Pilotprojekt zur Innenverdichtung in Staffort gescheitert

Weingartener Straße Staffort

Beitragsbild: Martin Strohal

Von Martin Strohal | 16.05.2022 8:39 | 3 Kommentare

“Südlich Weingartener- und Bruchstraße” hieß das Pilotprojekt in Staffort. Gemeinsam mit den Eigentümerinnen und Eigentümern sollte ein Plan zur Bebauung im hinteren Bereich der Grundstücke entwickelt werden. Das Gebiet war gewählt worden, da aus dem dortigen Bereich mehrere Interessensbekundungen zum Bauen in zweiter Reihe gekommen waren. Ein von der Stadtverwaltung verteilter Fragebogen stieß jedoch auf Ablehnung. Deshalb soll das Vorhaben nicht weiter verfolgt werden.

Coronabedingt hatte die Stadtverwaltung die betroffene Bevölkerung nicht im Rahmen einer Informationsveranstaltung eingebunden, sondern nur in schriftlicher Form. Ziel der Stadt war, Planungsrecht für das Gebiet zu schaffen, um dort das Bauen in zweiter und dritter Reihe zu ermöglichen. Die Beteiligung am Fragebogen war hoch; knapp 90 Prozent betrug die Rücklaufquote. Deutlich ablehnend reagierten die Befragten auf das Vorhaben. Sie kündigten große Gegenwehr an, sollten weitere Schritte unternommen werden.

In den Freitext-Antworten plädierten die Befragten für Erhaltung der Grünflächen, zeigten kein Interesse an Veränderungen oder hätten nicht die erforderlichen finanziellen Mittel, um sich an den Kosten zu beteiligen.

Bereich “Südlich Weingartener- und Bruchstraße” Staffort

Ortsvorsteherin Melitta Bernauer (Freie Wähler) zeigte sich in der Gemeinderatssitzung Ende April sehr überrascht über das Ergebnis. In dem Gebiet seien immer wieder Bauanträge gestellt worden, viele junge Familien suchten Grundstücke in Staffort. Gleichwohl müsse die Angst respektiert werden, dass Staffort seinen dörflichen Charakter verlieren könnte.

“Wir müssen erkennen, dass Innenverdichtung oftmals an Strukturen scheitert, die die Bewohner nicht aufgeben wollen”, stellte Nicole LaCroix (CDU/FDP-Fraktion) fest. Für sie bleibe künftig nur der Weg, dass sich Bürger künftig in Straßenzügen zusammenschließen und auf die Stadtverwaltung zukommen müssten, wenn sie den hinteren Bereich ihrer Grundstücke bebauen wollten. “Es bringt nichts, wenn wir ein Verfahren gegen den Willen der Anwohner initiieren”, so LaCroix. Hier habe man sehr viel zerschlagenes Porzellan hinterlassen. Ein persönlicher Dialog wäre besser gewesen, hätte aber vermutlich zum gleichen Ergebnis geführt.

“Den Bürgern ist der persönliche Vorteil vermutlich nicht klar geworden”, mutmaßte Susanne Suhr (Grüne). Ihre Fraktion bevorzuge weiterhin die Innen- vor der Außenentwicklung. “Die Menschen wollen den dörflichen Bereich bewahren”, so Wolfgang Sickinger (SPD). Auch in Blankenloch habe es Widerstände gegeben. Gleichzeitig müsse man die Zersiedlung der Landschaft mit ihren ökologischen Nachteilen vermeiden. Es gehe nicht nur darum, Leuten von außen Wohnraum zu bieten. Auch von innen sei der Siedlungsdruck groß. “Junge Leute wollen vor Ort bleiben”, meinte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Er schlug vor, das Thema im Rahmen des Stadtentwicklungsplans weiter zu betrachten.

Karin Vogel (Freie Wähler) schlug eine große allgemeine Veranstaltung zum Thema Innenentwicklung vor, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Dem schlossen sich weitere Gremiumsmitglieder an.

Das Projekt “Südlich Weingartener- und Bruchstraße” in Staffort soll nicht weiterverfolgt werden.

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Insider

Das Gebiet war gewählt worden, da aus dem dortigen Bereich mehrere Interessensbekundungen zum Bauen in zweiter Reihe gekommen waren. Ein von der Stadtverwaltung verteilter Fragebogen stieß jedoch auf Ablehnung.

Muss man das jetzt verstehen? Ich glaube nicht…
Zumindest wurden hier mal die Meinungen der Anwohner bzw. Bewohner klar ausgedrückt. Kein Mensch, setzt sich in seinen Hof noch freiwillig zwei Doppelhaushälften, sprich zwei Familien dazu. Schon früher bargen Doppelhöfe nichts als Ärger und daran hat sich auch heute nichts geändert.
Wenn es nicht gerade die eigenen Kinder sind, was übrigens auch schon zu Problemen führen kann, dann dürfte jedem klar sein, dass dies keine Option ist.

-kwg-

Es gab auch schon einmal andere Zeiten, aber gleiche Überlegungen in Stutensee und anderswo, nur da wollten Besitzer von großen, bereits bebauten Grundstücken, eine dortige zusätzliche Bebauung z.B. für ihre Kinder, ermöglichen. Man hat allerdings dem damals vernünftig klingenden Ansinnen bauwilliger Bürger, von Seiten der Bau-und Genehmigungsbehörde, immer eine gewollte bauliche Umsetzung versagt. Was für eine derzeit, gewaltige gesellschaftliche Zeitenwende und ein nicht zu erwartender Erdrutsch, von früher teilweise vorgeschobenen prüfstatischen Fehleinschätzungen einer geplanten Aufstockung, sowie illegalen Kniestöcken und ignorierten, vorgeschriebenen Dachneigungen. Die Betongüte B 300 verändert sich nicht. Ob sie von einem Prüfstatiker 1976 ablehnend oder 2022 als Grundlage einer Innenverdichtung physikalisch und mathematisch nunmehr zustimmend bewertet wird .

Stutenseer

Ich hoffe doch sehr, dass auch in anderen Pilotbereichen die Anwohner gefragt werden. Die Ergebnisse werden der Verwaltung und dem Gemeinderat zwar nicht gefallen, aber das ist nun mal gelebte Demokratie.
Zumal dann unsere städtische Gremien endlich gezwungen werden, sich mit den mehr als überfälligen Flächennutzungsplänen und der Ausweisung von Neubaugebieten zu befassen. Ein Thema was ja schon länger gemieden wird wie der Teufel das Weihwasser. Das wird aber nichts helfen, denn nur über die herbeigeredete Innerortsverdichtung allein, die seitens der Bevölkerung eh unbeliebt ist, werden die benötigten Wohnungen nicht entstehen. Auch wenn das unseren Grünen vor Ort und diversen ansäßigen Landwirten nicht passen wird. Die Wahrheit ist selten ideologisch, sie liegt eher in der Mitte aller Optionen.