5 Jahre nach dem Bürgerentscheid

Bürgerentscheid Lachwald

Beitragsbild: Thomas Riedel

Von Martin Strohal | 09.03.2023 20:52 | 6 Kommentare

Am 18. Februar 2018 fand der erste und bisher einzige Bürgerentscheid in Stutensee statt. Damals ging es um das Vorhaben, einen großen Teil des Büchiger Lachwaldes für Wohnbebauung abholzen zu lassen. Fünf Jahre später wollen wir nun von den Gemeinderatsfraktionen, der Stadtverwaltung und den Bürgerinitiativen erfahren, wie sie das Verfahren heute bewerten.

Zur Erinnerung: Der Entscheid richtete sich gegen den Beschluss des Gemeinderats, die Hälfte der Fläche das Lachwalds bei Büchig für Wohnbebauung zu nutzen. Initiiert wurde das Verfahren von der Bürgerinitiative “Lachwald erhalten”, einer von zwei Bürgerinitiativen, die sich für den Erhalt des Waldes einsetzten. Die Gemeinderatsfraktionen von CDU/FDP, Freien Wählern und SPD schlossen sich als “Allianz für Stutensee” zusammen, welche die Büger:innen von der Bebauung überzeugen sollte. Einzig die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzte sich für den Erhalt des Waldes ein. Die Bevölkerung stimmte schließlich in allen Stadtteilen für die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses.

Unser Video vom Wahlabend, dem 18. Februar 2018:

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Für die folgenden Themenblöcke haben wir alle aktuellen Gemeinderatsfraktionen, die Sprecher der beiden Bürgerinitiativen sowie die Stadtverwaltung angefragt.

Rückblick

Zunächst wollten wir wissen, wie die Beteiligten ihre Rolle im zeitlichen Abstand bewerten. Würden sie heute genauso wieder handeln?

“Das Thema Lachwaldbebauung ist vom Tisch, der Lachwald wurde dauerhaft aus dem Flächennutzungsplan gestrichen. Dies war die Konsequenz aus dem eindeutigen Ergebnis des Bürgerentscheids. Dieses gab uns Recht, weshalb wir heute genauso wieder handeln würden und bei Bedarf handeln werden”, so Jochen Heger, Vertreter der der BI “Lachwald erhalten”.

Auch Klaus Gompper von der BI “Rettet den Lachwald” meint, dass die damaligen Argumente für den Erhalt des Waldes nichts an Aktualität verloren hätten. “Die Stutenseer Bürgerinnen und Bürger haben mit ihrer klaren Entscheidung ein Zeichen gesetzt, für den Wald aber auch deutlich gegen eine nicht tragbare Entscheidung des Stutenseer Gemeinderats und des damaligen Oberbürgermeisters. Und ja, ich würde heute genauso handeln wie damals.”

“Das Thema Lachwaldbebauung ist durch den Bürgerentscheid endgültig von der politischen Tagesordnung in Stutensee gestrichen. Damals wollte eine große Mehrheit des Gemeinderates der Wohnungsnot in unserer Region Abhilfe schaffen. Allerdings zeigte der Bürgerentscheid, dass die Mehrheit der Mitbürger*innen dies anders bewertete und der Erhaltung des Lachwaldes Priorität gaben”, so die Freien Wähler.

Für die Grünen ist der Bürgerentscheid ein “Aufleuchten der Basisdemokratie”. “Wir Grüne Stutensee haben die Bevölkerung über die Planungen informiert und unterstützt. Wir würden uns auch heute ebenso klar und deutlich für den Wald, für Ökologie und Klimaschutz und den Schutz des Kleinklimas einsetzen.” Auch entsprechende Informationsveranstaltungen würden sie wieder durchführen.

“Hätte man den Ausgang der Thematik vorausgesehen, hätten weder die Verwaltung noch der Gemeinderat den Lachwaldbeschluss gefasst”, so die CDU/FDP-Fraktion. “Motivation der Entscheidungsträger war damals, bezahlbaren Wohnraum auf gemeindeeigenen Flächen zu schaffen und durch die Grundstückseinnahmen noch Investitionen gerade im Kindergarten- und Schulbereich zu tätigen, die dringend notwendig wären. Für beides gibt es bis heute noch keine Alternativlösungen.”

