Flaggen am Rathaus: Verletzung der Neutralität?

Europafahne, ukrainische Fahne und Regenbogenfahne vor dem Rathaus

Beitragsbild: Olaf Matthei-Socha

Von Martin Strohal | 11.05.2022 21:35 | 9 Kommentare

Im April waren vor dem Blankenlocher Rathaus neben der Europafahne auch die Fahne der Ukraine sowie die Regenbogenfahne gehisst. Ein Leser wies uns auf diesen Umstand hin und sah darin einen Verstoß gegen die weltanschauliche und politische Neutralitätspflicht der Kommune. Wir haben bei der Stadtverwaltung nachgefragt.

Die Europaflagge vor dem Rathaus sei natürlich kein Problem, so der Leser. Aber schon die Flagge der Ukraine stelle ein politisches Statement dar. Erst recht die Regenbogenflagge als Bekenntnis zu Pazifismus und Gleichstellung gleichgeschlechtlicher und heterosexueller Beziehungen. Angebracht seien die Bundesflagge und die Fahne Baden-Württembergs, meint der Leser.

Der Angriffskrieg auf die Ukraine rechtfertige auch eine kommunale Anteilnahme, so Lukas Lang, Pressesprecher der Stadtverwaltung. “Diese Anteilnahme zeigen wir auch durch die Beflaggung und das große ehrenamtliche Engagement der Stutenseer Bürgerinnen und Bürger für die Vertriebenen aus der Ukraine.” Es handele sich deshalb um keine Parteiergreifung, sondern um Solidarität mit den betroffenen Menschen.

Die “Regenbogenfahne” wiederum symoblisiere aus Sicht der Stadtverwaltung Hoffnung, Vielfalt, Toleranz und Frieden – “Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung”, so Lang.

Eine Verwaltungsvorschrift des Landes Baden-Württemberg zur Beflaggung der Dienstgebäude legt fest, dass die Beflaggung in Großen Kreisstädten durch den Oberbürgermeister beziehungsweise die Oberbürgermeisterin angeordnet wird.

“Grundsätzlich orientiert sich die Stadt Stutensee an den Empfehlungen von Land und Bund zur Beflaggung von Dienstgebäuden, so dass wir nun die jüngste Stellungnahme der Bundesinnenministerin zum Anlass genommen haben, die Regenbogenfahne zunächst wieder einzuholen, aber zu konkreten Anlässen wieder zu hissen”, so Lang.

Mitte April hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser das Hissen der Regenbogenflagge zu bestimmten Anlässen an Gebäuden von Ministerien und anderen Häusern von Bundesbehörden ausdrücklich erlaubt.

forum Kommentare

-msm-

Es ist doch wirklich erstaunlich, dass manch’ ein Leser keine anderen Probleme und Sorgen hat! Auch wenn besagter Leser großspurig den “ Verstoß gegen die weltanschauliche und politische Neutralitätspflicht der Kommune” beklagt und der Stadtverwaltung Pflichtversäumnisse vorwirft- ist es meines Erachtens nichts weiter als kleinkarierte Wichtigtuerei, wenn man sich über die Beflaggung aufregt – sorry! Ich persönlich finde derartige Solidaritätsbekundungen wichtig und richtig, wobei ich nicht wirklich kontrolliere, welche Flagge wann und wo weht!
Manchmal kann man echt nur den Kopf schütteln!

-kwg-

Vielleicht trifft diese Zitatform eines Geschehnisses am KROKUSWEG die Probleme und Sorgen der kommunalen Stutenseer Gesellschaft besser? Allerdings geht es dabei nicht um Verletzung der Neutralität, sondern um Einhaltung von Gesetzen und Vorgaben und des daraus resultierenden kommunalen Ergebnisses.

Bäume im Garten – sowie auch die Bäume im Wald,
die lassen Stutenseer Bürger und auch den Stadtrat nicht kalt.
Während traurige Bürger in der Umgebung lachende Wälder retten,
vorher manche Räte und die Verwaltung gegen die Rettung wetten.

