Die Stadtverwaltung und die Mehrheit des Stutenseer Gemeinderats möchten etwa die Hälfte des Lachwalds bei Büchig (7,5 Hektar) in den Flächennutzungsplan Wohnen aufnehmen (wir berichteten). In Büchig hat sich die Bürgerinitiative “Rettet den Lachwald” gegründet, die argumentativ gegen dieses Vorhaben Stellung bezieht.
Um für die Diskussion notwendige Gutachten erstellen zu können, beschloss der Gemeinderat nun die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens zum Plangebiet “Lachwald II”. Im Rahmen dieses Verfahrens sieht die Stadtverwaltung auch einen moderierten Beteiligungsprozess vor. Dazu wird zunächst mit entsprechenden Anbietern gesprochen.
“Mit dem Aufstellungsbeschluss startet ein geregelter Prozess wie bei jedem Neubaugebiet”, betonte Ansgar Mayr (CDU). “Im Zentrum der Prüfung wird die Umweltverträglichkeit stehen.” Es solle zudem zeitnah über Ausgleichsflächen nachgedacht werden. Die CDU stelle sich hochwertige Naherholungsgebiete vor, nicht nur reine Aufforstung an anderer Stelle.
Für die Freien Wähler betonte Klaus Mangold, dass es aus Büchig durchaus auch Zustimmung von Bürgern gebe. “Wir müssen nun in das Verfahren eintreten, wo alle gehört werden.”
“Es ist richtig und gut, dass alle Belange untersucht werden”, erklärte Heinrich Sickinger (SPD). Seine Fraktion stimme jedoch nur unter dem Vorbehalt zu, dass ihre Ziele in Bezug auf den sozialen Wohnungsbau erreicht werden.
“Wir haben sehr erfreut festgestellt, dass von Anfang an eine öffentliche Beteiligung stattfindet”, sagte Ludwig Streib (Grüne). Allerdings hätten die Grünen das Umwelt- und Artenschutzgutachten vorgezogen. Man müsse kein Geld für Verkehrsgutachten usw. ausgeben, wenn am Ende das Ergebnis steht, dass der Wald gar nicht abgeholzt werden dürfe. Außerdem seien die Vorschläge des ehrenamtlichen Naturschutzes zu prüfen.
Der Beschluss fiel im Gemeinderat mit 20 Stimmen und 4 Gegenstimmen.
forum Kommentare
Der aufmerksame Beobachter ist irritiert. Am Anfang hieß es immer, es handle sich bei der abzuholzenden Fläche des Lachwaldes um 6,9ha.Dann sprach die Gemeinde nur noch von 6,2ha. Jetzt sollen es plötzlich sogar 7,5ha sein. Wo kann man denn exakte Pläne und Zahlen einsehen? Abgesehen von diesem Verwirrspiel ist es egal, wieviel ha Wald man vernichten will. Das geht grundsätzlich nicht!
In der Tat fragt man sich so langsam, ob die Stadtverwaltung weiss, was sie tut, wenn schon die Größe der zur Diskussion stehenden Waldfläche wöchentlich in einem Bereich von ca. 15% variiert! So gesehen ist es sicher nicht verkehrt, wenn sich die Stadt professionelle Hilfe in Form eines Moderators sucht. Andererseits beweist es nur ein weiteres Mal, dass die Stadt keinen Zugang zu kritischen Bürgern findet und diese “Arbeit” lieber abgibt. Ob diese Vorgehensweise aber Vertrauen zurückbringt? Man kann nur hoffen, dass die BI in den Auswahlprozess eingebunden wird.
Aber egal wer sich da nun anbieten mag, es muss ihr/ihm klar sein, dass es ausschliesslich darum gehen wird, den Lachwald komplett zu erhalten oder zunächst ca. die Hälfte zu “töten”. Kompromisse gibt es in dieser elementaren, ökologisch eigentlich ganz einfach zu beantwortenden Frage, nicht. So ist das eben bei allen Entscheidungen, in denen es um ” Leben oder Tod ” geht. Da heisst es: ja oder nein, und nicht : ausnahmsweise, weil ….! Und man muss schon ziemlich einfältig sein um nicht zu realisieren, dass alle Versprechungen etwas viel Wertvolleres als Ersatz zu schaffen …. reine Augenwischerei ist und letztlich mit “Blutgeld” bezahlt werden wird. Wofür das Grundstück dann verwendet werden soll, ist drittrangig.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Planung und Definition, wie man sich “sozial”, “sozial verträglich”, “bezahlbar” (oder wie auch immer es umschrieben wird) vorzustellen hat – auch tages- und fraktionsabhängig variiert. Bleibt gespannt abzuwarten, wie sich die SPD in dieser Situation Art und Umfang sozialen Wohnungsbau vorstellt und dann gegebenenfalls auch zu ihrem Wort stehen wird und entsprechend positioniert …. Es wäre einfach schön, und eigentlich ganz einfach, wenn die SPD nun sagen würde: wir erwarten x Wohnungen in einer Größe von y Quadratmeter zu einem Preis von z Euro, und das nicht nur über 10 Jahre. Unter Umständen wäre das Thema Lachwald dann sowieso gleich vom Tisch!
