Nachts um drei Uhr Lkw-Verkehr vor dem Schlafzimmerfenster, vibrierende Gläser im Schrank und Schäden an Gebäuden – die Anwohnerinnen und Anwohner der Friedrichstaler Rheinstraße-Ost sind genervt vom Transportverkehr zu Mühle am Ortsende. Sie haben eine Interessensgemeinschaft gebildet und am Donnerstag Abend zum Vorort-Termin mit Vertretern von Mühle und Stadtverwaltung geladen.
Etwa dreißig Anwohner:innen verschafften ihrem lange aufgestauten Unmut Luft. Thomas Schoch, Leiter des Stutenseer Ordnungsamts, erläuterte die gültige Regelung: 90 Lkw seien vom Landratsamt pro Tag erlaubt – durch Hin- und Rückfahrt ergeben sich daraus täglich 180 Fahrbewegungen. Daneben gelte ein Nachtfahrverbot zwischen 22 und 5 Uhr. Eine verdeckte Zählung im Januar habe ergeben, dass es zwar Ausreißer gebe, was Uhrzeit und erlaubte Geschwindigkeit betrifft. Die allermeisten hielten sich jedoch an die Vorgaben.
Nachdem der größte Frust ausgesprochen war, suchten die Betroffenen nach Lösungen. “Die einzig richtige Alternative wäre ein Anschluss der Mühle an die Landesstraße 558”, stellte Ortsvorsteher Lutz Schönthal fest. Das sahen die Anwohner ebenfalls so und hatten dafür den Ausbau eines Feldwegs von der Mühle in Richtung Norden oder die Reaktivierung der ehemaligen Kreisstraße entlang des Pfadfinderheims im Blick.
“Wir versprechen keine Straße”, so Oberbürgermeisterin Petra Becker. Entsprechende Planungsverfahren seien langwierig und die Kosten hoch. Bei einer Anbindung an die Landesstraße sei auch das Regierungspräsidium einzubeziehen, das in der Vergangenheit entsprechende Bestrebungen abgelehnt habe.
Ein Ausbau des Feldwegs sei zudem aufgrund von über 100 Eigentümern der angrenzenden Grundstücke sehr schwierig, gab Anja Twietmeyer, Mitglied der Geschäftsleitung der Mühlengruppe, zu der die Rheintalmühle gehört, und zuständig für Genehmigungsverfahren, zu bedenken.
Unter den Anwesenden machte sich die Erkenntnis breit, dass im Bereich der Straßenanbindung nicht mit einer schnellen Lösung zu rechnen ist. So wurde nach kurzfristigen Alternativen gesucht. Ob der Lkw-Verkehr nicht bei der Anfahrt durch die Hans-Thoma-Straße geleitet werden könne und nur die Abfahrt durch die Rheinstraße – das würde die Belastung der Anwohner immerhin um die Hälfte reduzieren. Thomas Schoch vom Ordnungsamt schloss eine solche Lösung nicht grundsätzlich aus. Das sei zu prüfen. Auch eine weitere Reduzierung der Geschwindigkeit auf beispielsweise 6 km/h sei eine Möglichkeit, die auch von der Mühle nicht ausgeschlossen wurde.
Spätestens bei der Bewirtung mit Brezeln und belegten Brötchen entspannte sich die Stimmung, und es kam zum persönlichen Austausch zwischen den Beteiligten.
Anja Twietmeyer bat die Anwohner:innen darum, Beschwerden künftig direkt an sie zu richten statt an das Rathaus. “Wir sind am Gespräch und einem guten Auskommen mit der Nachbarschaft interessiert”, sagte sie. Das Thema der Verkehrsanbindung sei intern schon lange im Gespräch – ähnlich auch an anderen Standorten der Mühlengruppe. Dass sich in Friedrichstal der Frust so aufgestaut habe, sei dem Unternehmen allerdings nicht bewusst gewesen. Sie versprach, an dem Thema dranzubleiben und direkt in der kommenden Woche Kontakt zur Stadtverwaltung diesbezüglich aufzunehmen.
Die Anlieger sind noch skeptisch, ob sich etwas ändert. Die Stadtverwaltung habe nicht den Willen erkennen lassen, konkrete kurzfristige Änderungen oder gar langfristig eine andere Verkehrsverbindung anzugehen. Aber die Interessensgemeinschaft will dran bleiben.
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Wenn die bestehende Mühle nicht gegen Recht und Gesetz verstößt, muss man eine gewisse Akzeptanz erwarten können oder eben herstellen. Durch Veränderungen der ehemaligen Strassenverläufe und der wiederholten Einräumung von dortigem Baurecht nach Feuersbrunsten, hätte man die Situation bei wirtschaftlich drohendem Expansionsdruck der Betreiber spätestens zum letzten Wiederaufbau erkennen können. Der historische Wert der Mühle für Friedrichstal ist schon lange in der Versenkung verschwunden. Es gab Zeiten da war Friedrichstal stolz diese Mühle “Michenfelder” zu haben und so schnell ändern sich die Zeiten. Hier wird es keine schnelle, gute, akzeptable Lösung geben, egal wo und wann die Laster rollen, wenn man sich nicht zu einer wieder superteuren Lösung einer Situationsentschärfung entscheiden wird. Und das wird die Stadtkasse derzeit nicht stemmen können, und der Bebauungsplan und die ewige Anwesenheit dieses Bauwerks, werden ein Übriges dazu beitragen, an diesem Standort von anderswo irgendwas monetäres zur kommunalen Finanzentspannung erwarten zu dürfen. Da darf man wirklich sehr gespannt sein, wie lange mit Brezeln und belegten Brötchen der nachbarschaftliche Frieden in diesem Gebiet noch erhalten werden kann.