“Fünf Jahre nach dem Bürgerentscheid zur Teilbebauung des Lachwaldes ist für die 2019 neu gewählte und zusammengesetzte SPD-Fraktion das Thema abgehakt”, betont die SPD-Fraktion. “Das eindeutige Bürgervotum, das keinen Deutungsspielraum offenließ, hat bereits die ehemalige Fraktion ohne Wenn und Aber akzeptiert; und auch für die gegenwärtige Fraktion ist der dauerhafte Bestand des Lachwaldes endgültig geklärt. Von daher bringt es nichts, auf die alten Auseinandersetzungen und Diskussionen zurückzublenden.”

Kornel Stiegeler, der Referent der Oberbürgermeisterin, stellt fest: “Im Rahmen des Entscheids im Februar 2018 wurde die zu beantwortende Sachfrage entschieden.”

Zugeschüttete Gräben

Der wochenlange, oftmals von beiden Seiten sehr emotional geführte Wahlkampf im Vorfeld der Abstimmung damals ließ Gräben entstehen. Existieren diese heute noch oder konnten die Beteiligten wieder aufeinander zugehen?

Hier geben sich alle Seiten zuversichtlich und optimistisch.

“Es ist nachvollziehbar, dass die Gegner*innen des Bürgerentscheids zunächst Schwierigkeiten hatten, das Ergebnis anzunehmen”, so die Grünen. “Wir hatten jedoch sehr bald nach den Veränderungen, etwa der Wahl von Frau Becker, der Neuwahl des Gemeinderats und der Ernennung von Frau Schönhaar, den Eindruck, dass der Blick nun nach vorne gerichtet wurde. Die ‘Gräben’ sehen wir heute nicht mehr.”

“Ich denke, die Gräben sind mittlerweile größtenteils zugeschüttet”, meint Klaus Gompper. “Der Umgang der ehemaligen Gegner und Befürworter miteinander hat sich bis auf wenige Ausnahmen nach dem Bürgerentscheid sehr schnell wieder normalisiert. Und das ist gut so. Leider gibt es noch einige wenige, die weiter auf Konfrontation setzen oder die bis heute nicht überwunden haben, dass sich Bürgerinnen und Bürger erfolgreich und zu Recht gegen ihre Entscheidungen gewehrt haben. Und das bedaure ich.”

“Ich würde hier nicht von Gräben sprechen”, so Nicole LaCroix für die CDU/FDP-Fraktion. “Die Mehrheit der Lachwaldgegner konnte durchaus differenzieren, dass es in der Politik unterschiedliche Auffassungen und Sichtweisen gibt. Leider gab es aber auch Aktionen Einzelner, die unter der Gürtellinie waren, wie etwa Särge und Kreuze vor Häusern von Gemeinderäten zu positionieren. Dies erinnerte schon sehr an mittelalterliche Methoden der öffentlichen Bloßstellung. Aber dieses Vorgehen repräsentierte nicht die Mehrheit derer, die im Bürgerentscheid für den Erhalt gestimmt haben.”

“Unterschiedliche Meinungen oder Positionen sind in der Demokratie legitim, aber immer themenbezogen”, so die Freien Wähler. “Die Diskussion war seinerzeit durchaus polarisiert, aber ‘Gräben’ sehen wir heute nicht, schließlich ist das Thema vom Tisch. Seit dem Bürgerentscheid sind neue Themen wie die Güterbahntrasse, die Energiekrise, der Krieg in der Ukraine oder die Flüchtlingsfrage in den Vordergrund getreten und bestimmen die Diskussion.”

Auch die SPD-Fraktion sieht keine Gräben mehr: “Wir haben auch mit Vertretern der Bürgerinitiativen Gespräche geführt und haben den Eindruck gewonnen, dass die Situation geklärt und befriedet ist.”

Die Junge Liste war vor fünf Jahren noch nicht im Gemeinderat vertreten. “Für die damals Beteiligten kann ich nicht sprechen. Ich hoffe allerdings, dass mancher Graben flacher wurde und sich mit zeitlichem Abstand eine gewisse Milde gegenüber dem jeweils anderen und so mancher überschießender Äußerung einstellt”, erklärt Tobias Walter.

