Sandvergissmeinnicht und andere Raritäten

Beitragsbild: Olaf Matthei-Socha

Von Martin Strohal | 15.04.2024 11:35 | Keine Kommentare

Wie lässt sich das Leben von Tieren und Pflanzen in der Stutenseer Natur verbessern und die Artenvielfalt steigern? Fachleute untersuchen in Stutensee aktuell die Lage und wollen Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen unterbreiten. Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist allerdings freiwillig.

Artenkunde am Schloss Stutensee

“Ein Sandvergissmeinnicht!” Thomas Breunig, Diplom-Geograph und Leiter des gleichnamigen Instituts für Botanik und Landschaftskunde begann die Exkursion rund um Schloss Stutensee mit einer seltenen Pflanze, die dort eine Heimat gefunden hatte. Ebenso wie der Ackerfrauenmantel und andere Pflanzen.

Thomas Breunig, Stefanie Breunig

Zusammen mit einer kleinen Gruppe Interessierter erläuterte er das Vorgehen. Ziel sei es, den aktuellen Zustand der Natur in Stutensee festzustellen. Auf dieser Grundlage erarbeitet das Büro anschließend Vorschläge, wie die verschiedenen Lebensräume von Pflanzen und Tieren miteinander verbunden werden können.

Verbundene Biotope

“Biotopverbundplanung” heißt das Stichwort. Mehrere Lebensräume sollen so miteinander verbunden werden, dass Tiere sich zwischen ihnen bewegen können. Das soll die genetische Vielfalt stärken. Um das Ziel zu erreichen, müssen die Biotope jedoch nicht so vergrößert werden, dass sie direkt aneinander grenzen. Vielmehr reicht es, den Tieren auf dem Weg vom einen ins andere Biotop Nahrung und Unterschlupf zu bieten, damit sie die Strecke überwinden können. Das geht etwa über sogenannte “Trittstein-Biotope”.

Vorstellung im Rathaus

Vor der Exkursion am Schloss Stutensee am vergangenen Freitag fand am Mittwoch die Beteiligung der Öffentlichkeit im Rathaus statt. Etwa zwanzig Personen, überwiegend aus den lokalen Naturschutzgruppen und dem Gemeinderat sowie Landwirte, folgten den Erläuterungen des Büros Breunig und des Landschaftserhaltungsverbandes.

Das Fachbüro zeigte Beispiele aus Stutensee, darunter auch negative wie begradigte Wasserläufe ohne Struktur und ungepflegte Streuobstwiesen. Die Auswertung vorhandener Daten ist abgeschlossen, im April begann die Geländebegehung, wie sie dann am Freitag exemplarisch vorgestellt wurde. Vieles sei von Behörden in den vergangenen Jahren “vom Schreibtisch aus” kartiert worden, ohne es in der Realität zu überprüfen. Das passiert nun bis zum Herbst. Im kommenden Jahr soll eine Maßnahmenplanung fertiggestellt sein und ein Projektbericht vorgelegt werden.

Wunsch nach “substanziellen Maßnahmen”

In der Diskussion mit den anwesenden Interessierten wurde große Skepsis deutlich. Zum einen seien da die Hundebesitzer, die häufig keine Rücksicht auf seltene Bodenbrüter nehmen würden. Insbesondere die Flurbereinigung sei eine Katastrophe gewesen, die nicht mehr wieder gut gemacht werden könne, so Hartmut Hauth vom Stafforter Vogelverein. Christine Hufschmidt von der Agendagruppe Natur und Umwelt sprach von “Hoffnungslosigkeit”, sie wünsche sich ein paar “substanzielle Maßnahmen”, wenigstens im Schutzgebiet Wilhelmsäcker. Dagmar Mittag, ebenfalls Mitglied der Agendagruppe verwies auf die stark reduzierte Zahl der Erdkröten, eventuell durch trockene Sommer oder auch durch amerikanische Krebse im Baggersee, die den Laich fressen würden. Zur Sprache kamen auch die zunehmenden Pferdekoppeln im Bereich Blankenloch, ebenfalls ein Feind der Bodenbrüter.

Bernd Scholer, Andreas Hauth (Stabstelle Umwelt)

Umsetzung trotz Freiwilligkeit

Die Planung ist Pflicht und wird zu 90 Prozent vom Land finanziert. Die Umsetzung der Maßnahmen ist freiwillig. Bürgermeisterin Tamara Schönhaar betonte jedoch den politischen Willen in Stutensee. Sie hoffe, dass der Gemeinderat dann auch die finanziellen Mittel zur Umsetzung bereitstelle.

“Lieber weniger und dafür nachhaltig”, so die Empfehlung von Thomas Breunig. Ansonsten habe man am Ende verwilderte Hecken und ungepflegte Streuobstwiesen. Auch sei es nicht das Ziel, überall Gehölze zu pflanzen. Davon gebe es genügend. Bernd Scholer, Leiter der Stabstelle Umwelt im Rathaus, begleitete sowohl den Vortragsabend als auch die Exkursion. Das Thema liege ihm am Herzen, sagte er. Eine Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen sei ihm wichtig.

Die Präsentationen zu dem Thema sind auf der Website der Stadtverwaltung zu finden.

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