Bundestagswahl: Landwirtschaft

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Von Annalena Krause, Madita Steiner, Marcel Tritschler, Martin Strohal, Sofie Wirth, Sophia Rezazadeh Yazdi | 08.09.2021 17:44 | 1 Kommentar

Am 26. September ist Bundestagswahl. Wir haben die Direktkandidaten in unserem Wahlkreis Karlsruhe-Land befragt, wie sie zu derzeit wichtigen Themen stehen. Dabei haben wir uns auf die Parteien beschränkt, die derzeit im Bundestag vertreten sind. In diesem Beitrag geht es um das Thema Landwirtschaft. Wir wollten wissen: Gentechnik, Ökolandbau, Pestizide, Gewässerschutz, Artenschutz, Tierwohl – wie sehen Sie die künftige Entwicklung der Landwirtschaft in Deutschland?

Nicolas Zippelius, CDU

Wichtig wird es sein, dass Landwirtschaft und Gesellschaft nicht gegeneinander ausgespielt werden. Gerade in unserer Region gibt es zu unser Aller Glück viele Landwirte, die sich an Vorgaben halten und mit ihrer Arbeit die Versorgung der Bevölkerung mit guten Lebensmitteln sicherstellen. Aber wir brauchen deutlich mehr Vergleichbarkeit, EU-weit und global. Es darf nicht sein, dass unsere heimische Landwirtschaft alle Regeln einhält, um dann zu erkennen, dass billig und umweltschädlich produzierte Ware aus dem Ausland importiert wird. Hier haben wir eine Verantwortung für die Menschen. Erst kürzlich habe ich mit einem Landwirt gesprochen, der vorschlug, Schulklassen die Arbeit in der Landwirtschaft zu zeigen, sodass die Kinder und Jugendlichen den Wert der Produkte persönlich erfahren könnten. Persönlich ist es mir wichtig, ein gegenseitiges Gewissen füreinander zu schaffen, daher fand ich den Vorschlag ganz interessant.

Patrick Diebold, SPD

Meldungen wie der Coronaausbruch bei der Schlachterei Tönnies, Lebensmittelskandale, Rückholaktionen, Schweine- und Geflügelpest in den Großbetrieben… Die Liste der Skandale in den letzten Jahren wird immer länger und ist nicht nur ein Zeichen für die teils miserablen Arbeitsbedingungen sondern auch Ausdruck unserer Ernährungs- und Produktionsweise.
Der Wunsch vieler Menschen nach billigen Lebensmitteln, der krasse, ruinöse Wettbewerb auf dem Lebensmittelmarkt, führen zu einer industriellen Landwirtschaft, die unsere Ländereien und Umwelt zerstört, Bauern ihre Existenzgrundlagen entzieht, unsägliches Leid über Tiere bringt und gefährliche bakterielle Resistenzen und Virenübertragungen hervorruft.
Es ist ein Gebot der Stunde unser Verhalten zu ändern hin zu einer nachhaltigen ökologischen Landwirtschaft, weg von Preiskampf, Überproduktion, Butterbergen und Milchseen. Hier ist nicht nur die Politik gefragt, sondern auch an unsere Verantwortung als Verbraucher appelliert.
Neben der Einführung eines verpflichtenden Tierwohllabels und dem Ende der Monokulturen müssen wir uns auch Gedanken über eine sinnvolle Mengensteuerung und Mindestbepreisung der Milch sowie einer rein öffentlichen Züchtung von Saatgut sowie öffentlicher Forschung der Gentechnik machen.

Sebastian Grässer, Grüne

Die Landwirtschaft ist nicht einfach ein Wirtschaftszweig in unserer Industrienation, sie ist die ureigene Lebensgrundlage aller Menschen. Umso wichtiger ist es, sicher zu stellen, dass die Produktion von Nahrungsmitteln auch in Zukunft gesichert bleibt. Überdüngung und der großflächige Einsatz von Pestiziden gefährdet dies: Drei Viertel aller Fluginsekten sind deutschlandweit in den letzten Jahren eingegangen. Damit drohen Ernteausfäle wegen fehlender Bestäubung durch Bienen und eine tiefgreifende Störung unserer Ökosysteme, in der Vogelpopulation ist die fehlende Nahrungsgrundlage bereits erkennbar. Dürren und Wetterschwankungen durch die zunehmende Erderhitzung verstärken die unsichere Lage. Deshalb ist eine Agrarwende längst überfällig. Die flächenbasierten Agrarsubventionen, die unsere lokalen Bauern in Konkurrenzdruck mit riesigen Agrarbetrieben zwingen, müssen stattdessen unter ökologischen Gesichtspunkten verteilt werden. So werden Bauern, die ihre Felder kennen und nachhaltig bewirtschaften, gegenüber den umweltschädlichen Monokulturen bevorzugt. Damit beenden wir das Höfesterben und zeigen, dass Landwirtschaft und Artenschutz keine Widersacher sein müssen, sondern ein gemeinsames Zukunftskonzept sind.