Veränderungen der politischen Kultur

Ein großes Anliegen in der Bevölkerung war damals, künftig stärker in politische Entscheidungen einbezogen zu werden. Hat es hier Veränderungen gegeben?

“Hinsichtlich des Waldes gibt es keine Veränderungen”, meint Jochen Heger von der Bürgerinitiative “Lachwald erhalten”. “Eine Bürgerbeteiligung bei der Erstellung der „Waldnaturschutzkonzeption“ hat die Oberbürgermeisterin mit der Begründung verweigert, man müsse handlungsfähig bleiben.”

“Nach der katastrophalen ,Informationsveranstaltung’ 2017 in der vollbesetzten Festhalle zum Thema Lachwaldbebauung, bei der Stadtverwaltung, Nachbarschafts- und Regionalverband vereint die Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt hatten, war eigentlich klar, dass so keine Bürgerbeteiligung aussehen kann und darf”, meint Klaus Gompper. “Unter dem Eindruck der Lachwaldauseinandersetzung gab es dann im Spätjahr 2017 und in 2018 unter großer Beteiligung eine ,Perspektivwerkstatt Zukunft-Stutensee – Wohnen’, deren Ergebnisse Ende Oktober 2018 von Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt wurden. Damals hatte man den Eindruck, es gäbe nun die stärkere Einbeziehung der Bürger in Entscheidungsprozesse. Doch was ist in den letzten fünf Jahren daraus geworden? Wurden die Ergebnisse umgesetzt? 2022 gab es neue Ansätze zum Stadtentwicklungsplan (STEP). Doch die Beteiligung der Bürgerschaft war diesmal minimal. Ich habe den Eindruck, dass durchaus Interesse an einer Beteiligung besteht, wenn man aber sieht, dass eigentlich nichts umgesetzt wird, erlahmt das Interesse schnell.”

“Bürgerbeteiligung ist in aller Munde und war auch eines der Kernthemen im OB-Wahlkampf”, so die CDU/FDP-Fraktion. “Auch wenn sich hier bereits vor dem Bürgerentscheid einiges zum Positiven verändert hatte und die Bürger mittels Arbeitsgruppen einbezogen wurden, ist die Bürgerbeiteiligung unseres Erachtens weiter ausbaufähig. Sowohl das Jugendforum als auch der Seniorenbeirat sollten z.B. mehr Mitgestaltungsrecht bekommen. Jedoch stellt man gerade auch beim Prozess des Stadtentwicklungsplans (STEP) fest, dass das Angebot der Bürgerbeteiligung von der Bevölkerung nicht immer wahrgenommen wird. Die Veranstaltungen sind leider kaum besucht, obwohl der Gemeinderat mit vereinbarter Reduzierung seiner Präsenz, den Bürgern die Möglichkeit geben wollte, mit starker Stimme zu sprechen.”

“Die Stadt und auch der Gemeinderat haben sich nach dem Bürgerentscheid anfänglich schwer getan, die politische Kultur zu ändern”, so die Grünen. “Allerdings haben wir das Gefühl, dass seit dem letzten Jahr verstärkt versucht wird, Entscheidungsprozesse offener und transparenter zu gestalten. Auch wird versucht, die Bevölkerung aktiv einzubinden. Allerdings zeigt etwa der Prozess um den Stadtentwicklungsplan angesichts der schwachen Beteiligung, dass in den nächsten Jahren noch mehr und verschiedene Wege zur Kommunikation mit der Bevölkerung ausprobiert werden müssen. Denn es ist weiterhin zu beobachten, dass Menschen, welche nicht den Einblick in die Vorgänge des Gemeinderats haben, manchmal misstrauisch sind. Hier haben wir, die Stadt und die Politik, noch viel zu tun, um die Menschen auf den Weg in die Zukunft Stutensees mitzunehmen.”

“Die politische Kultur hat sich sicher gewandelt”, meint Klaus Mayer für die Freien Wähler. “Stutensee hat seither sehr viel mehr die Einbeziehung der Bürger*innen in Entscheidungsprozesse praktiziert. Transparenz und Bürgerbeteiligung sind dem Gemeinderat und der Verwaltung sehr wichtig. Beispiele reichen vom „Seniorenwohnen in Spöck“ bis hin zum Stadtentwicklungsplan.  Gerade der STEP-Prozess, mit seinen vielen interaktiven Veranstaltungen und digitalen Beteiligungsmöglichkeiten, ist eine großartige Möglichkeit sich einzubringen um die strategische Ausrichtung der Entwicklung unserer Stadt für die nächsten zehn bis zwölf Jahre mitzubestimmen.”

