Junge Liste will Fraktionsstatus

Marius Biebsch, Tobias Walter

Beitragsbild: Junge Liste/Montage meinstutensee.de

Von Martin Strohal | 30.05.2022 21:56 | 10 Kommentare

Vergangene Woche haben die beiden Vertreter der Jungen Liste im Stutenseer Gemeinderat einen Antrag eingebracht. Ihr Ziel ist es, dass sich Fraktionen bereits ab zwei Mitgliedern bilden können, nicht erst ab drei wie bisher. Als Grund für den Antrag gibt die Junge Liste an, bei wichtigen Informationen nicht berücksichtigt worden zu sein.

Die Mitglieder des Stutenseer Gemeinderats können sich zu Fraktionen zusammenschließen. Üblicherweise erfolgt das anhand ihrer Parteizugehörigkeit. Allerdings schreibt die Geschäftsordnung für den Gemeinderat in Stutensee vor, dass eine Fraktion aus mindestens drei Stadträt:innen bestehen muss. Die Stadträtin der FDP hat sich deshalb mit der CDU zu einer Fraktionsgemeinschaft zusammengeschlossen. Die beiden Mitglieder der Jungen Liste, Tobias Walter und Marius Biebsch, sind derzeit als Gruppe ohne Fraktionsstatus im Gemeinderat vertreten.

Fraktionen haben gewisse Möglichkeiten, die kleinere Gruppierungen nicht haben. So können sie laut Geschäftsordnung bestimmte Anträge stellen und Akteneinsicht verlangen. All das sei jedoch nicht das vorrangige Ziel der Jungen Liste. Vielmehr habe Oberbürgermeisterin Petra Becker die Fraktionsvorsitzenden eingeladen, um über den bevorstehenden Ruhestand von Bürgermeister Edgar Geißler zu informieren. Da die Junge Liste keine Fraktion ist, habe sie diese Einladung nicht erhalten. “Von so einer wichtigen Information ausgeschlossen worden zu sein, hat uns tief getroffen”, so Marius Biebsch. Dabei sei die Runde der Fraktionsvorsitzenden gar kein offizielles Organ, im Gegensatz zum Ältestenrat oder zum Rat für geheimzuhaltende Angelegenheiten. “Eine gleichwertige Informationsbasis ist Grundlage einer fairen Zusammenarbeit aller Fraktionen und Stadträte im Gemeinderat”, so die Junge Liste.

In ihrem Antrag fordert sie, die Untergrenze für Fraktionen auf zwei Mitglieder abzusenken. Unterstützt wird der Antrag von der CDU/FDP- und der SPD-Fraktion. Die Freien Wähler seien noch unschlüssig, während sich die Grünen dagegen ausgesprochen haben. “Wir sehen kein Informationsdefizit bei der Jungen Liste”, so Susanne Suhr von der Fraktion der Grünen. Sie argumentiert zudem über den Bedeutungsverlust von Fraktionen. Das Finden von Mehrheiten gehöre zum demokratischen Prinzip. Sie empfehle Biebsch und Walter, sich der CDU/FDP-Fraktion anzuschließen, da beide ebenfalls CDU-Parteimitglieder seien. “Das wäre ein Gewinn für die Transparenz gegenüber den Wähler:innen”, so Suhr. Sicherlich seien aber auch andere Fraktionen offen für Gespräche.

Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg legt eine Mindestgröße von Fraktionen nicht explizit fest, beschreibt in Paragraph 32a jedoch, dass es sich um den Zusammenschluss von Ratsmitgliedern handele. Hier ist also von einem Minimum von zwei Mitgliedern auszugehen. Jedoch sei die Untergrenze von drei Personen bei den meisten Gemeinden in Baden-Württemberg üblich, so die Stadtverwaltung auf Anfrage von meinstutensee.de. Eine Anpassung der Geschäftsordnung sei deshalb außergewöhnlich, aber abzulässig.

