Grüne: “Wir brauchen die Verkehrswende – nicht nur im Bund und im Land, sondern vor allem in den Kommunen”

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Pressemitteilung von Bündnis 90/Die Grünen Stutensee | 06.11.2019 7:00 | Keine Kommentare

In unserer Reihe “Aus der Lokalpolitik” schreibt heute Kathrin Weisser, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stutenseer Gemeinderat. Es handelt sich hierbei um die subjektive Darstellung der Fraktion.

Radfahren und sichere Wege zu Fuß meistern, das wissen wir schon lange, sind keine Freizeittätigkeiten. Viele kurze und mittlere Strecken unserer alltäglichen Fortbewegung, sei es zur Arbeit, Schule oder zum Ausbildungsplatz, können wir am sinnvollsten mit dem Rad, zu Fuß oder mit Bus und Bahn zurücklegen. Doch aktuelle Untersuchungen beweisen, dass auch in Deutschland die Hälfte aller Autofahrten weniger als fünf Kilometer lang sind, wir also eher mit dem Pkw zum Einkaufen fahren, als mit der Straßenbahn. Das Paradoxe an der Situation ist aber – und auch dazu gibt es zahlreiche aktuelle Verkehrsstudien: Viele Pkw-Fahrer*innen würden liebend gerne auf den Drahtesel umsteigen, wenn die Infrastruktur entsprechend wäre und sie nicht um ihre Verkehrssicherheit besorgt sein müssten!

Schauen wir nach Stutensee. Wer morgens oder nachmittags beispielsweise im Berufsverkehr mit dem Rad durch die Blankenlocher Hauptstraße fährt, hat berechtigterweise Angst um sein Leben. Als Radfahrer*in haben wir hier oft den Eindruck, nicht als vollwertige*r Verkehrsteilnehmer*in angesehen zu werden. Einen separaten Radweg gibt es nicht. Seitliche Mindestabstände beim Überholen oder vom Gegenverkehr werden kaum eingehalten, es wird nicht vor einem Hindernis gewartet, bis der Radgegenverkehr vorbei ist und Schulterblick beim Aussteigen aus dem Auto zur Straße hin ist eine Seltenheit. Leider ist es, wenn man vom Blankenlocher Norden zum Süden kommen will, nicht möglich, eine andere Strecke zu wählen, wenn man keinen großen Umweg fahren will. Wir sollten also hier ganz konkret überlegen, wie wir die Hauptstraße fahrradfreundlicher gestaltet bekommt.

Ähnlich sieht es in den anderen Ortsteilen aus. Auch hier gibt es zahlreiche neuralgische Punkte, die einem das Radfahren verleiden mögen. Daher fordern wir als Grüne Stutensee die Schaffung sicherer, möglichst kreuzungsarmer Radwege oder wo dies nicht möglich ist, die Einrichtung einer sicheren Trassenführung nebst sicheren Verkehrsübergängen, die Radfahrer*innen als schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen den Vorrang im allgemeinen Pkw-dominierten Straßenverkehr zubilligt.

Als Grüne Stutensee stehen wir voll hinter der Verkehrswende. Als Gemeinderatsfraktion und Ortsverband fordern wir generell, dass die Stadt vermehrt auf eine integrierte und intermodale Mobilität setzen soll. Das bedeutet, dass für jede Wegstrecke die jeweils am besten geeignete und ressourcenschonendste Kombination von Verkehrsmitteln zur Wahl stehen soll und ausgewählt werden kann. Diesbezüglich müsste beispielsweise eine entsprechende attraktive Infrastruktur für Radfahrer*innen entstehen sowie die bestehende Infrastruktur an Bahnknotenpunkten verbessert werden. Dies bedeutet auch, dass regengeschützte Abstellmöglichkeiten für Fahrräder wie etwa am Mühlenweg oder Tolnaplatz in Blankenloch an allen Haltestellen der Stadtbahn in ausreichendem Maß vorhanden sein sollten. Weitere sinnvolle Verbesserungen wären felgenfreundliche Anschließbügel, wie sie beispielsweise am Reitschulschlag stehen, auch Fahrradboxen an ausgewählten Umsteigepunkten zum ÖPNV.