“Für die SPD-Fraktion war die Bürgerbeteiligung an den kommunalen Zukunftsthemen nicht erst seit dem Zeitpunkt des Bürgerentscheides  wichtig. Bereits geraume Zeit zuvor haben wir auf die Notwendigkeit eines ,Masterplanes’ für Stutensee natürlich unter Beteiligung der Bürgerschaft hingewiesen. Deshalb sind wir sehr froh, dass endlich der mehrfach von uns geforderte Stadtentwicklungsplan unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erarbeitet wird. In unserer aktuellen Haushaltsrede haben wir dies folgendermaßen ausgedrückt: ‘Die Bürgerbeteiligung in Form von Workshops und Fachforen sowie durch ein digitales Format wurde vor Kurzem abgeschlossen, und der Gemeinderat hat nun die Aufgabe, die Vielzahl der Anregungen auszuwerten und zu einem überzeugenden Konzept mit klarer Prioritätensetzung zu bündeln.Wir halten ein solches Konzept für unerlässlich, um den Blick über das Tagesgeschäft hinaus auszuweiten und den zukünftigen Herausforderungen in fast allen Lebensbereichen gerecht zu werden. Diese Herausforderungen betreffen insbesondere die Zukunft der jungen Menschen, die – falls noch nicht geschehen – etwa in Form des Jugendforums an dem Stadtentwicklungsprozess beteiligt werden sollten.'”

“Eine der ersten Reaktionen auf die fehlende Beteiligung der Bevölkerung war der Bürgerbeteiligungsprozess ‘Zukunft Wohnen Stutensee'”, erinnert sich Tobias Walter von der Jungen Liste. “Danach folgten hauptsächlich themenbezogene Beteiligungen, wie beispielsweise für das ,Wohnen im Alter’ in Spöck oder zur Wasserenthärtung. Mit dem Stadtentwicklungsplan versucht man mit der Bürgerschaft eine längerfristige Strategie für Stutensee zu entwickeln. Mit Blick auf die unterschiedliche Resonanz der Formate glaube ich, dass wir beides brauchen: Themenbezogene Beteiligungsformate und eine langfristige Strategie. Und hierbei sehe ich noch Luft nach oben: Stichworte sind das Jugendforum, das zu selten tagt, die Pilotprojekte der Innenentwicklung, die mehr als unglücklich kommuniziert wurden, oder Termine beim Stadtentwicklungsplan, die sehr kurzfristig angekündigt werden. Die Reaktionen der Bevölkerung zeigen deutlich, dass man frühzeitig und sachgemäß über Entwicklungen informiert und vor Entscheidungen beteiligt werden möchte!”

“Die Stadt Stutensee hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Beteiligungsangebote umgesetzt”, so OB-Referent Stiegeler. “So wurden projektbezogene Beteiligungs- und Informationsveranstaltungen, beispielsweise zur zentralen Wasserenthärtung, zum Plangebiet ‘Wohnpark Mittendrin’, zur Digitalisierungsstrategie der Stadt Stutensee, zum Thema ‘Wohnen im Alter’ oder für das Begegnungszentrum ‘Regenbogen’ in Spöck durchgeführt, welche jeweils auf großes Interesse in der Bevölkerung stießen.” Neben projektbezogener Beteiligung sei der Verwaltung auch Transparenz im Tagesgeschäft wichtig. Als Beispiele zählt Stiegeler den Live-Ticker aus Gemeinderatssitzungen, regelmäßige Einwohnerversammlungen sowie Sprechstunden der Oberbürgermeisterin auf. Außerdem würden Bevölkerungsgruppen über Jugendforum und Seniorenbeirat eingebunden.

Ausblick: Künftige Neubaugebiete

Nach dem Bürgerentscheid wurden alle möglichen Flächen für Neubaugebiete in Blankenloch und Büchig in einem sogenannten Flächenpool zusammengefasst. Im Rahmen des Stadtentwicklungsplans 2035 sollen diese neu festgelegt werden.

