Bundestagswahl: Internationale Beziehungen

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Von Annalena Krause, Madita Steiner, Marcel Tritschler, Martin Strohal, Sofie Wirth, Sophia Rezazadeh Yazdi | 06.09.2021 17:44 | 1 Kommentar

Am 26. September ist Bundestagswahl. Wir haben die Direktkandidaten in unserem Wahlkreis Karlsruhe-Land befragt, wie sie zu derzeit wichtigen Themen stehen. Dabei haben wir uns auf die Parteien beschränkt, die derzeit im Bundestag vertreten sind. In diesem Beitrag geht es um das Thema Internationale Beziehungen. Wir wollten wissen: Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit Autokratieren/Diktaturen insbesondere in Hinblick auf Menschenrechte und Waffenhandel?

Nicolas Zippelius, CDU

Demokratien und autoritäre Staaten ringen um den globalen Gestaltungsanspruch im 21. Jahrhundert. Es geht um den Fortbestand unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung, die autoritäre Staaten in Frage stellen und zu destabilisieren versuchen. Wir erleben gerade in den internationalen Beziehungen unruhige Zeiten: Der Ukrainekonflikt schwelt weiter, Machthaber Lukaschenko aus Belarus kennt keine Skrupel, wenn er Journalisten unter falschen Vorzeichen aus Flugzeugen holen lässt und in Hongkong ist die Freiheit der Presse endgültig abgeschafft worden. Wir brauchen hier einen klaren EU-weiten und transatlantischen Zusammenschluss, um im Bereich der internationalen Beziehungen vereint mit einer Stimme zu sprechen. Nur so werden wir die Stärke besitzen, um autoritären Staaten entgegenzutreten. 

Patrick Diebold, SPD

Die Vergangenheit zeigt, dass es bisher noch keinen Menschen, die unter einer Diktatur und autokratischen Systemen leiden, geholfen hat, wenn wir uns jeglichen Kontakt mit den Regimen verweigern und alle Beziehungen beenden. Trotz jahrzehntelanger Sanktionen hat Nordkorea Atomwaffen entwickelt und gleichzeitig seine Bevölkerung bis ins Mark gepeinigt und ausgebeutet.
Den Frieden in Europa, die Aussöhnung mit Frankreich aber auch mit unseren europäischen Nachbarn gelang nur durch jahrelangen diplomatischen Austausch, durch Völkerverständigung und gegenseitigen Handelsbeziehungen. Willy Brandts Ostpolitik wurde von konservativer Seite mit großem Widerstand begegnet, dabei war sie es, welche die Teilung des Landes und des Kontinents erträglicher und letzten Endes zur Öffnung des Eisernen Vorhangs und der Wiedervereinigung führten.
Natürlich wäre es naiv anzunehmen, dass sämtliche globalen Konflikte durch einen ständigen Dialog und gutem Zureden lösbar sind. Eine pazifistische Welt ist erstrebenswert, jedoch noch lange nicht erreichbar. Wenn Völkerrecht gebrochen, Menschenleben bedroht, Kulturschätze unwiederbringlich zerstört und unsägliches Leid verursacht wird, kann niemand ernsthaft wegsehen. In solchen Momenten muss eine militärische Intervention der Weltgemeinschaft verantwortbar sein.

Sebastian Grässer, Grüne

Aktuell befinden wir uns durch unseren enormen Bedarf von fossilen Treibstoffen in großer Abhängigkeit von Diktaturen und Unrechtsstaaten. Die dortigen Autokraten und autoritären Systeme nutzen das Geld aus dem Ressourcenverkauf, um sich durch Waffengewalt und Geheimpolizei an der Macht zu halten. Erst wenn wir diese Abhängigkeit beenden, können wir glaubhaft die Einhaltung von Menschenrechten zur Bedingung von Wirtschaftsbeziehungen machen.