Und nein, nicht alle Bürger in Büchig sind gegen die Abholzung des Lachwaldes, denn in Büchig wohnen schliesslich auch Gemeinderäte und andere Bedienstete und Mitarbeiter der Stadt ….
Nicht einmal 4 Stunden nach dem Beschluss des Nachbarschaftsverbandes (NVK) Karlsruhe über die Fortschreibung des Flächennutzungsplans (FNP) 2030 stand der Lachwald schon auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung in Stutensee. Trotz der schriftlichen Bitte der Bürgerinitiative (BI) Rettet den Lachwald an Oberbürgermeister und Fraktionen um eine Vertagung wurde die Beratung und der Beschluss zum Bebauungsplan eiligst durchgezogen. Die BI hatte um die Vertagung gebeten, damit die Stadt und die Fraktionen die Möglichkeit nutzen konnten, ihre Bürger und Wähler vorab und besser als bisher über den weiteren Verlauf der Fortschreibung des FNP zu informieren und die notwendigen und beabsichtigten Schritte der Stadt darzulegen. Aber daran bestand leider weder vom Oberbürgermeister noch von den großen Fraktionen irgendein Interesse.
Warum stand nur der Lachwald auf der Tagesordnung? Warum nicht beispielsweise die insgesamt 12,5 Hektar aus Südlich Hohe Eich und Östlich Fleckensteiner Weg in Blankenloch und Krautgärten II in Spöck, die alle, genau wie der Lachwald, neu in den FNP 2030 aufgenommen wurden? Die Antwort ist sehr einfach: Am Lachwald lässt sich was verdienen, weil der Wald der Stadt gehört.
Interessant waren auch die Antworten auf zwei Fragen in der Bürgerfragestunde, die sich, weil nicht zu den Tagesordnungspunkten der aktuellen Sitzung erlaubt, auf die vorherige Sitzung des Gemeinderats bezogen.
Die erste Frage zielte auf das von der Stadt und den großen Fraktionen immer wieder vorgebrachte Argument “Sozialverträgliches Wohnen”: „Wie hoch ist der Bedarf an sozialverträglichem Wohnen unter den Stutenseer (also nur den Stutenseer, nicht denen von außerhalb) Bürgern und auf welcher nachvollziehbaren Basis wurde dies ermittelt?“
Von OB Demal gab es keine direkte Antwort, sie soll nachgereicht werden. Es war nur allgemein von Obdachlosen, Familiennachzug von Geflüchteten und Arbeitskräften mit befristeten Verträgen die Rede. Aber belegbare Zahlen, aus denen sich ein Bedarf ableiten lässt, wurden keine genannt.
Die zweite Frage bezog sich auf ein Zitat von OB Demal: “Ohne Grundstückserlöse keine Investitionen”: „Wenn Sie (OB Demal) jetzt schon das Tafelsilber (sprich: den Lachwald) gegen alle Natur- und Umweltbedenken veräußern, kann das Polster ja nicht mehr allzu dick sein. Stimmen Sie zu, und Ihr Zitat legt das ja nahe, dass Sie mittelfristig in eine Situation kommen, wo Sie nicht mehr investieren werden, weil Sie keine Grundstücke mehr verkaufen können? Finden Sie nicht, dass hier etwas Grundlegendes schiefläuft und dies mit nachhaltigem Wirtschaften nur wenig zu tun hat?“
Auch hier war die Antwort eher unbefriedigend. OB Demal wies auf die Grundsteuer hin, die ja nicht ausreichen würde, um Investitionen zu tätigen. Nur ist es aber -Gott sei Dank- so, dass Stutensee auch andere Steuereinnahmen hat.
Auch die Argumentation vor OB Demal, dass der frühere Blankenlocher Bürgermeister Friedrich Haisch, Lachwald verkauft hätte, um Hallenbad und Kläranlage in Blankenloch zu finanzieren, zieht nicht. Dies war nämlich vor fast 50 Jahren (Bebauungsplan Lachwald 1969!). Wer heute so begründet, dass wertvoller Mischwald abgeholzt werden kann, um Baugrundstücke zu verkaufen, an dem scheinen die Entwicklungen der letzten 50 Jahre im Natur- und Umweltschutz spurlos vorbeigegangen zu sein. Dies scheint auch auf die drei großen Fraktionen im Stutenseer Gemeinderat zuzutreffen, den die haben brav zugestimmt!
Hier noch ein neuer Slogan für Stutensee, die „liebenswerte Stadt im Grünen“:
Sie wollen bauen – kommen Sie nach Stutensee – wir holzen für Sie ab!
OB Dämal führt mit seinem Beschluss-Vorschlag die Gemeinderäte ins klimapolitische Abseits und wird entsprechende Kritik ernten. Auf Ministerialebene wird man empört sein und sich die Namen der Verantwortlichen geben lassen