Doch es kam anders wie mancher im Rat hat sich gedacht
am Ende hat die Bürger-Initiative gewonnen und der Lachwald gelacht
Dann kamen die grünen Wiesen für Schmetterlinge und Getier mitten in der Stadt
die schönen grünen Linden bei der Festhalle, kein Problem, die machen wir platt

zur Beruhigung unseres kommunalen Gewissens werden wir es schon richten
werden städtisches Mitglied von vielen Naturclubs, erzählen dem Bürger tolle Geschichten,
pflanzen Bäume in die Gegend und Landschaft und lassen jetzt blühende Wegränder stehen,
damit alle die hier wohnen und vorbeilaufen, unser starkes städtisches Umweltbewußtsein sehen

Und nun ein neues Dilemma an Bäumen und Sträuchern, das in Blankenloch passierte,
und man am Krokusweg das Biotop der früheren Gärtnerei – Lehmann total massakrierte,
da wird trotz schonungsloser gesetzlicher Schonzeit und Bestandschutz von Hecken und Bäumen,
derjenige Bürger, der so was immer schützen will, gerissen aus all seinen blühenden Träumen.

Man fragt sich ob solch ein dichtes Gebiet, das sensibel von Nachbarn und Rat wird betrachtet,
und man mit Rücksicht wegen Beschattung und Parkplätzen 1.0, auch alle Gesetze beachtet,
dass dort niemand hört und sieht was in dieser ausgeruhten Landschaft passiert,
und kein Mensch einen Flatrate-Anruf an Polizei, Umweltamt oder Stadtverwaltung riskiert.

Von Begrünung und Bäumen haben die Grünen bei vorherigen Beratungen deutlich gesprochen,
doch der Investor hat den Braten und die grüne Absicht anscheinend schon im Vorfeld gerochen,
„Der Stadtrat will, dass die Bäume am Ort dort verbleiben und will einen Baumerhaltungsplan”
da setz ich als Investor mal besser gleich meine lautlose STIHLKETTENSÄGE an.

Da die Nachbarn und die Stadt dort Gefahren wittern und sehr aufmerksam sind,
da muss man als Eigentümer des Grundstücks lautlos die Bäume absägen und zwar ganz geschwind,
dass ja von keinem Anwohner oder Naturschützer das Abholzen wird vernommen,
wird das mal von mir als Investor besser gleich durch Holzfäller in Angriff genommen.

Dann ist das Problem mit ALLEN, nach ein paar Diskussionen ganz schnell wieder vom Tisch
und mich erwartet kein Bußgeldbescheid, keine Anzeige, sondern nur ein städtischer Wisch,
wo drin steht, dass man mich zu diesem Vorfall als Ersttäter nur stadtseitig wird rügen,
für mein großes Geländereinigungskonzept illegales und wissentliches rücksichtsloses umpflügen.

Wenn sonst nichts passiert, dann kann ich mich in meinen Erfolgen wahrlich sonnen,
habe viel Raum und Zeit und auch keine Umwege um Bäume für die kommende Arbeit gewonnen,
dass ich dann flott und zügig meine Planungen und schönen Bauwerke werde vollenden,
kann mich bei Problemen im Vertrauen vertrauensvoll an den Gemeinderat wenden.

Der macht was er kann und auch mal erledigt ab und zu seine Pflicht,
doch behindern oder bestrafen, das wird er mich nicht.
Von Kompensationsplänen bei der Bepflanzung wird in der Stadt schon diskutiert ganz munter,
doch bis das dann soweit sein sollte, läuft noch viel Wasser die Pfinz-Heglach hinunter.

Mein Fazit zu dieser unrühmlichen Geschichte:
Ich bin froh, dass es noch Menschen gibt, die solche Dinge mit einer anderen Brille betrachten,
und Vorschriften und Vorgaben im Sinne des bürgerlichen Miteinanders hundertprozentig beachten.

-msm-

Wie kwg eindrücklich beschreibt, gibt es wahrlich Wichtigeres, und das nicht nur auf kommunaler Ebene, nein auch auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene, eigentlich die ganze Welt betreffend.
Allerdings hat die Vergangenheit und auch die Gegenwart gezeigt, dass die hundertprozentige Beachtung aller Vorschriften und Vorgaben allein, soweit man sie überhaupt allumfassend kennt und bis ins Detail versteht, alles andere als förderlich für das friedliche bürgerliche Miteinander sein kann. Ein bisschen mehr leben und leben lassen, gepaart mit gesundem Menschenverstand ist mitunter zielführender als ein kostenfreier Beschwerdeanruf, wohin auch immer!