Die Oberbürgermeisterin setze stets auf den offenen, konstruktiven Dialog und Transparenz sowie ein wertschätzendes und vertrauensvolles Miteinander. Die Vertreter der Jungen Liste wünschen sich das ebenfalls. Sie wollen durch den Antrag eine bessere Zusammenarbeit erreichen. Jedoch seien sie enttäuscht darüber, dass sie mindestens bei dem einen Thema nicht eingeladen worden seien. Die Einladung hatte sich explizit an die Fraktionsvorsitzenden gerichtet. Ob sie bei weiteren Themen nicht einbezogen worden seien, wüssten sie nicht. Die Pressestelle stritt auf Anfrage ein Informationsdefizit der Jungen Liste ab: “Die Mitwirkung im Gemeinderat sowie Information der Mitglieder ist grundsätzlich vom Fraktionsstatus unberührt. Alle Mitglieder des Gemeinderats Stutensee sind unabhängig von ihrer Fraktionszugehörigkeit stets in gleichem Maße in die Beratung und Beschlussfassung involviert.”

forum Kommentare

-kwg-

Man muss wahrlich nicht alles begreifen, was die Menschen so auch noch nebenbei, in der eh schon sehr bemessenen Zeit an Vorschriften und Gesetzen verzapfen, um sich Vorteile zu verschaffen und andere dabei auszuschließen. Bei einer Bürgervertretung gehe ich davon aus, dass jeder der zu diesem “erlauchten” Kreis der Gewählten zählt, den gleichen Stand an Informationen erhält und besitzt, wie sein Nebenmann oder seine Nebenfrau einer Fraktion nach §2 der Geschäftsordnung. Doch da bekanntlich Hochmut vor dem Fall kommt (Buch der Sprüche Salomos im christlichen Alten Testament, 16. Kapitel Vers 18) sei es denen geraten, die einmal mit großen prozentualen Abständen, den “geringfügig” Gewählten gegenüber, diese Ordnungen beschließen konnten, sich schnell zu besinnen und den Wählerwillen zu akzeptieren, auch wenn es sich nur um einzelne Räte handelt die im Stadtrat vertreten sind, aber trotzdem eine Zahl von Wählern vertreten. Speziell die Parteien, die derzeit mit schnell und sehr stark fallender Wählerzustimmung, aber auch diejenigen die einmal selbst aus diesem tiefen Loch nach oben gekrochen kamen, sollten sich überlegen das zu ändern, bevor es ihnen vielleicht demnächst auch so ergeht, falls sie in den Saal der politisch Auserkorenen zur Anhörung eintreten wollen, die abhörsichere Doppeltür aber vor der Nase zugemacht wird. In einer kommunalen Gemeinschaft, wo jeder auch noch jeden kennt, sollten solche Parteispielchen und Mätzchen keinen Nährboden finden, und alle Vertreter sich bewusst werden, nicht das Beste für sich oder ihre Partei, sondern für ihre Stadt und deren Bürger zu tun (§4 Abs.3). Warum nun eine kommunale Geschäftsordnung in (§2) über eine vom Land erlassene Gemeindeordnung (§32a) hinausgehen muss und vor allen Dingen warum das so sein soll, das sollte man einem Bürger auch nahebringen können. Und wenn der Bürger das erkennt, dann wird er bei der nächsten Wahl, vielleicht auch mal wieder mit dem gespitzten Bleistift zur Wahl gehen, statt mit dem Fahrrad am Wahltag durch die immergrünen Auen und Wälder rund um Stutensee zu radeln, und sich dabei über die demnächst einzurichtende Stelle eines Geheimdienstverantwortlichen als Mediator zwischen Verwaltung und Gemeinderat zu beschäftigen.
Frage: Ich hätte noch gern gewusst was das enthaltene Wort ABZULÄSSIG an dieser Stelle der Erklärung bedeuten soll. Im Sinne von ABZULASSEN oder UNZULÄSSIG??? Eine Änderung der Geschäftsordnung ist aufgrund der Gemeindeordnung jederzeit möglich- also wo ist das Problem? Nur weil man einmal bei anderen Gemeindeordnungen abgeschrieben hat. Das darf man schon in der Schule nicht, warum also ist es im Gemeinderat erlaubt???

FH...