Hans-Günther Lohr, FDP

Sehr pragmatisch. Wir sind nicht in der Lage hier eine weltweit entscheidende Rolle zu spielen, ich sehe das als untergeordnet an. Es wurde durch unsere Waffen  in jüngster Geschichte noch kein Krieg verhindert und keiner begonnen. Wir sind im internationalen Waffenhandel unbedeutend.
Leider gibt es momentan immer weniger Demokratie und mehr Despoten auf dieser Erde, diese Despoten gilt es zu bekämpfen. Die größte Macht haben wir nur zusammen mit unseren Verbündeten und allen voran unserer europäischen Gemeinschaft.

René Rotzinger, AfD

Sanktionen können bei kleineren autokratisch verfassten Staaten helfen einen politischen Wandel zu unterstützen und sollten, wo sinnvoll, auch umgesetzt werden. Allerdings zeigt das politische Scheitern der Russlandsanktionen, dass das Verhängen von Sanktionen gegen größere Staaten oder gar gegen Großmächte kein geeignetes Mittel der Außenpolitik ist. Nicht nur erreicht man damit nicht das gewünschte Ziel, man fügt sich durch die entgangenen Handelserlöse und die Verschlechterung der zwischenstaatlichen Beziehungen auch selbst Schaden zu. Eine zukünftige Einflussnahme würde zudem die weiteren Bemühungen erschweren. Bei der aufstrebenden Supermacht China betreiben wir dagegen trotz der ungleich größeren Menschenrechtsverletzungen bereits Realpolitik und werden dies auch in Zukunft wohl oder übel tun müssen. Ausfuhrkontrollen von Rüstungsgüter sind dort wirkungsvoll, wo Hochtechnologieprodukte zurückgehalten werden, die auf dem Weltmarkt von niemand anderem geliefert werden. Werden vergleichbare Produkte allerdings auch von Staaten geliefert, denen die Menschenrechtslage völlig egal ist, dann ist ihre Wirkung leider äußerst begrenzt. Als ein verhältnismäßig kleines Land mit 80 Millionen Einwohnern müssen wir hier das uns Mögliche tun, dabei sollten wir unseren geopolitischen Einfluss aber auch nicht überschätzen.

Jörg Rupp, Linke

Wir sollten weder Waffen noch Munition exportieren noch im Ausland militärisch operieren. Die Zusammenarbeit mit Autokratien/Diktaturen muss auf dem Ziel beruhen, dort jeweils positive demokratische und menschenrechtliche Änderungen herbeizuführen. Das sind lange Politiklinien, da ist nichts von heute auf morgen zu schaffen. Aktive Friedenspolitik ist ein wichtiger Baustein – das zeigt sich immer wieder. Und auch von Erfolg gekrönt. Wussten Sie, dass vor der westlichen Intervention in Afghanistan dort Hilfsorganisationen mit Erlaubnis der Taliban auch Mädchenschulen gebaut haben? Das geht nur, wenn man diesen Menschen auf Augenhöhe begegnet, ihnen nichts diktiert – sondern die Vorteile aufzeigt und sie überzeugt – aber mit klarem, inneren Kompass. Solche Veränderungen dauern aber oft genug Jahre. Darüber muss man sich klar sein.

forum Kommentare

Leider sind die Möglichkeiten Deutschlands und Europas auf Entwicklungen in der Welt reagieren zu können, solange stark eingeschränkt sein, solange die USA keine aktive Unterstützung anbieten. Man hat doch jetzt gerade in Afghanistan gesehen, wie da politisch rumgerudert wird, um nur schadlos aus der Affäre zu kommen. Was hier geleistet wurde hat gezeigt und wird auch weiterhin zeigen, wenn wir nicht schnell auf die Amerikaner zugehen, wird die Außenwirkung Deutschlands auf internationalen Problemfeldern, auf gemütliche rote Samtsessel in Besprechungszimmer und ständige Wiederaufbauhilfen für ausgebombte Infrastrukturen beschränkt bleiben. Das wird für Einfluss und Durchsetzung von Menschenrechten wie man sieht nicht reichen. Dass mit großen Worten, auch große Taten folgen werden, war eine weitere Falscheinschätzung zweier Saarländer, eines obersnobigen Außenministers und einer karnevalserprobten Verteidigungsministerin. Gott sei Dank sind deren Tage zur Fortsetzung weiteren verbalen Unsinns bald beendet.