“Bei der Flächensituation hat sich tatsächlich nichts geändert”, so Jochen Heger. “In Blankenloch gibt es seit vielen Jahren riesige, mit allen Behörden abgestimmte Flächen zur Bebauung südwestlich der Bahn. Sie sind unstrittig und genehmigt. Neue Flächen festzulegen ist konfliktreich.”

Klaus Gompper betont, dass die Lachwald-Fläche endgültig aus Flächennutzungsplänen gestrichen sei. Dafür habe sich seine Bürgerinitiative eingesetzt. “Ich gehe davon aus, dass das Thema Lachwaldbebauung damit vom Tisch ist. lnwieweit es zu Konflikten wegen der anderen diskutierten Wohnbauflächen in Blankenloch oder Büchig kommen kann, kann ich nicht beurteilen.”

“Im Rahmen dieses Prozesses ist uns auch die Bereitstellung bezahlbaren und sozialen Wohnraums im Rahmen einer maßvollen Innenverdichtung wichtig”, betont Wolfgang Sickinger für die SPD. “Der Aktivierung von Potenzialen in den Innenbereichen geben wir den Vorrang vor der Inanspruchnahme von Außenbereichen. Wir erhoffen uns dafür die notwendige Akzeptanz bei der Bevölkerung, damit zukünftig möglichst wenige Außenflächen aus dem ,Flächenpool’ als Bauland ausgewiesen werden müssen.”

“Würde die Verwaltung oder der Gemeinderat nicht mit Konflikten rechnen, hätte man sicher schon Flächen definiert”, so die CDU/FDP-Fraktion. “Es ist mittlerweile schwer, Neubaugebiete auszuweisen, auch wenn die Notwendigkeit aufgrund der Wohnungsnot besteht.”

Auch die Grünen rechnen mit weiteren Konflikten im Gemeinderat. Sie möchten die Flächen aus dem Flächenpool komplett streichen. “Wir kritisieren sehr klar, dass Stutensee in den letzten Jahren viel zu schnell gewachsen ist und hierbei erhebliche Flächen in den Außenbereichen bebaut hat. Aktuell wird das Baugebiet 24 Morgen-Äcker in Spöck bebaut. Friedrichstal-Süd wird in den nächsten Jahren besprochen werden. Neben der sich kontinuierlich vollziehenden Innenentwicklung ist also weiterhin sehr viel im Außenbereich in Planung.” Stutensee müsse innehalten und die Infrastruktur an die Bevölkerung anpassen. “Unsere Generation hat schon mehr als genug Flächen beansprucht und verbraucht. Unsere Kinder und Enkelkinder müssen ebenfalls noch eine Möglichkeit haben, Entscheidungen über Flächen zu treffen.”

“Wenn es um Flächen im Außenbereich geht, und davon sprechen wir hier, wird es immer unterschiedliche Positionen und kontroverse Diskussionen geben”, so die Freien Wähler. “Die ‘Verortung’ des Flächenpools ist durch unterschiedliche Restriktionen kein einfaches Unterfangen. Die Frage ist also nicht ob es Konflikte gibt, sondern wie wir mit den Konflikten umgehen. Gerade in dieser Hinsicht haben wir uns deutlich in Stutensee weiterentwickelt. Diese Diskussion muss im Zusammenhang mit dem Stadtentwicklungsplan STEP geführt werden, der, wie bereits gesagt, viele Beteiligungsmöglichkeiten bietet.”

“Die Schaffung von Wohnraum – insbesondere bezahlbarem Wohnraum – ist nach wie vor eines der drängenden Themen in Stutensee”, so die Junge Liste. “Wir können uns dem Zuzugsdruck in einer rundum attraktiven Region nicht entziehen. Bei der Ausweisung neuer Flächen im Außenbereich, aber auch in der Innenentwicklung liegt grundsätzlich Konfliktpotenzial. Es ist richtig, dass im Stadtentwicklungsplan über diese Flächen in Blankenloch/Büchig diskutiert und auf dieser Grundlage entschieden wird.”