F. P.

Es ist ja richtig, dass die Regenbogenfahne weltweit in zahlreichen Kulturen die Stimmung für Aufbruch, Veränderung und Frieden ausdrückt und damit auch als Zeichen für Hoffnung, Vielfalt, Toleranz und Frieden gilt, die Werte unserer freiheitlichen-demokratischen Grundordnung darstellen. Dies gilt jedoch für die 7-farbige Regenbogenflagge, die von Violett nach Rot angeordnet ist und regelmäßig auch den Aufdruck “Frieden” in allen möglichen Sprachen enthält. Die von der Stadtverwaltung Stutensee gehisste Regenbogenflagge ist jedoch das Regenbogenbanner der Lesben- und Schwulenbewegung. Dieses unterscheidet sich von der o. g. Flagge durch folgende Detail:

1. Dieses Regenbogenbanner enthält nur sechs Farben
2. Die Farbtöne sind in umgekehrter Richtung angeordnet, mit den Rottönen oben und den Blautönen unten.
3. Sie trägt keinen Schriftzug

Herr Lang unterliegt damit mit seiner Interpretation der Symbolik der gehissten Flagge einem gewaltigen Irrtum.

Wie der Erklärung des Innenministerium eindeutig zu entnehmen, geht es bei der von der Stadtverwaltung gehissten Regenbogenfahne die laut BMI-Schreiben nun anlassbezogen gehisst werden darf eindeutig darum, ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen zu setzten. Das kann der Christopher Street Day (28. Juni) oder eine andere, bestimmte örtliche oder regionale Veranstaltung sein, wie etwa zu den “Pride Weeks”.

Die Stadt Stutensee möge daher doch bitte mal mitteilen, was denn der Anlass dieser Beflaggung war. Der Christopher Street-Day 2022 kann es wohl nicht gewesen sein.

Da die Genehmigung der Beflaggung mit der „umgedrehten“ Regenbogenflagge insgesamt sehr umstritten ist und sich die Stadt Stutensee offensichtlich auch der Symbolik diese Flagge nicht bewusst ist, bin ich der Auffassung, dass die Stadt Stutensee die Beflaggung des Rathauses mit solcher Symbolik zukünftig unterlassen sollte. Zumindest sollte sie zukünftig auch die im Schreiben der BMI vom 06.04.22 aufgestellten Empfehlungen und Maßgaben bei einer solchen Beflaggung berücksichtigen.

MariusBiebsch

Aus der VwV des Staatsministeriums ergibt sich folgendes:

Eine Beflaggung außerhalb des Sitzes der Landesregierung aus örtlichen, nichtpolitischen Anlässen wird am Sitz der Regierungspräsidien durch den Re- gierungspräsidenten, in den Stadtkreisen und den Großen Kreisstädten durch die Oberbürgermeisterin / den Oberbürgermeister und im Übrigen durch die Landrätin / den Landrat angeordnet.

(Quelle: https://www.protokoll-inland.de/SharedDocs/downloads/Webs/PI/DE/BeflaggungsregelungenLaender/BW/verordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=2)

Somit kann unsere Oberbürgermeisterin diese Flagge hissen unter Ihrer Entscheidung, auch wenn nicht gerade ein politischer Anlass dies fordert. Aber vielleicht sollte das im Gemeinderat per Beschluss gefordert werden..? Ein Beschluss ist dann sicherlich nicht als Beschluss zu verachten.

Insider

Hier erkennt man deutlich, schon im ganz kleinen politischen Dunstkreis, wie verkümmert wir doch sind. Man möchte sich im “gut sein” selbst überbieten.

Interessant auch wie der Stutenseer Amthor-Klon, Biebsch, das Hissen der Regenbogenfahne verteidigt. Schade, dass scheinbar auch der Wertekompass der CDU/Jungen Union in Stutensee nun auch schon in Regenbogenfarben ertränkt wurde.
Nun gut, schauen wir mal was da noch kommt…

MfG☆☆

Grundsätzlich sind solche Solidaritätsbekundungen natürlich zu begrüßen, aber dann sollte man doch bitte dafür sorgen, dass die richtig Flagge gehisst wird, das muss doch bei einer Verwaltung dieser Größe machbar sein, sollte man zumindest meinen

Jens Schmitt

Hätte die Stadt eine Fahne mit einem Smiley darauf gehisst, hätte sich vermutlich niemand beschwert.

MfG☆☆

@Jens Schmitt
Nein, warum sollte sich darüber auch jemand beschweren ? Wäre doch auch mal ganz nett, gerade in dieser schweren Zeit was die aktuelle Fahne angeht, da sollte man aber schon darauf hinweisen dürfen, das ist einfach schwach.