Nachdem der Blankenlocher Rathaussturm im vergangenen Jahr coronabedingt komplett abgesagt werden musste, fand er in diesem Jahr in kleinem Rahmen ohne große Ankündigung statt. Der Friedrichstaler Elferrat hat seine Aktion hingegen erneut abgesagt und wird im neuen Jahr auch keine Prunksitzung durchführen.
Es herrschte Leere vor dem Eingang zum Stutenseer Rathaus in Blankenloch, als der Karnevalsclub “Die Piraten” gemeinsam mit den Blankenlocher Hardtwaldhexen der Oberbürgermeisterin den Schlüssel “abnahmen”. Pünktlich um 18.11 Uhr am 11.11. waren die Narren zum Start der neuen Kampagne angerückt. Doch wo in früheren Jahren viele Menschen die Schau begleiteten und im Anschluss in das Piraten-Vereinsheim zum Feiern zogen, war in diesem Jahr nach ein paar Minuten alles wieder vorbei.
Piraten-Präsident Peter “Pepe” Rensch rechnete in seiner Rede in gewohnter Weise mit dem Handeln der Stadt ab: Hohe Kosten für die Naturierung des Friedrichstaler Kreisels wurden kritisiert – wohl finanziert durch die Erhöhung der Hundesteuer. Auch für das Fällen der 40-jährigen Linden am Wohnpark Mittendrin bekam die Verwaltung ihr Fett weg – “Vom Lachwald nix gelernt” hieß es da. Rensch hob jedoch das Engagement der beiden Jugendlichen hervor, die sich für den Erhalt der Bäume engagierten und Unterschriften sammelten, so dass am Ende doch zwei Bäume erhalten blieben.
Für die Prunksitzungen im kommenden Jahr haben die Piraten bereits alles vorbereitet. Ob eine Durchführung angesichts der steigenden Infektionszahlen möglich sein wird, bleibt abzuwarten.
In Friedrichstal schaffte man hingegen Gewissheit. Die Prunksitzung in der Sängerhalle wird erneut entfallen. “Wir hoffen auf das Maibaumstellen”, so Vizepräsidentin Michaela Mai.
Im Folgenden geben wir den Wortlaut der Ansprache der Piraten zum Rathaussturm wieder:
“Am Rathaustor zu Blankenloch
Da stehen wir und warten noch
Bis offiziell der Startschuss fällt
Und rundherum der Schlachtruf gellt!
Doch
Im ganzen Land – so auch in Stutensee
Tut es den Narren heute wieder weh,
Corona immer noch das Leben lähmt
Und auch uns Narren deutlich zähmt!
So würden wir Piraten heut’
Mit einer ganzen Schar von Leut’
Vor diesem Rathaus aufmarschieren
Und über Missetaten fröhlich referieren.
Im letzten Jahr fiel ALLES aus,
heute steh’n wir zumindest mal vor diesem Haus,
Mit Abstand, Maske – mit dem Gesetz konform
Ein Fortschritt – wenn auch nicht enorm.
Die Abstinenz ist also nicht ganz vorbei
Dennoch aus vollem Hals ich schrei
Ein Dreifach Blankenloch Ahoi
Die Hardtwaldhexen mir zur Seit’,
zusammen holen wir der Obrigkeit
den Schlüssel aus der Hand
der unverzichtbar ist als Unterpfand,
um die Stadt nun zu regieren
und mit des Narren Mut weise zu agieren.
Darauf ein dreifach Blankenloch Ahoi!
Doch nicht nur Rechte sind des Narren Lohn
Auch Pflichten gibt es, ihr wisst das schon
Die Pflicht der Narren über’s Jahr
Ist’s Hinzuschauen hier und da,
Anekdoten zu notieren,
gute Taten honorieren,
Missgeschicke archivieren
hier und heut darüber referieren!
Denn Narrenmund tut Wahrheit kund! Davor ein dreifach Blankenloch Ahoi!
Doch viele Menschen, nicht nur in Stutensee,
erst recht jetzt in der Pandemie
sind einsam, dazu oft alt oder ärmlich
und da ist es doch erbärmlich
dort den letzten Groschen auszupressen,
denn diese Menschen verzichten eher auf Essen,
als ihren besten Freund nun herzugeben
ohne Hund – für sie kein Leben!
Bedenkt man dann –
Verantwortet stets vom Dezernat für’s Bauen
Die Erhöhung von geplanten Kosten
Erreichen schon Millionenposten
Allein das neue Hallenbad
wurde zweimal schon saniert
Aber den „German Design Award“,
den hat man erfolgreich anvisiert!
Bei allen diesen ungeplanten Summen
Sind die Bürger doch stets die Dummen!
Fein gelabelt – „StadtGrün naturnah“
Ist das nicht einfach wunderbar?
Blühen soll es reichlich und zwar überall,
denn das war ja vorher nicht der Fall!
Doch wenn die Umwelt einem im Wege steht,
man plötzlich ganz andre Wege geht.
Vom Lachwald nix gelernt,
hätte man sechs alte Linden fix entfernt!
Doch zwei Jugendliche haben aufgepasst
Und manches Schreiben dann verfasst
SIE haben die Bürger erst darüber informiert
und die waren wieder mal echt schockiert!
Von der Bauamtführung war dann nur zu hören,
„Die müssen weg, die stören,
da kann man nix mehr machen“
und andere ungereimte Sachen.
Trotzig wurde auf den Plan verwiesen
„Jeder hat’s gewusst“` hat es dann gehießen
Letztendlich ist die Verwaltung etwas eingeknickt
hat den Erhalt – zumindest zweier Linden – abgenickt,
900 Unterschriften machten den Räten Mut
sowas ging schon Mal so gar nicht gut!
Und was bleibt – so unterm Strich?
Ein Label is nur ein Label, vertrau dem nich!
Frau Becker, Sie haben es gehört,
was die Bürger hier so stört,
Doch bei all den Klagen und Kritik
Behalten wir doch eines stets im Blick:
Sie Frau Becker, haben trotz aller Widrigkeiten,
und den ungewöhnlich schweren Zeiten,
das Schiff der Stadt gut durch den Sturm gebracht,
UNS stets mit Offenheit bedacht,
Sie sind eine Oberbürgermeisterin mit Herz,
ganz ehrlich – das ist kein Scherz!
So, Frau Becker, nun ist die Gelegenheit
Zu Widerspruch und Gegenwehr
Nehmen sie sich dafür Zeit
Dann geben sie den Schlüssel her!
Der Rathausschlüssel ist in unsrer Hand,
was das bedeutet, ist wohl bekannt,
Ab heut regieren wir die Stadt,
in der nun jeder was zu lachen hat,
Schluss mit Tränen, Sorgen, Jammerei,
ab heut regiert die Narredei!
Doch bei aller Freude seid ermahnt
Vor Corona und den Folgen immer noch gewarnt,
Verantwortung steht nun im Vordergrund
Passt alle auf und bleibt gesund
Die fünfte Jahreszeit darf nicht gefährlich sein
Für euch und alle im Verein!
Darauf ein dreifach Blankenloch Ahoi!”
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