bahn.”

Weniger erfreut zeigte sich ein Anwohner. Der Lärm eines Zuges sei nach zehn Sekunden vorbei. Die neue hohe Lärmschutzwand würde jedoch künftig verhindern, dass Wind in den Ort wehe. Vögel und Grillen seien dann vermutlich auch nicht mehr zu hören.

Oberbürgermeister Klaus Demal betonte, dass er das Projekt auch sehr kritisch sehe. “Aber die Wohnungsnot ist drastisch.” Am 5. Oktober werde es eine Informationsveranstaltung für die Anwohner geben. Die Planungen werden sich noch bis mindestens Mitte 2018 hinziehen.

Dieses Vorgehen wurde bei einer Ablehnung und zwei Enthaltungen mehrheitlich beschlossen.

forum Kommentare

hythlo

Lärmschutz – wer braucht denn so etwas?
Blankenloch ist, wie jeder Besucher bemerkt und was viele Bewohner verdrängen, ein Ort, der vom Lärm umzingelt ist, heimgesucht wird. Bahn, Autobahn, Kreisstrasse, Hauptstrasse… . Tempo 30 nur als Theorie, Heimwerker und Greenkeeper in Legion, Modellflugzeuge und Graubauevents, Piratenveranstaltung im Herbst – um nur einige zu nennen. Mancher Lärm ist scheinbar unvermeidbar, anderer nicht. In Blankenloch wird das nicht unterschieden, sondern hingenommen. Keine der hiesigen Parteien tut sich durch Lärmschutzprojekte hervor, die Durchsetzung des Landesimmissionsschutzgesetzes wird nicht nachdrücklich verfolgt, die Sonn- und Feiertagsruhe wird vernachlässigt. Die sog. Akteure vergessen, dass Lärm nicht Geschmacksache ist, sondern krank macht – auch und vor allem unsere Kinder.

Otto L.

Erinnert sich vielleicht noch jemand außer mir an den Verkauf der Bahngrundstücke westlich der Bahnhofstrasse?

War es damals nicht etwa so, daß der Verkauf des alten Bahnwärterhauses in der nördlichen Bahnhofstraße als “bezahlbarer Wohnraum” an eine Familie nach Intervention der Baubehörde platzte? Aussage damals: Die Umnutzung der vormaligen Dienstwohnung der Bahn zu privaten Wohnzwecken sei wegen der exponierten Lage an der Bahnlinie baurechtlich nicht zulässig. Das Bahnwärterhaus wurde daraufhin abgerissen, heute steht dort die Sozialstation.

Zur Wohnsituation in der Bahnhofstraße: Bewohner der östlichen Seite dieser Straße berichten von Lärmspitzen bis 92 Dezibel an den Fenstern im ersten Obergeschoss bei Tag und Nacht trotz Lärmschutzwand und von heftigsten erdbebenartigen Erschütterungen mancher Häuser. Diese Erschütterungen sind der Erfahrung nach stark abhängig von der Niederschlagsmenge der vorhergehenden Wochen und dem wechselnden Pflegezustand der DB-Gleise. Wenn herbstlicher Dauerregen mit schadhaften Gleis zusammenkommen, dann lebt man hier monatelang auf der Rüttelplatte. Schadensmeldungen bei der Bahn kann man sich als Blankenlocher Bürger übrigens auch bei schweren Gleisschäden sparen, nur direktes Ansprechen des Eisenbahnbundesamtes führt zu Aktivitäten seitens der DB.

Gegen den Lärm mag eine höhere Lärmschutzwand helfen. Menschenwürdiges Wohnen in leichten kellerlosen Holzhäusern in zehn Meter Entfernung von der Bahnlinie scheint aber ziemlich undenkbar. Wenn man einmal erlebt hat, wie in einem alten massiv gebauten Haus in 50 Metern Entfernung von der Blankenlocher Bahnlinie die Kaffeetassen bei Zugdurchfahrten auf dem Tisch wackeln und Kühlschrank und Toaster im Küchenschrank lautstark in Resonanz geraten, dann kann man Niemandem raten, hier einen sechsstelligen Betrag in ein Haus zu investieren, das mutmaßlich die Gesundheit des neuen Besitzers und die seiner Familie gefährden wird.