Große Freude und Begeisterung herrschten vergangenen Donnerstag in Staffort. Eine Originalausgabe des “Stafforter Buches”, 1599 im damaligen Stafforter Schloss gedruckt, konnte durch einen glücklichen Zufall in den USA erworben werden. Das Buch, verfasst von Markgraf Ernst Friedrich, enthält dessen protestantisches Glaubensbekenntnis. Pfarrer Holger Müller übertrug den Text in heutiges Deutsch und veröffentlichte ihn in einem Buch, das ab sofort erworben werden kann.
Pfarrer Holger Müller von der evangelischen Kirchengemeinde Staffort-Büchenau hatte schon zu seinen Studienzeiten vom “Stafforter Buch” des Markgrafen Ernst Friedrich von Baden-Durlach gehört. Das Thema lag ihm am Herzen. Dass er kurz vor Weihnachten vergangenes Jahr auf der Website eines Antiquariats aus Philadelphia (USA) auf eine Originalausgabe stieß, sei ein großer Zufall gewesen. Ein Fachmann wurde hinzugezogen, der die Echtheit bestätigte. Unter Beteiligung von Ortshistoriker Manfred Raupp und Ortsvorsteher Ludwig-Wilhelm Heidt konnten Bürgermeister Edgar Geißler und Oberbürgermeisterin Petra Becker begeistert werden. “Es wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt”, berichtete Becker. Mit Unterstützung der Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe konnte das Exemplar für umgerechnet gut 3.000 Euro erworben werden und wird nun in Staffort sicher verwahrt. “Wir können Geschichte in die Zukunft tragen und Impulse für unser heutiges Handeln daraus gewinnen”, so Becker. Es handle sich um ein geschichtsträchtiges Dokument mit hohem historischen Wert.
Pfarrer Müller nutzte die Corona-Zeit, um das Werk in etwa einem Monat in heutiges Deutsch zu übertragen. Er sehe es als Aufgabe eines Gemeindepfarrers, Identität zu vermitteln. Zusammen mit einer von Manfred Raupp verfassten Geschichte des Stafforter Wasserschlosses, wo das Buch vor 422 Jahren in einer Auflage von vermutlich etwa 50 Exemplaren gedruckt worden ist, wurde daraus ein neues Werk, das ab sofort im Bürgerbüro sowie im Buchhandel für 16,50 Euro erhältlich ist.
Zur Präsentation des gekauften Originals sowie der Veröffentlichung der Neuausgabe am Donnerstag in der Stafforter Kirche waren neben den direkt am Projekt Beteiligten gemeinsam mit Verleger Jeff Klotz auch die Geldgeber von Stadt und Kulturstiftung der Sparkasse sowie sowie Vertreter der Landeskirche und Experten in Kirchengeschichte anwesend.
“Evangelisch ist nicht nur Lutherisch”, erläuterte Hans-Georg Ulrichs, Hochschullehrer für Kirchengeschichte. Auch Melanchton, Zwingli und Calvin seien nicht zu vergessen. Aber was sei das richtige Bekenntnis? In Baden habe sich Markgraf Ernst Friedrich sehr mit Theologie beschäftigt und unter den Reformatoren den rechten Glauben gesucht. Das “Stafforter Buch” stelle sein Privatbekenntnis dar und sollte einen Versöhnungsversuch zwischen Lutheranern und Calvinisten darstellen. Das Buch löste allerdings erhebliche kontroverse Diskussionen aus. Es sei nie offiziell von der Kirche anerkannt worden und schnell in Vergessenheit geraten. Durch spätere Bezüge darauf wurde es dennoch in der ganzen Welt bekannt. Erst im Jahr 1821 fand die Kirchenunion in Baden statt, bei der sich die Lutheraner und die Reformierten zusammenschlossen. In diesem Jahr feiert die Landeskirche das 200. Jubiläum.
Vom 1. bis 8. August soll in Staffort eine Festwoche stattfinden, bei der das alte Stafforter Buch zu sehen sein wird. Gruppenführungen sollen auf Anfrage stattfinden. Bei entsprechender Nachfrage sei auch eine englische Übersetzung der Neuausgabe denkbar.
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