Ohrenschau-Talk März 2023
Wenn die helfenden Hände bei Veranstaltungen fehlen, ist das für viele Vereine natürlich ärgerlich. Finden sich aber auch keine Nachwuchskräfte mehr für den Vorstand, kann das schnell zu einer wirklich bedrohlichen Situation werden. Denn ohne Vorstand darf ein Verein nicht sein.
Nach gesundheitsbedingter Pause haben sich Martin und Olaf nun erstmals wieder zu einem Ohrenschau-Talk getroffen und im windgeschüttelten Friedrichstal voll und ganz auf dieses einzige Thema konzentriert.
Was wissen wir als Redaktion über die Zustände in Stutensee? Wie kommentieren unsere Leser:innen den Hilferuf des FC Germania Friedrichstal? Welche Vorschläge kennen wir dazu? Haben kritische Stimmen recht, wenn sie von “Dienstleistungsmentalität” sprechen und ist das möglicherweise das Ende der Vereine “as we know them”?
Antworten haben die beiden auch nicht gefunden, dafür aber kräftig sinniert und kommentiert. Damit wir bald auch Antworten präsentieren können, wird es das Ohrenschau-Format künftig auch mit Gästen von außen geben.
forum Kommentare
Dieses örtliche Vereinsleben heutzutage unterscheidet sich zunehmend von früheren Vortagen und nimmt schon länger einen unerwarteten abschwächenden Verlauf. Ich habe die damalige “68 er -Defusion” des SVB in Blankenloch miterlebt, als sich die TSG aus dem SVB abgespalten und neu gegründet hat. Das war lange Zeit Dorfkampf pur. Das waren richtige, nicht angemeldete Demos mit Kampfveranstaltungen. Das hat lange gedauert bis die mit der Vereinsbildung begründete Feindschaft sich in gegenseitige Akzeptanz verwandelt hat. Auch die gribbelnde Feindschaft zwischen den beiden Gesangsvereinen 1884 Concordia und 1898 Sängerbund war “im Dorf” auf allen Eckbänken und Stammtischen der “Wirtschaften” spürbarer und fühlbarer Gigantismus. Je nach Mitgliederfamilien und den aufgestauten verpflichtenden Vereinserinnerungen ging das direkt hinein in den familiär – verwandtschaftlichen Bereich. Da wurde noch das wöchentliche Taschengeld gekürzt, wenn man als Sohn eines Sängers die Singstunde schwänzte. Wer zuerst ein Sängerheim baut und wer die meisten Mitglieder hat, das war das angesagte Streben, vergleichbar mit dem Beispiel– wer als erster auf dem Mond landet. Doch die Zeit hat sehr vieles verändert. Es hat sich vieles zur Gemeinsamkeit weiterentwickelt, auch durch späte Einsichten und gebildete neue Vereinsstrukturen, sowie die Toleranz bei Nachrückern. Das damalige spürbare sture Konkurrenzdenken ist zwischenzeitlich eigener Verantwortung und gegenseitiger Rücksichtnahme gewichen. Da war es wirklich höchste Zeit. Die sich schon lange abzeichnenden Entwicklungen in den Strukturen des Nachwuchsbereich dieser traditionellen Vereinswirtschaft, zeigen ein katastrophales Bild. Ein jähes Ende für die weiteren Entwicklungen kultureller alteingesessener Vereine, rückt in greifbare Nähe. Ob die derzeit, auch aus wirtschaftlicher Vernunft und Überschaubarkeit geschlossenen Fusionen, überwiegend von Sportvereinen, dabei das gewünschte Überleben sichern, scheint noch nicht abschließend beantwortbar. Wer hätte je gedacht, dass die traditionellen Handballer aus Blankenloch irgendwann nicht mehr existent sein werden. Fusioniert mit Grötzingen, Weingarten, Friedrichstal. Das macht den Sport zwar immer noch erlebbar und existent, aber es ist ein anderer Mannschaftscharakter entstanden. Früher waren diese Sport-Derbys ausgetragen auf den Sportanlagen der Vereine, später in den neuen Sporthallen Bevölkerungsmagnete (bei vollbesetzten Rängen, nicht grundlos mit Regenschirmen ausgestattet, auch wenn draußen noch die Sonne schien). Heute finden diese direkten Vergleiche nicht mehr statt, weil sich die Vereine zusammengeschlossen haben. Das Zuschauer – und Unterstützerverhalten hat sofort die gewohnte Spannung verloren, weil urplötzlich auch die Rivalität nicht mehr vorhanden war. Und das ist und war bei Vielem zu verfolgen. Zwei Taubenvereine – Vogelverein- Geflügelzuchtverein usw. Wie es weitergeht – man wird es sehen ob frühere bekannte Aushängeschilder bei mehr Anerkennung durch die Politik oder mehr eigens verordneter Attraktivität, die gewünschte Resonanz und erwartete Unterstützung in der jungen Bevölkerung finden werden. Zur Aufrechterhaltung der Tradition wäre es dringend notwendig. Ob das allerdings ausreicht – ich weiß es auch nicht. Wir Älteren sehen das Ganze eben bekanntermaßen aus einem anderen Blickwinkel und dadurch altersbedingt auch durch eine entsprechend stärkere Brille. Möge es gelingen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.