forum Kommentare

-kwg-

Ich denke, dass man bei der südwestlichen Fläche, auch etwas von der in der neuerlichen Auswahl auftauchenden „riesigen“ südlichen Eggensteinerstrasse spricht und nicht nur von der Nördlichen. Inwieweit diese dann unstrittig und genehmigt ist, wird man spätestens sehen und erleben, wie auch in allen anderen Fällen, sobald der Stadtrat im Einvernehmen mit dem Regionalverband, dann zu einer wagen Festlegung kommen wird. In diesem Rückblick und Ausblick kann man jetzt schon die unzähligen KONFLIKTE herauslesen, die es geben wird. Dabei wird es allerdings keine Rolle spielen, in welchem Gebiet letztendlich der Wurfpfeil ohne Weitblick landen wird. Konflikte sind vorgezeichnet. Hochwertigste Landwirtschaftsflächen, dazu noch generierendes Entstehungsgebiet der örtlichen Trinkwasserbeschaffung, da spricht man von abgestimmten, riesigen Flächen? Ich würde eher sagen – von irgendjemand vorbestimmt. Aber sicher noch nicht vom Stadtrat als abgeschlossen zu bezeichnen. Obwohl im bereits viele Jahre vorhandenen Planungspool, einzelne brauchbare Gebiete schon zu lange vor sich hergeschoben werden, in Steckbriefen eine sehr gute Einschätzung erhalten und sicherlich auch die bürgerliche Vernunft, dass es doch nicht ohne eine Ausweisung von Flächen gehen wird, wird sich jede Entscheidung als konfliktreich erweisen und genug Für- und Gegensprecher finden. Die von der Jungen Liste getroffenen Aussagen bringen es auf den Punkt und zeigen die Schwierigkeiten auf: „Dem Zuzug wird man sich nicht entziehen können“ und in der „Ausweisung neuer Flächen, aber auch in der Innenentwicklung, liegt grundsätzlich Konfliktpotential“. Das nenne ich Volltreffer mit jugendlichem Durchblick. Egal was man tut- KONFLIKTE- egal wo man es tut!!! Die einmal vor langer Zeit großzügige Gewährung innerörtlicher Bebauungsplanungen ohne z.B. STEP1980, können durch die Innenverdichtung nicht rückgängig gemacht werden. Sie werden für viel größere Konflikte sorgen, wie sich das manch einer der schlauen Planungstüftler denkt. Nur wieder in alte Muster zu verfallen, und bei Neuplanungen die gleichen Fehler zu machen, sollte nicht passieren. Also Konflikte hin oder her- es gibt noch genug Flächen, die eine Entwicklung von Bauherr*Innen möglich machen, ohne zu große Zwänge, aber mit klarem Blick und Menschenverstand für die derzeitige Situation, und ohne Schaden für die bald wieder auflebende regionale Landwirtschaft. Weg von Spargel aus Peru, oder Erdbeeren aus Grönland- hin zu unterschiedlichen regionalen Genussformen zeitlicher Wachstumsphasen. Und dabei sollte man sich auch einmal ernsthaft überlegen, warum man Gebiete mit, weil es gerade Trend ist oder war, mit kommunalen Schutzbedürfnissen versieht, die man dann irgendwann mit Drohnen überfliegen muss, um die einmal getroffenen Schutzentscheidungen erst aus sicherer, luftiger Höhe überprüfen zu können. Das kann man auch mit dem Fahrrad erkunden, was es heißt- sich in allen Dingen dem allgemeinen Ruf nach Verbesserungen anzuschließen, aber dann erst nach Jahrzehnten wieder festzustellen, dass da ja mal noch was war. Ich wünsche viel Spaß beim Lösen der mit jedem weiteren Tag wachsenden Konflikte.

maction

Vielen Dank an meinstutensee.de für diesen aufschlussreichen Rückblick sowie die Erinnerung an diese Zäsur in Stutensee. :-)

Allerdings überrascht mich manche rückblickende Bewertung der Geschehnisse aus Politik und Verwaltung, die mehr von Opportunismus wie von Einsicht und Veränderung geprägt zu sein scheinen.

FH...

