Vergangenen Montag wurde Karl Mittag für seine langjährige ehrenamtliche Arbeit im Bereich des Natur- und Umweltschutzes, der sozialen Belange und des Friedens mit der Staufermedaille ausgezeichnet. Vorgenommen wurde die Ehrung durch Landrat Christoph Schnaudigel im Bürgersaal des Rathauses Stutensee.
Schnaudigel beschrieb in seiner Lobesrede die vielen ehrenamtlichen Aktivitäten des 1942 in Schivelbein (heute Polen) geborenen Mittag. Neben seiner Arbeit am Forschungszentrum habe er sich Anfang der Achtzigerjahre bei “Naturissenschaftler für den Frieden” und im Aktionskreis für Frieden und Abrüstung in Stutensee engagiert. 1982 führte ihn diese Arbeit in die Kommunalpolitik. Er war maßgeblich am Aufbau des Ortsverbands der Grünen in Stutensee beteiligt. Seit 1984 ist er – mit dreijähriger Unterbrechung – Mitglied des Stutenseer Gemeinderats. Erst in diesem Jahr wurde er für eine weitere Amtszeit gewählt. Zwischen 1994 und 1999 war er zudem Ortschaftsrat in Friedrichstal. Seit dem Jahr 2000 ist Karl Mittag Mittglied der Agendagruppe für Natur und Umwelt in Stutensee. In dieser übernahm er 2006 die Verantwortung für Organisation und Planung und fungiert seit 2009 als ihr Sprecher. Von 1984 bis 1989 und von 1992 bis 2014 war Mittag zudem Mitglied des Kreistags, ab 1994 als Fraktionsvorsitzender der Grünen.
“Sie waren nie ein bequemer Kreisrat”, berichtete Landrat Schnaudigel. “Aber immer konstruktiv kritisch, nie eine fundamentalistische Politik verfolgend. Sie haben immer nachgehakt und den Finger in die Wunde gelegt.”
Die Auszeichnung sei Dank und Anerkennung und solle Ansporn für andere sein, etwas Vergleichbares zu leisten.
Andrea Schwarz, Landtagsabgeordnete der Grünen, gratulierte ihrem Parteifreund, der das Thema Artenschutz, intakte Umwelt sowie Einsatz erneuerbare Energien bereits lange vor Bürgerinitiativen und “Fridays for Future” vorangetrieben habe.
“So viel Lob habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört”, bedankte sich Mittag. Er sei kein Staufer, denen es vorwiegend um Macht, Besitz und die richtige Religion gegangen sei. Der Hintergrund für seinen Einsatz für den Frieden sei die Vertreibung seiner Familie im Zweiten Weltkrieg aus der Heimat. “Die wichtigste politische Errungenschaft sind die Demokratie und das Grundgesetz”, so Mittag. Er wolle mit seiner ehrenamtlichen Arbeit der Gesellschaft etwas zurückgeben, die ihm vieles ermöglicht habe.
Oberbürgermeisterin Petra Becker äußerte sich ebenfalls anerkennend über die jahrzehntelange ehrenamtliche Arbeit Mittags und würdigte dabei auch die Rolle seiner Frau Dagmar.
Als Geschenk zu der Auszeichnung hat sich Mittag eine Eiche gewünscht, die am Dienstag auf den Pfennigerswiesen gepflanzt wurde.
Die Staufermedaille ist eine persönliche Auszeichnung des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. Sie wird pro Jahr nur etwa fünfzig Mal vergeben. Auf der einen Seite ist ein Bildnis des Stauferkönigs Friedrich I. “Barbarossa” zu sehen, auf der anderen die drei Löwen der Staufer, die heute auch das Wappen Baden-Württembergs zieren.
Das folgende Video zeigt einen Zusammenschnitt der Verleihungsfeier, basierend auf privatem Filmmaterial:
forum Kommentare
Vorweg ganz ernsthaft und ehrlich gemeint. “Höchsten Respekt vor der Leistung des Tun und Handelns von Herrn Dr. Karl Mittag in wissenschaftlicher, als auch in politischer Hinsicht”.—
Aber: Worin ich mich aus dieser Betrachtung heraus allerdings sehr schwer tue, ist eine soziale Interaktion seiner wissenschaftlichen zur politischen Einstellung herzustellen. Herr Dr. Mittag der im Instituts für Kernphysik mit Linearbeschleunigern, Hochenergiephysik und intensiven Neutronenquellen mehr oder minder eine Einheit bildete, die ihn tagaus-tagein begleitete, und ihm sicherlich auch ein angenehmes Leben ermöglichte, arbeitete im damaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe, dessen Aufgabe es in diesen Zeiten bis Anfang der 90-er Jahre war, Kernforschung zur friedlichen Nutzung zu betreiben. Dort wurden ohne große Störungen 2 km² gesündester Hardtwald einfach so abgeholzt. Den geistigen Wandel von Herrn Dr. Mittag, zum absoluten Kernenergiegegner, muss man sicher zuerst einmal verarbeiten, bevor man sich mit einem anderen schwer zu erklärenden Symptom – wie z.B. aus einem langjährigen Tierpfleger im Elefantenhaus eines Zoos, als späterer Rentner einmal ein Großwildjäger werden kann.