Hans-Günther Lohr, FDP

Kurz und knapp: Deutschland muss und kann Vorreiter werden in Tierwohl und ökologischer Landwirtschaft. Dies muss das Ziel sein, alles andere wird langfristig nicht gut sein.
Alle Fördermittel müssen diesem mittelfristigen Ziel dienen, Massentierhaltung gehört verboten .Wir müssen uns daran halten , dass unsere Nahrung wertvoll und gesund sein soll. Wenn es gsetzlich nicht möglich ist Tiere so zu halten wie aktuell, dann muss das Fleisch auch teurer werden, das ist abgesehen von unserer persönlichen Gesundheit und Zukunft auch eine ethische Verantwortung nicht so weiter mit Mitgeschöpfen umzugehen.  Bei Gentechnik bin ich offen für Entwicklungen, Pestizide haben in der Landwirtschaft und der für uns notwendigen biologischen Vielfalt langfristig nichts verloren. Landwirtschaft und Ökologie gehören zusammen und  müssen im Einklang mit Mensch und Tier sein.

René Rotzinger, AfD

Wir wollen die Landwirtschaft wieder stärken und die bauernfeindliche Politik der Regierung beenden. Aufgrund von immer neuen Auflagen bzw. Verboten können sich die Landwirte im internationalen Wettbewerb kaum noch behaupten. Dabei ist unsere heimische Landwirtschaft für die Versorgung mit wichtigen Allgemeingütern unentbehrlich. Wir legen daher Wert auf mehr Selbstversorgung heimischer Nahrungsmittel und wollen den Dumping-Import von Nahrungsmittel reduzieren. Dadurch wäre der wirtschaftliche Druck auf die Landwirte deutlich geringer und bietet Ihnen gleichzeitig wieder eine Zukunftsperspektive. Ebenso stehen wir für einen vernünftigen Pflanzen- und Artenschutz, der ja die Grundlage für jede landwirtschaftliche Produktion bildet, sowie Umwelt- und Tierschutz. Wir wollen artgerechte Haltungssysteme fördern und Tiertransporte so kurz wie möglich gestalten, sowie eine konsequente Umsetzung der Tierschutzgesetze innerhalb der EU.

Jörg Rupp, Linke

Über Landwirtschaft und wie sie sich wandeln muss – darüber werden ja ganze Bücher geschrieben. Ich sags mal mit den Worten meiner Mutter (Landwirtschaftsschwiegertochter): “Früher war alles bio, bevor die industrielle Landwirtschaft begonnen hat”. Die Landwirtschaft muss sich zur Daseinsvorsorge wandeln, Naturschutz und -erhalt muss ausreichend entlohnt werden. Vielleicht muss auch der Profitgedanke geringer werden. Massentierhaltung ist abzulehnen – sie zerstört ja weltweit durch Futtermittelbedarf wertvolle Flächen. Wir sollten nur noch so viel Fleisch produzieren, wir wir als Gesellschaft selbst verbrauchen – warum wir Schweinfleisch nach China exportieren müssen, ist völlig unverständlich – außer, dass sich jemand mit dieser unsinnigen Maßnahme die Taschen zu Lasten aller vollstopft. Unser “immer mehr, immer billiger, immer größer” zerstört gerade in dem Bereich, in dem man sehr sensibel agieren müsste, soviel wertvolle Natur. Weniger ist wie so oft mehr. Und wir alle müssen in die Lage versetzt werden, gerade die dann zu erwartenden steigenden Preise auch zu bezahlen. Dazu gehören dann Mindestlohn und eine Abschaffung von Hartz IV, Reregulierung der Zeitarbeit und Werkverträge und damit bessere und gerechtere Löhne. Um es mit Heiner Geißler abzuschließend zu bewerten: Das Geld ist da – nur haben es die falschen Leute.”

forum Kommentare

-kwg-

Vielleicht sollten diejenigen von einer Wahl betroffenen “kreuzchenbegünstigten der Männerdomäne von Karlsruhe Land” gleich mal nach ihrem Amtsantritt in die Emirate fliegen, um zu sehen und zu erleben, was es heißt – große effektive bürgernahe Landwirtschaft im Wüstensand- zu betreiben. In einer riesigen Halle von 1.2 ha Fläche wird Gemüse angebaut, ohne Insektizide ohne Pestizide, ohne Landmaschinen, ohne wertvolle Heimaterde, mit geringstem Wasserverbrauch ohne Grundwasserbelastungen. Und dazu wird die durch den etagengelagerten Umluftanbau erwachsene Anbaufläche auch gleich noch auf 320 ha vergrößert. Genau das was Blankenloch-Büchig bei der regional geplanten nördlichen Karlsruher – Vorstadtverstädterung demnächst braucht. Riesiger Flächenverbrauch für notwendige Wohnungen und Gewerbegebiete- wird durch die Verschiebung der Landwirtschaft in die endlos weite Vertikal-Dimension kompensiert. Gemüse wird im ständigen maschinellen Rotationsverfahren umweltschonend, wetterunabhängig, licht- und temperaturgesteuert, hoch intensiv bewirtschaftet, und dazu sehr wohlschmeckend aus der Wüste von Dubai nach Europa verschickt. —demnächst bei LIDL und ALDI auch Sahara und Gobi im Angebot. Wie das gehen soll? Mit Middleseastream 2, aus der Sahara durchs Mar Mediterraneo per 2 m Durchmesser- Magnetschwebe – Rohrposthülsen mit 700 kmh in zwei Stunden direkt nach Genua geblasen. Dort auf den wartenden Güterzug und auf gehts Richtung Norden. Nur eins ist ganz schlecht – Stutensee bekommt kein Gemüse, wegen fehlendem Gleisausbau auf der Rheintalstrecke.