Anbindung an die “Wärmeautobahn”?

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Beitragsbild: jarmoluk/pixabay.com

Von Martin Strohal | 12.04.2023 20:35 | Keine Kommentare

Im Landkreis Karlsruhe arbeiten verschiedene Akteure derzeit am Aufbau eines regionalen Wärmenetzes. Für die Planung soll eine eigene Projektentwicklunggesellschaft zuständig sein, deren Nachfolgerin das Netz später auch betreiben soll. Der Trassenverlauf ist zwischen Dettenheim über Graben-Neudorf und Bruchsal bis nach Bretten vorgesehen. Am dessen Rand befindliche Kommunen wie Stutensee haben die Möglichkeit, sich über eine Stichleitung anzuschließen. Im Mai soll der Gemeinderat entscheiden, ob er sich an der Projektentwicklungsgesellschaft beteiligen will.

Der Fokus der regionalen Wärmegewinnung für das Wärmenetz liegt auf der Tiefengeothermie. Damit könne etwa die Hälfte der benötigten Wärme erzeugt werden, so Jonas Wilke, designierter Geschäftsführer der Projektentwicklungsgesellschaft Regionaler Wärmeverbund GmbH & Co. KG (PEG) bei der Gemeinderatssitzung Ende März.

Das aktuelle Vorhaben ist eine Kooperation zwischen der UEA, den drei Stadtwerken Bretten, Bruchsal und Ettlingen sowie der BBE Energie GmbH, die eine gemeinsame Tochtergesellschaft der drei genannten Stadtwerke ist. Diese Kooperation wurde am 17. November 2022 beschlossen. Für die weitere Entwicklung zeichnet die PEG verantwortlich. Betreiber des regionalen Wärmeverbundes soll die Regionale Wärmenetzgesellschaft (RWG) sein, die aus der PEG hervorgehen soll. Insofern sind alle Gesellschafter der PEG zunächst auch als Gesellschafter der RWG vorgesehen.

“Je mehr Wärme abgenommen wird, desto günstiger wird das Vorhaben”

Der Landkreis wolle bis 2035 klimaneutral sein. Die Wärme spiele hierbei eine noch größere Rolle als die Stromerzeugung. Als weitere Wärmequellen stünden Biomasse und Seethermie zur Verfügung. Die Hälfte der benötigten Wärme soll über Wärmenetze, vorrangig erzeugt über Tiefengeothermie, zur Verfügung stehen. Ziel seien insbesondere ältere Gebäude, die sich mit Wärmepumpen nicht optimal beheizen lassen. In Neubaugebieten hingegen stehe aufgrund der Gebäudedämmung die Wärmepumpe im Fokus.

Die Nutzung von Wärmepumpen erhöhe den Strombedarf. Dieser könne im Landkreis teilweise über Photovoltaik, teilweise über Wind erzeugt werden. 75 Prozent des Energiebedarfs werde jedoch für Wärme benötigt. Die Wirtschaftlichkeit des regionalen Wärmenetzes, auch “Wärmeautobahn” genannt, soll sich über große Unternehmen in Bruchsal und Bretten ergeben. Je mehr Wärme abgenommen werde, desto günstiger werde das Vorhaben für alle. Einen Benutzungszwang werde es jedoch nicht geben. Betrieb und Bau sollen durch die Stadtwerke Bretten, Bruchsal und Ettlingen erfolgen.

Für Stutensee bestehe die Möglichkeit, sich im Norden von Spöck über eine Stichleitung anzuschließen. Innerhalb des Stadtgebiets müsste jedoch ein eigenes Ortsnetz erstellt werden. Dies müsse in Verantwortung der Stadt erfolgen. Laut Jonas Wilke sieht die zeitliche Planung so aus, dass bis Frühjahr 2025 Erdwärme in Graben-Neudorf gewonnen werden und bis 2027/28 die Trasse Bretten erreicht werden soll. Stichleitungen für Anbindungen seien nicht vor 2030 vorgesehen. Stutensee könne hierbei möglicherweise mit Karlsdorf-Neuthard zusammenarbeiten.

Was die Gemeinderatsfraktionen sagen

“Auch wenn wir kein direkter Anlieger des Wärmenetzes sind, sollten wir abwägen, ob wir teilnehmen wollen”, so Oberbürgermeisterin Petra Becker. Dies sei eine Chance. Aktuell gehe es nur um Informationen. Ob sich Stutensee an der Projektentwicklungsgesellschaft beteiligen wolle, stehe wohl erst im Mai zur Entscheidung an.

“Wir haben hohen Strom- und Wärmebedarf”, so Nicole LaCroix (CDU/FDP-Fraktion). Ein Riesenvorteil sei, dass die Wärmeautobahn nicht durch Stutensee führe. “Wir werden im ersten Schritt nur profitieren.” Allerdings sei der Anschluss des in Blankenloch geplanten Wärmenetzes an die Wärmeautobahn nur mit hohen Investitionen möglich. “Wenn wir es nicht tun, verbauen wir der nächsten Generation die Teilhabe.”

“Um Tiefengeothermie kommen wir nicht herum”, so Klaus Mayer (Freie Wähler). Bei wenig Umwelteinwirkungen liefere sie viel Energie. Das Vorhaben sei ein wichtiger Baustein für die Kommunen, aber auch ein enormer Invest.

“Wir begrüßen es sehr, alle Optionen offen zu haben”, so Kathrin Weisser (Grüne).

“Wir stehen der Sache sehr positiv gegenüber”, so Wolfgang Sickinger (SPD). Man müsse alle regenerativen Möglichkeiten nutzen und dürfe Tiefengeothermie nicht ausschließen. Für Büchig halte er eine Zusammenarbeit mit der Stadt Karlsruhe für sinnvoll.

“Gut, dass wir das als Kommune angehen”, so Tobias Walter (Junge Liste). Wärme gehöre zur Daseinsvorsorge wie Strom und Wasser. Wie auch die anderen Fraktionen wies er auf den Bürgerentscheid in Waghäusel gegen Tiefengeothermie hin. “Die Leute haben Sorgen!” Das Gespräch mit den Bürgern sei die größte Aufgabe, sie müssten frühzeitig mitgenommen werden, auch wenn Stutensee nicht teilnehmen sollte. Die größte Angst der Bürger sei aus seiner Sicht, auf möglichen Schäden sitzen zu bleiben. Land und Bund müssten dieses Thema abräumen, indem sie in solchen Fällen einspringen, meinte er.

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