…….,beschäftigt. Habe ich in aller Eile vergessen.
@-kwg- … mit Ihrem Kommentar verkennen Sie die Möglichkeit, sich während eines langen Lebens weiter zu entwickeln und neue Einsichten zu gewinnen. Außerdem sollte man Differenzieren:
• Kernphysik (Hochenergiephysik, Elementarteilchenphysik) ist von Kerntechnik zu unterscheiden. Die Kerntechnik, als ingenieurwissenschaftliche Disziplin, ist zwar Ergebnis der Kernphysik; aber eben nur ein kleines Teilspektrum dieser. Linearbeschleuniger und Hochenergiephysik haben mit Reaktorbau nichts zu tun. So ist beispielsweise das aktuell am KIT betriebene KATRIN-Experiment zwar klassische Kernphysik, aber eben keine Reaktorwissenschaft. @ -kwg- Kennen Sie den wissenschaftlichen Beweggrund Mittags am Kernforschungszentrum gearbeitet zu haben? – Schon frühzeitig hat er sich dort mit Themen abseits der Kernphysik (z.B. der Müllverbrennung) beschäftigt.
• Ja, vor über 60 Jahren wurden 2 km2 Wald für den Standort abgeholzt. Das war gut 10 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs. Eine andere Zeit. Das kann aber kaum Herrn Mittag angelastet werden; genauso wenig wie den heutigen Beschäftigen des KIT-Campus Nord.
• Zum Abschluss empfehle ich als Feiertagslektüre Dürrenmatts „Die Physiker“. Frohe Weihnacht…
Ich freue mich, dass sich die Kommentarbühne mal wieder zu Wort meldet. Ich habe früher schon bemängelt, dass nach dem Thema „Bauen und Lachwald“ eine Art Hypnotikum über die Diskussionsebene von MEIN STUTENSEE hereingebrochen schien. Und nun hat sich FH auch wieder gemeldet, da er auch dort gern kommentiert, wo sich auch für mich Spannungsfelder auftun. Das freut mich sehr.
Mit meiner verkannten Möglichkeit im Leben zu neuen Erkenntnissen zu gelangen, denkt FH vermutlich an den Physiker und nicht an den Großwildjäger. Ich sprach auch nicht von den jetzigen am KIT betriebenen Forschungswissenschaften, sondern von der Zeit der 70-er Jahre, in der auch Veröffentlichungen von Herrn Dr. Mittag zu den Themen :
Linearbeschleuniger, Hochenergiephysik und intensive Neutronenquellen erschienen sind.
Eigentlich will ich das Thema hierzu nicht vertiefen, ob Dr. Mittags berufliches Wirken nun kernenergietechnisch oder wissenschaftlich anders zu sehen wäre. Jeder soll mit seiner eigenen „Fassung“ seelig werden.
Die Umwandlung dieser ehemaligen riesigen Waldfläche und die Beschäftigung der Menschen aus dieser Region, war damals ein Segen. Diese Entstehungsgeschichte war in der Anfangszeit nicht mit KIT-KATRIN-Experimenten zu erklären, sondern mit der maßgeblichen Aufgabe, auf dem Gebiet der Kerntechnik weiter zu forschen und diese für unsere Zwecke friedlich zu nutzen.
Den Beweggrund von Herrn Dr. Mittag im damaligen KfK zu arbeiten, kenne ich nicht, aber es war sicherlich nicht, aus eigenen Forschungen und Ergebnissen heraus der weiteren Entwicklung zur Erzeugung von Energie durch Kernspaltung, den Garaus zu machen. Wann und wo sich dann die von Ihnen erwähnte frühzeitige Beschäftigung in Sachen Müllverbrennung abgespielt hat, entzieht sich meiner Kenntnis.