… eine falsche Forderung auf eine subjektive Betroffenheit: Hätte die Junge Union – sorry: Junge Liste – drei Mandate, würde sie die Forderung (Fraktionsstatus bereits ab zwei Mitglieder) nicht stellen; und: Hätte sie nach der nächsten Wahl nur noch ein Mandat, wäre sie (subjektiv) erneut benachteiligt. Aber da könnte man dann ja „Fraktionsstatus auch mit nur einem Mitglied“ fordern. Mit solch einem Hintergrund ändert man keine Geschäftsordnung. Gruppen ohne eigenen Fraktionsstatus können sich anderen Fraktionen anschließen.
Die Forderung ist übrigens weitreichender: Nicht nur die Stadträtin der FDP hat sich – wie oben zu lesen – der CDU-Fraktion angeschlossen, sondern auch der Stadtrat der FDP. Mit der beantragten Neuregelung könnten dann auch die beiden FDP-Mandatsträger eine eigene Fraktion bilden…

Old Shatterhand

Die zwei Cowboys der Jungen Liste wärmen sich doch sowieso an den Lagerfeuern der CDU. Da sollten sie einfach so ehrlich sein und sich dem Stamm der CDU/FDP Fraktion anschließen. Da braucht es kein Tam-Tam, das geht schnell und einfach. Aber offensichtlich ist lautes Geschrei wichtiger als Ehrlichkeit und einfache Lösungen.

MfG☆☆

Warum macht die OB das nicht einfach? Sollte doch kein Problem sein im Zeichen der so überschwänglich
kommunizierten Transparenz. Wahrscheinlich ist die JL noch zu motiviert und stellt zuviele (kritische?)
Fragen. Harmonisch hört sich das alles nicht an.

-kwg-

Es stellt sich doch die Frage, warum macht man aus verordneten zwei (Landesgemeindeordnung)- eigenständig drei (Ratssatzung). Leichter Erklärungsversuch -weil Andere das auch so machen. Das alles hat doch nichts mit Getöse der jungen Wilden oder von Ruhe und Stillschweigen der unaufgeregten Alten, sondern mit vernünftiger Arbeit der von Bürgern gewählten Vertretern zu tun. Das ist doch keine Showveranstaltung von was ich weiß, das weiß nicht jeder, sondern das hat was mit Vernunft und Rücksicht und für die Bürger erfolgreiche Zusammenarbeit, gemessen an den Ergebnissen zu tun. Doch was sich hier abspielt, spiegelt sich in den zurückliegenden Ergebnissen von “höchster Transparenz” zwischen unerklärten Geschehnissen und situationsfremden Erklärungsversuchen, die zwischen der Verwaltung und der Bürgervertretung offensichtlich mal hin und wieder als Beruhigungspille unters bürgerliche Volk gestreut werden. Der Rat kontrolliert die Verwaltung – und nicht die Verwaltung kocht ein eigenes, ihr schmeckendes Süppchen. Na denn – wenn gewünscht weiter so- und draufgeknüppelt auf die, die daran was ändern wollen.

Andreas Haßmann

Unabhängig von der Anzahl ,sollten alle von den Bürgern Stutensees gewählten Vertreter, die gleichen Informationen von der Verwaltung erhalten.
Weiterhin sollte von diesen nicht nach Fraktionswille, sondern wie vorgegeben, in eigener Verantwortung zum Wohle Stutensees abgestimmt werden.
Mit der Offenheit gegenüber dem Bürger wird es sowohl von der Stadtverwaltung als auch von den gewählten Vertretern nicht so ernst gemeint sein. Ansonsten würde es nicht soviele geschlossene Sitzungen geben. Auch geht es mal garnicht ,dass eine öffentliche Ausschußsitzung nach 4 Punkten geschlossen wird und anschließend in der geschlossenen Sitzung mehr als 6 Punkte behandelt werden. Ich glaube die Verwaltung ist sich nicht im klaren ,dass es in Teilen der Bevölkerung brodelt.
Beispiele:
gehbehinderte ältere Personen werden im Bürgerbüro abgewiesen da Sie keinen Termin haben UNMÖGLICHES VERHALTEN
Trotz Zusage der Anmietung über Wochen keine Zusendung des Mietvertrages,bei Anruf Vertröstung, so GROSS kann also der Wohnungsbedarf der Stadt nicht sein.
Wartezeit von knapp 4 Wochen auf Termin Rathaus, dies seit mehreren Monaten.
Die Sauberkeit lässt sehr zu wünschen übrig, Gras und Unkraut in den Baumscheiben ,an den Rändern auf den öffenlichen Flächen gegenüber Haltestelle Büchig ca 70 cm hoch usw.
Von den gewählten Vertretern hört man zu alledem nichts in den Sitzungen.