Die beiden Hauptschlagadern unseres ÖPNV sind die Regionalbahnstrecke und die S2 von AVG/VBK durch Blankenloch und Friedrichstal nach Spöck. Wir begrüßen als grüne Gemeinderatsfraktion ausdrücklich das bisherige Angebot, sind aber dennoch davon überzeugt, dass der Takt in die nördlichen Ortsteile dringend verdichtet werden muss. Einmal pro Stunde nach Spöck ist zu wenig! Zahlreiche Reaktivierungsprogramme alter Bahnstrecken, so etwa im Raum Basel-Mulhouse-Lörrach, haben gezeigt, dass sich ein komfortables Angebot sehr wohl positiv auf die Nachfrage auswirken kann. Gebt den Menschen mehr Bahnen und sie werden sie nutzen!

Ein weiteres Problem betrifft hier die Planung. So beobachten wir es immer wieder, dass zu Stoßzeiten Einzelwagen in Stutensee fahren, Doppelwagen treffen wir aber nur außerhalb der Stoßzeiten an. Das kann und muss optimiert werden! Ganz wichtig für uns ist zudem die Erreichbarkeit Stafforts sowie die Verknüpfung mit den Nachbarorten auf der Ost-West-Schiene: Wir fordern, dass die Busse nach Staffort, Weingarten und Eggenstein nicht mehr nur stündlich fahren sollen.  Auch hier muss der Takt verdichtet werden und die Stadt beim Kreis eine entsprechende Lösung einfordern.

Nur um das nochmals ausdrücklich klarzustellen: Auch wenn viele Gegner des ÖPNV meinen, dass Busse oder Bahnen ja teilweise leer oder vermeintlich leer fahren und deshalb keine Taktverdichtung nötig sei, die Kosten entsprechend viel zu hoch seien und wir lieber anstelle dessen Straßen bauen sollten: erst durch einen dichteren Takt werden Verbindungen mit Bus, Bahn, Ruftaxi oder Straßenbahn überhaupt interessant genug, dass ausreichend Menschen vom Auto umsteigen und der ÖPNV so wieder rentabel wird… Denn das war er in früheren Zeiten durchaus! Deshalb ist auch eine Fahrgastzählung vor Taktverdichtung als Maß, ob eine Taktverdichtung nötig ist, der falsche Weg, weil dabei falsche Zahlen erhoben werden. Sie kann nur Aussagen darüber treffen, DASS wenig Menschen den ÖPNV nutzen, nicht WARUM!

Zur Unterstützung der ressourcenschonenden Mobilität mit mehr Radverkehr, mehr ÖPNV-Nutzung und weniger Individualverkehr sollte auch das schon vorhandene Carsharing-Angebot ausgebaut werden. Es sollten weitere E-Autos bereitgestellt und noch mehr Carsharing-Standorte realisiert werden. Hierbei sollte sich die Stadt Stutensee an erfolgreichen Modellen, wie etwa der E-Mobility von Zeozweifrei im benachbarten Kraichgau und Bruchsal orientieren. Diese Woche hat die Stadt Stutensee in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass Stutensee im Zuge des Förderprojekts „regiomove“ als Pilotkommune ausgesucht wurde. Das bedeutet, dass ein sogenannter Port, ein Verknüpfungspunkt verschiedener Mobilitätsformen, in Blankenloch entstehen soll. Wir Grüne Stutensees begrüßen diesen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sollte dabei der Radverkehr und die Schaffung vernetzter Angebote vor allem mit Staffort, aber auch in Ost-West-Richtung mit unseren Nachbargemeinden und eine mögliche Fortführung der Stadtbahn nach Bruchsal nicht aus den Augen verloren werden.

Quelle: Bündnis 90/Die Grünen Stutensee

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