Auch laste ich weder Herrn Dr. Mittag, noch den Beschäftigten des KIT-Campus die Rodung des zum Aufbau des KfK notwendigen Hartwaldes an.
Und mit Ihrer Abschlussempfehlung doch „Dürrenmatts Physiker“ zu lesen, kann ich mich gar nicht anfreunden, da ich es schon kenne. Da ich mir Herrn Dr. Mittag nicht in einer Klapsklinik vorzustellen vermag, noch dass ich ihn einer der dort anführenden Doubles von Einstein, Möbius geschweige denn Newton zuordnen kann. Und dass er auch noch seine Krankenschwester umbringen würde, das ist bei Herrn Dr. Mittag also wirklich nicht vorstellbar.
Obgleich man aber nicht sicher sagen kann, ob der Schweizer Dürrenmatt für oder gegen eine Nutzung von, nennen wir es Atomphysik war, muss festgestellt werden, dass in der Schweiz 35 % Atomstrom, auch heute noch für Sicherheit der schweizerischen Stromversorgung zu Buche stehen. Und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht.
Wann nun aus der geplanten Komödie Dürrenmatts in zwei Akten ein aktenloses Drama wird, das wird sich in den nächsten Jahren, Jahrzehnten oder Jahrhunderten zeigen. Mit Sicherheit werde ich jedoch einige Befürworter finden, die mit mir einig sind, dass die Menschheit auf Mutter Erde nach nun 4.5 Milliarden Jahren Laufzeit, den Schlusspfiff in vielleicht 10 Milliarden Jahren nicht mehr vernehmen wird, wenn der riesige Kernreaktor Sonne dann wegen Brennstoffmangel abgeschaltet werden wird. Atomkraftwerk Sonne – NEIN DANKE.
Hallo,
ich bin der Sohn von Karl und möchte vor diesem Hintergrund gern auf die Frage im ersten Kommentar oben antworten.
Im Forschungszentrum wurde nie nur Kernforschung im Sinne von Kernkraftwerksforschung betrieben. Auch zu Zeiten, als es noch Kernforschungszentrum hieß, wurde schon zu großen Teilen an anderen Dingen geforscht.
Mein Vater hat dort nie Kernkraftwerksforschung betrieben, sondern war zunächst in der Grundlagenforschung tätig, die ersteinmal nur wissenschaftlich grundsätzliche Fragen klärt, ohne irgendwelchen Anwendungsbezug mitzudenken. So wie heute am CERN in Genf versucht wird, in diesen Fragen weiter zu gehen und z. B. kleine schwarze Löcher zu erzeugen, ohne dass darauf jemand eine wirtschaftliche Nutzung ableiten würde.
Später hat er Umweltforschung betrieben, so im Bereich Schadstoffreduzierung bei der Müllverbrennung und in der Klimaforschung und war außerdem halbtags für den Betriebsrat freigestellt und hat für diesen die Forschungsausrichtung des Zentrums mitgestaltet.
Auch muss man ja in einem demokratischen Land in einer demokratischen vielfältigen Partei wie den Grünen nicht bei allem mit allen anderen in der Partei einer Meinung sein. Und außerdem muss auch die eigene Meinung nicht die selbe bleiben vom Alter, wenn man anfängt Physik zu studieren bis man dann mit 77 die Staufer-Medaille bekommt – selbst bei Themen wie der Kernkraft-Nutzung.
Viele Grüße
Marc Mittag
Hallo an Alle
und an Herrn Marc Mittag
Wie ich bereits in meinem ersten Kommentar mitteilte, habe ich höchsten Respekt vor der Leistung Ihres Vaters, des Wissenschaftlers und Politikers Dr. Karl Mittag, und auch vor dem mit viel Erfahrung und in aller Hinsicht anderen Menschen helfenden Karl Mittag. Wie Sie richtig ausführen, können und sind wir nicht alle gleicher Meinung. In diesem Fall betrifft es die zu Ende gehende friedliche Nutzung der Kernenergie, aus deren letztendlicher Kurzschluss-Beendigung, ich einen politischen und großen wirtschaftlichen Fehler ableite. Aber ebenso demokratisch, ordne ich mich der politischen Mehrheit zum Ausstiegsbeschluss unter, vertrete aber weiterhin meine Meinung, so wie es Ihr Vater in seinem Tun und Handeln auch tun würde. Damit ist die Geschichte für mich als abgeschlossen zu betrachten. Und meine kritische Betrachtungsweise wird Ihr Vater, so wie ich ihn kenne, sicherlich aushalten. Alles gut- keine Probleme.