Anfang Dezember war der bekannte Autor und Zeitzeuge des Holocausts, Salomon „Sally“ Perel zu Gast in der Festhalle Stutensee, um Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 9 bis 12 des Thomas-Mann-Gymnasiums aus seinem Leben zu erzählen.
Der 94-Jährige kommt, organisiert von der Friedrich-Naumann-Stiftung, zweimal jährlich aus seiner Wahlheimat Israel nach Deutschland, um an ausgewählten Schulen als Zeitzeuge zu referieren. Rund 350 Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie einige Eltern waren in die Festhalle Stutensee gekommen, um die Geschichte des „Hitlerjungen Salomon“ zu hören. Unter dem gleichnamigen Titel hatte Perel seine Autobiografie verfasst und seine Erlebnisse unter der Schreckensherrschaft der nationalsozialistischen Diktatur verarbeitet. „Ich bin kein Geschichtslehrer – ich bin ein Zeuge. Und Berichte von Zeitzeugen sind der beste Geschichtsunterricht“, begrüßte Salomon Perel das gespannte Auditorium.
Salomon „Sally“ Perel wurde 1925 in Peine im heutigen Niedersachsen als Sohn einer streng gläubigen Rabbinerfamilie geboren. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und den Nürnberger Rassegesetzen wanderte die Familie Perels ins polnische Lodz aus. Als seine Familie und Freunde im Ghetto von Lodz zusammengepfercht werden sollten, beschlossen die Eltern, den vierzehnjährigen Salomon zusammen mit seinem fünfzehn Jahre älteren Bruder Bruder auf die Flucht nach Osten zu schicken. Dabei gab ihm seine Mutter den prägenden Auftrag „Du sollst leben!“ mit auf den Weg. Es war das letzte Mal, dass er seine Eltern in seinem Leben sah. Als die Nazis immer weiter nach Osten marschierten und Salomon Perel auf seiner Flucht einholten, gab er sich schließlich als „Volksdeutscher“ unter dem Namen Josef aus und entging so seiner Hinrichtung. So kam es dazu, dass Perel schließlich als Übersetzer für die Wehrmacht arbeiten musste, bevor er von seinem Kommandanten im Zuge des harschen sowjetischen Winters nach Braunschweig auf eine Schule der Hitlerjugend gesandt wurde. „Tagsüber zog ich mit den anderen Kameraden „Sieg Heil“-rufend durch die Straßen, nachts lag ich weinend im Bett, stetig mit der Angst konfrontiert, entdeckt und hingerichtet zu werden“, erklärte Perel. „Diese innerliche Zerrissenheit verfolgt mich bis heute“, betonte der 94-Jährige.
Seine Geschichte beendete Sally Perel nach rund eineinhalb Stunden mit einem Appell an seine Zuhörinnen und Zuhörer. „Seid kritisch – geht nicht in der Masse unter und tretet den erneut aufkeimenden, nationalistischen, populistischen und rechtsradikalen Tendenzen mutig und entschieden gegenüber!“ so Perel. „Ich bin einer der letzten verbleibenden Zeitzeugen der Geschichte. Ihr kennt nun meine Geschichte und die Wahrheit über das, was damals passiert ist. Damit mache ich euch heute alle auch zu Zeitzeugen. Die Geschichte darf sich niemals wiederholen“, schloss Salomon „Sally“ Perel seinen Vortrag. Im Anschluss nutzten die Schülerinnen und Schüler, die zuvor gebannt den Worten gelauscht hatten, die Gelegenheit, Fragen zu stellen und sich ihr Exemplar von Perels Autobiografie persönlich signieren zu lassen.
Anlässlich seines Besuchs in Stutensee trug sich Sally Perel in Anwesenheit von Herrn Bürgermeister Edgar Geißler, der Schulleiterin Silvia Anzt sowie des Organisators, Martin Klinger, in das Gästebuch der Stadt Stutensee ein.
Quelle: Stadtverwaltung Stutensee
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