Jens Richter

Man kann das jetzt sehen wie man will. Es ist legitim.
Durch den Winkelzug der CDU wurden Kandidaten (Mitglieder der CDU) in den GR gewählt, die deutlich weniger Stimmen als Kandidaten anderer Parteien/Vereinigungen erhalten haben, die trotz der Anzahl der Stimmen kein Mandat bekommen haben.
Selbst bei der CDU haben 3 Kandiaten mehr Stimmen erzeilt, als die beiden der JL (Bibsch 2145, Walter 1778).
Ebenso sieht es mit dem zweiten GR (Dr. Hertäg 1604) der FDP aus. Im direkten Stimmenvergleich liegt dieser ebenfalls abgeschlagen hinten und im Vergleich der Stimmen haben 32 Kandidaten mehr Stimmen erhalten.

Sind, wenn man es so betrachtet, Kandidaten in den GR eingezogen, die nicht des Volkes Stimme erhalten haben.
s. https://www.stutensee.de/fileadmin/user_upload/Pressemitteilungen_Bilder/2019/Sonderbeilage_FINAL.pdf

Aber so ist das Wahlrecht in Ba-Wue.
Und wenn der Gesetzgeber ermöglicht, dass sich der GR eine eigene Geschäftsordnung gibt und hier in den Fraktionsstatus regelt, dann ist es auch legitim, wenn er das macht.
Und in Stutensee wurde das nicht erst in der letzten Legislaturperiode beschlossen.
Dies zu ändern ist ebenfalls Sache des GR und muss da eingebracht werden.
Vergleichbar mit der überfälligen Reform zur Wahl des Bundestags.
Vielleicht sollte man dabei auch ein Vetorecht wie bei der EU, Nato oder UN einführen.

Jens Richter

Der letzte Satz ist ironisch gemeint. Die Kennzeichung ist beim Übertragn verloren gegangen.

-kwg-

Vielleicht werden gerade diese gefürchteten “Winkelzüge” als zukünftige Werkzeuge dazu führen, die bestehende Gemengelage parteipolitischer Eliten etwas durcheinander zu wirbeln. Soll heißen, durch viele kleine Gruppierungen mit entsprechenden Popularitätskandidaten, die starken Fraktionen in ihrem gewohnten Bestandsdenken zu unterwandern. Ob sich dann auch mal wieder Mehrheiten finden könnten, um die früheren Beschlüsse starker Fraktionen zurückzurudern, wird sich zeigen. Mit der Sechstel – oder Viertelregelung der GemO §24, zur Unterrichtungspflicht oder Akteneinsicht, könnte ja bereits heutzutage, bei etwas mehr gegenseitiger Minderheiten-Unterstützung rivalisierender Parteienlandschaften Stutensees, für klaren Durchblick aller Rätinnen und Räte gesorgt werden. Der letzte Satz ist dabei halbironisch, sowohl als auch halbernst aufzufassen. Das Zutreffende sollte letztendlich aber von der Zugehörigkeit des Lesers in puncto Parteiendenkens, selbst entschieden werden.

FH...

… @Jens Richter (FW): Ob Winkelzug, oder nicht: Ihre Einlassung kann man so nicht stehen lassen. Durch die Listenwahl haben alle abgegebenen Stimmen gleiches Gewicht. Ferner rücken durch dieses Wahlrecht Themen und Gruppeninteressen in den Vordergrund und es haben nicht nur die bekanntesten Köpfe eine Chance, in den Gemeinderat zu kommen, sondern eben die – ggf. nicht so bekannten – Interessenvertreter. Nebenbei: Bei einer reinen Personenwahl säßen jetzt im Rat: CDU 8 (statt 6), FW 9 (statt 7), SPD 1 (statt 3), Grüne 7 (statt 6), FDP 1 (statt 2) und JL 0 (statt 2)…