… CDU, immer noch nichts dazu gelernt. Das „Geschäftsmodell“ durch Ausweisung von Neubaugebieten Einnahmen für Investitionen zu generieren, wird weiterhin als alternativlos (s.o.) dargestellt. So jüngst auch in der CDU-Haushaltsrede 2023. Zitat: „Neubaugebiete […] waren […] für uns als Kommune in den vergangenen Jahren immer eine Möglichkeit, neben der Schaffung von Wohnraum, durch Umlagen und Wertabschöpfung zusätzliche Gelder in Millionenhöhe einzunehmen, um notwendige Ausgaben gegenfinanzieren zu können.“
CDU, schon mal was von Nachhaltigkeit gehört? – Obiges Modell geht auf Kosten unserer Natur und nachfolgenden Generationen, die diese Option – mangels Fläche – nicht mehr haben werden. Außerdem erfordern Neubaugebiete städtische Investition zum Ausbau benötigter Infrastruktur für die neuen Bürger*innen (z.B. Kindergärten, Erweiterung von Schulen, mehr Personal in der Gemeindeverwaltung, etc.). Bestenfalls ist dies ein Nullsummenspiel. Die Realität zeigt aber, dass gerade große Städte am höchsten verschuldet sind…

-kwg-

lieber FH — es ist ja auch bekannt, dass es Finanzmodelle gibt die so lauten- wer nichts hat- der muss halt warten bis er was kriegt! Das städtische Tafelsilber ist weitgehend veräußert, kleinere Erbschaften sind immer möglich- aber damit können die hohen Ansprüche der Bürger nicht nachhaltig befriedigt werden. Und solange Stutenseer in Bodenhaltung sich immer noch auf 1830 m² kommunaler Fläche pro Bürger bewegen können, ist es, wenn man sich in Gemeinschaftskommunen um Stutensee herum umschaut, immer noch sehr bequem, in diesem Stutenseer Modell zu leben, auch dann wenn man auf nochmals 100 ha Flächenbebauung verzichten müsste. Überträgt man nun dieses Flächenmodell auf Karlsruhe, so können sich die dortigen Siedler auf 566 m² schon auch noch bequem fühlen. Selbst wenn sich die Einwohnerzahl in Stutensee schlagartig verdoppeln würde, könnten wir immer noch allein die doppelte Fläche eines Karlsruhers besetzen. Wo ist also das Problem- vorerst gefragt. ??? Deshalb ist es auch für viele von uns verwunderlich, dass alle nach Monaco wollen, dass dort immer noch gebaut wird und dass jedem Einwohner die Fläche eines deutschen Hundezwingers zur Verfügung steht. Das wäre dann doch schon mit Käfighaltung zu erklären – doch davon ist man in Stutensee noch weit entfernt. Aber Monegassen brauchen auch kein marodes Schwimmbad in der Stadtmitte. Die springen ins Mittelmeer.

FH...

…@-kwg-: Im Unterschied zu KA ist Stutensee eine Flächengemeinde, die aus dem Zusammenschluss von fünf räumlich getrennten, noch moderat besiedelten, Dörfern besteht. Eine einfache Rechnung gemäß bebauter Fläche pro Einwohner*in – und ein Vergleich zu KA – ist daher nicht sinnvoll, außer man will die Grünzäsuren zwischen den Dörfern – aka Stadtteile – aufgeben und alles zusammenwachsen lassen…

-kwg-

FH….Ja war ja auch nicht so ernst gemeint. Denn wenn man den direkten Vergleich mit Monte Carlo ziehen würde, dann wäre Karlsruhe ein riesiger grüner Park mit großen Auslaufflächen. Ein Vergleich mit umliegenden Flächengemeinden sieht Stutensee im guten Mittelfeldeld ohne Abstiegssorgen, während Tabellenführer Weingarten als Einzelvergleich, da extrem herausfällt. Die haben eigentlich auch gute Verkehrs-Anbindungen an KA, scheinen aber da am städtischen Gürtel, doch noch mehr Muskeln, in Form von Abwehrkraft zu entwickeln wie ein Speckgürtel. Auch Bruchsal hat noch ganz schön Nachholbedarf, was die Populationsdichte betrifft. Das könnte aber an der Berechnungsformel von 600 Sonderbewohnern in der JVA liegen. Dort beträgt die Dichte rechnerisch 6000 vorläufige Bewohner pro km², aber trotzdem immer noch nur über halb soviel wie in Monaco.