“Wohnen soll nicht länger Ware sein”: Vortrag über Mietshäuser-Syndikat in Spöck

Günter Bergmann

Beitragsbild: Martin Strohal

Von Martin Strohal | 09.03.2018 17:11 | Keine Kommentare

Preiswerter Wohnraum ist Mangelware, nicht nur in Stutensee und dem Speckgürtel um Karlsruhe, sondern deutschlandweit. Karin Vogel, Architektin aus Spöck und Mitglied bei den Freien Wählern Stutensee, hatte beruflich Kontakt zu einem Projekt des Mietshäuser-Syndikats in Mannheim. Günter Bergmann war vergangenen Mittwoch auf Einladung der Freien Wähler in Spöck und stellte das Projekt vor. Er selbst mache das ehrenamtlich, da er von der Sache überzeugt sei.

Ziel der Wohnprojekte sei, laut Bergmann, ein Mietpreis, der unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und auch dauerhaft bleibt. “Das Projekt soll über Generationen nachwirken”, erläuterte er. Das funktioniert folgendermaßen: Es finden sich eine Handvoll engagierter Leute, die zusammen ein Haus bauen und bewohnen wollen. Die Startfinanzierung erfolgt durch Direktkredite, das Geld wird also nicht von Banken geliehen, sondern von Bekannten oder Förderern der Idee. Mit diesem Eigenkapital erhält die Gruppe dann auch ein Darlehen bei einer Bank. Die Bewohner schließen sich zu einem Hausverein zusammen, dem das Haus gehört. Die Bewohner selbst werden nicht Eigentümer der Wohnungen. Der Hausverein gründet eine Hausbesitz-GmbH und wird zu 50 % ihr Gesellschafter. Die andere Hälfte übernimmt die Mietshäuser-Syndiakt GmbH mit Sitz in Freiburg, und zwar bei allen Hausbesitz-GmbHs, die nach diesem Prinzip gegründet werden. Das soll verhindern, dass die Hausbesitz-GmbH irgendwann das Haus verkaufen möchte. Die Mietshäuser-Syndikat GmbH wiederum hat als einzigen Gesellschafter einen gleichnamigen Verein, in dem Einzelpersonen, Hausvereine usw. Mitglied werden können.

Eigentümer sind also die jeweiligen Hausbesitz-GmbHs, nicht die Bewohner. Sie sind dadurch ungebundener als bei Immobilienerwerb, können ihre Wohnung aber auch nicht vererben. Die verbliebenen Bewohner, die Mitglieder des Hausvereins, wählen gemeinsam einen Nachmieter, wenn eine Wohnung frei wird. Jeder Bewohner zahlt eine monatliche Miete, in Bergmanns Haus in Mannheim sind das 8,50 Euro pro Monat kalt. In den ersten Jahren geht der größte Anteil davon in die Tilgung. Ein Teil bleibt für Verwaltung und Instandhaltung bei der Hausbesitz-GmbH. Sind die Darlehen abbezahlt, fließt die Miete in einen Solidarfond. Davon wird u.a. die Öffentlichkeitsarbeit bezahlt, langfristig sollen weitere Wohnprojekte damit unterstützt werden.

In seinem Vortrag zeigte Bergmann auch kurze Filme über ähnliche Projekte in anderen Städten wie Hamburg und Tübingen. Laut Bergmann gibt es inzwischen über 128 Hausprojekte mit insgesamt über 2000 Bewohnern, mal kleine Wohngemeinschaften, mal größere Wohnblöcke in sanierten Kasernen. In Mannheim wurde das Hausprojekt mit einem kurzzeitigen Kredit unterstützt.

“Der Ansatz ist gut, keine Frage”, stellte Heinrich Sickinger (SPD) fest. Allerdings sehe er die Umsetzung in Stutensee kritisch, da solche Projekte wegen der Grundstückspreise hauptsächlich in Altgebäuden oder auf sogenannten Konversionsflächen, z.B. ehemaligen Kasernengeländen, verwirklicht werden können. Solche Flächen stünden in Stutensee nicht zur Verfügung. Karin Vogel (Freie Wähler) erwiderte, dass es nicht das Ziel sei, das komplette Wohn-Problem auf diese Weise zu lösen. “Das ist nur ein Anfang.”

“Es ist inspirierend, Neues zu hören”, sagte Baubürgermeisterin Sylvia Tröger. “Eigentlich hat der Staat bei der Bereitstellung von Wohnraum versagt. Deshalb engagieren sich Leute. Das finde ich hervorragend.” Man müsse über eine neue Grundstückspolitik sprechen. “Die Stadt gehört allen Menschen.”

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