Insider berichtet aus dem Lehrerzimmer

Markus Orths liest aus seinem Roman "Lehrerzimmer"

Beitragsbild: Martin Strohal

Von Martin Strohal | 23.11.2023 7:57 | Keine Kommentare

Für Außenstehende, insbesondere Schüler und Eltern, ist das Lehrerzimmer einer Schule ein geheimnisvoller Ort. Das Betreten ist nur den Lehrkräften gestattet. Der Autor Markus Orths kennt sich aus, sogar ganz konkret in Stutensee, wo er vor vielen Jahren als Referendar beschäftigt war. In seinem satirischen Roman “Lehrerzimmer” hat er seine Erfahrungen verarbeitet und überspitzt zu Papier gebracht. Am vergangenen Mittwoch hat er daraus gelesen.

Im September 1997 begann das Referendariat von Markus Orths am Thomas-Mann-Gymnasium (TMG). Viele Jahre ist das her, doch eine Besichtigung des Lehrerzimmers habe alte Erinnerungen hervorgerufen, erzählt er. Es folgte damals ein Jahr am Otto-Hahn-Gymnasium, bevor es ihn als Lehrer nach Göppingen verschlug. In dem Roman “Lehrerzimmer”, erschienen 2003, verarbeitete Orths diese Zeit. “Therapeutisches Schreiben”, nennt er das. Der Roman wurde sein Durchbruch als Autor. Den Lehrerberuf hängte er an den Nagel.

Autor Markus Orths

Etwa 70 Personen hatten sich am Mittwoch in der Mensa des Schulzentrums eingefunden, um der Lesung zu folgen. Darunter einige aktive und auch frühere Lehrer:innen. An ihren Reaktionen war deutlich zu erkennen, wie sie das Gelesene mit eigenen Erlebnissen verbanden. Aber auch bei Nicht-Pädagogen sorgten die Schilderungen für Schmunzeln und Gelächter. “In allen vorgelesenen Szenen liegt ein Korn Wahrheit”, bestätigte TMG-Direktor Christian Beck im Anschluss. Natürlich sei alles aber sehr pointiert und zugespitzt formuliert.

Der Roman handelt vom fiktiven Referendar Martin Kranich, der sich gewissenhaft auf seine erste Klasse vorbereitet, dann aber direkt am ersten Schultag als Krankheitsvertretung in eine andere geschickt wird – nämlich in die mit dem Sohn des Direktors. “Angst, Jammer, Schein und Lüge sind die vier Säulen des Schulsystems”, erfuhr er im Lehrerzimmer.

Sehr anschaulich wird im Buch von Feueralarm (“Fenster zu und Klassenbuch retten, der Rest kann verbrennen!”) über Raumtausche bis hin zu einer Fachkonferenz berichtet, bei der die Englischlehrer die “Klett-Diktatur” überwinden und zu Büchern von Cornelsen wechseln wollen.

Insgesamt schildert das Buch die ersten fünf Tage des Junglehrers. “Am Freitag kommt es zur Katastrophe”, verriet der Autor zum Abschluss.

Markus Orths ist hauptberuflicher Autor und hat eine ganze Reihe an Romanen, Kinder- und Jugendbüchern, aber auch Stücke für Film und Theater veröffentlicht. Insgesamt wurden sie in achtzehn Sprachen übersetzt. Das “Lehrerzimmer” gibt es beispielsweise auch auf Chinesisch und Indisch. In Deutschland ist das Buch im Verlag Schöffler & Co. erhältlich, auch als eBook und als Hörbuch.

Die Lesung ist Teil einer Veranstaltungsreihe zum fünfzigjährigen Jubiläum des Thomas-Mann-Gymnasiums. Am 14. Dezember geht es weiter, kündigte Physiklehrer Hartmut Aichert an, der die Veranstaltungen organisiert. Dann wird Dr. Andreas Haungs, Physiker am KIT, ans TMG kommen und darüber berichten, “wie Neutrinos in IceCube am Südpol unser Bild des Universums verändern”. Beim “IceCube” handelt es sich um eine Beobachtungsstation in der Antarktis. Von der Forschung versprechen sich Wissenschaftler Erkenntnisse über die Quellen der geladenen kosmischen Strahlung, in denen auch die Neutrinos – elektrisch neutrale Elementarteilchen mit sehr geringer Masse – erzeugt werden.

Die Veranstaltungsreihe ist längerfristig angelegt. Auch nach dem Ende des Jubiläumsjahrs soll sie fortgeführt werden, dann vorzugsweise mit Vorträgen von ehemaligen TMG-Schülerinnen und -Schülern, so Aicherts Plan. Um entsprechende Kontakte zu knüpfen, hat er eine Alumni-Plattform eingerichtet, bei der sich jeder registrieren kann, der das TMG besucht hat.

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