Landtagswahl-Fragebogen (1): Wohnraum

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Von Sofie Wirth, Nadine Lahn und Martin Strohal | 05.02.2021 17:59 | 1 Kommentar

Im Vorfeld der anstehenden Landtagswahl am 14. März 2021 wollen wir Sie über die Standpunkte der Kandidatinnen und Kandidaten zu verschiedenen Themen informieren. Wir haben dafür allen, die im Wahlkreis Bretten – zu dem Stutensee gehört – auf dem Wahlzettel stehen werden, einen Fragebogen geschickt. Es geht dabei um die Themenbereiche Wohnraum, Einzelhandel, Pflege- und Gesundheitssystem, Bildung und Klima.

Bis Redaktionsschluss haben wir von allen eine Antwort erhalten, bis auf Thorsten Gary, Kandidat der Basisdemokratischen Partei Deutschlands.

In diesem Teil geht es um das Thema “Wohnraum”. Unsere Frage: “Wohnraummangel sowie soziale Benachteiligung bei Miete und Kauf von Immobilien – sehen Sie hier Handlungsbedarf?”

Andrea Schwarz, Grüne

Das Thema Wohnen ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt enorm wichtig. Wir alle brauchen eine Wohnung, die unseren Bedürfnissen gerecht wird und bezahlbar ist. Deshalb haben wir ein starkes Programm zur Förderung des bezahlbaren Wohnraums in Baden-Württemberg auf den Weg gebracht, das sogenannte Landeswohnraumförderprogramm, das wir mit 250 Millionen Euro jährlich ausgestattet haben.

Wir sind überzeugt: Wohnungen dürfen nicht als Spekulationsobjekte benutzt werden, sie sind zum Wohnen da! Daher haben wir die Mietpreisbremse auf ein stabiles Fundament gesetzt und die Kündigungssperrfrist bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verlängert. In den kommenden zehn Jahren wollen wir dem Mietwucher weiter die Grundlage entziehen und den Anteil preisgünstiger Wohnungen am Markt erhöhen, sowohl im geförderten als auch im frei finanzierten Bereich. Beispielsweise sanieren wir die landeseigenen Gebäude kreislaufgerecht und wollen – wo möglich – durch Aufstockungen der landeseigenen Wohngebäude neuen und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Zudem wollen wir ausreichend altersgerechten Wohnraum schaffen. Was uns dabei wichtig ist: Der Geldbeutel darf nicht entscheiden, ob wir beim Wohnen auch das Klima schützen können. Klimaneutrales Wohnen soll für alle selbstverständlich werden.

Ansgar Mayr, CDU

Der Mangel an Wohnraum ist längst kein Problem mehr von Ballungszentren, sondern er ist auch in sehr ländlichen Gemeinden angekommen. Der Wohnraummangel ist auch mit eine Folge des Mangels an Bauland. Um dem Grundsatz “Innenentwicklung vor Außenentwicklung” gerecht werden zu können, müssen teilweise Hemmnisse abgebaut werden. Außerdem muss die Möglichkeit geschaffen werden in die Höhe zu gehen, um das knappe Bauland besser zu nutzen – mit dem positiven Nebeneffekt, dass dadurch pro Quadratmeter Wohnfläche günstiger gebaut werden kann. Da wir Nachholbedarf haben und schnell Wohnungen bauen müssen, muss das beschleunigte Verfahren zur Schaffung von Wohnbauflächen nach § 13b BauGB entfristet werden.

Da der Bestand an Sozialwohnungen auch in Baden-Württemberg in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, muss in der Wohnraumpolitik des Landes ein Schwerpunkt auf die Schaffung sozialen Wohnraums gesetzt werden.

Andreas Laitenberger, AfD

Die Wohnungsnot wird zu einem zentralen sozialpolitischen Problem unserer Gesellschaft. Es war ein großer Fehler der Grün- Roten Landesregierung als sie sich 2012 aus dem Wohnungsbau verabschiedete und die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft aufgelöst hat. Dies hat zu einer Verengung des Wohnraums beigetragen. In vielen unserer Gemeinden kommen derzeit auf eine Wohnung 70 Bewerber. Wohngebäude kommen erst gar nicht auf den Markt. Hier müssen mit Steuerfreibeträgen, Abschreibungsmöglichkeiten, Baukindergeld und Senkung der Grunderwerbssteuer neue Anreize geschaffen werden. Dazu müssen Bauvorschriften entrümpelt werden. Die Eigentumsquote, die in Deutschland bei 46 % liegt, muss erhöht werden und Wohnraum insbesondere für Familien muss sozial gestaltet und bezahlbar sein. Mit Mietpreisbremse und sozialistischen Gedanken von Rot, Rot Grün über Enteignungen werden wir die Wohnraumnot nicht beseitigen.

Stephan Walter, SPD

Rund 150.000 Wohnungen fehlen in Baden-Württemberg. Wir sehen hier enormen Handlungsbedarf. Deshalb hatten wir dafür auch in der Neuen Mitte Graben- Neudorf hierzu eine Veranstaltung mit unserem Spitzenkandidaten Andreas Stoch vorgesehen, die wir aber pandemiebedingt leider absagen mussten. Wohnen muss bezahlbar bleiben bzw. wieder bezahlbar werden. Hier müssen wir mehr Anreize für Wohnungsbau schaffen. Dazu zählen Steuerfreibeiträge, Abschreibungsmöglichkeiten, Baukindergeld sowie eine Änderung der Landesbauordnung und eine Absenkung der Grunderwerbssteuer – für Familien um die Hälfte. Wir fordern eine Mindestquote für geförderten Wohnraum. Wo nötig, wollen wir eine Mietpreisbremse einführen. Außerdem wollen wir wieder mehr Bauland in öffentlicher Hand, um Bodenpreisspekulanten Einhalt zu gebieten und zum Beispiel bei der Grundstücksvergabe junge Familien bevorzugen. Im Weiteren wollen wir eine Landeswohnungsbaugesellschaft BWohnen gründen, die bis 2026 rund 500.000 bezahlbare Wohnungen baut. Maximal ein Drittel des Einkommens darf für Wohnen vom Einkommen abgehen. Das ist die Zielmarke, wo wir wieder hinkommen wollen.

Christian Jung, FDP

In Stutensee und der Region Karlsruhe leiden bauwillige junge Familien vor allem an den hohen Baunebenkosten. Deshalb setze ich mich als FDP-Landtagskandidat für eine deutliche Reduzierung oder gar Abschaffung der Grunderwerbssteuer in Baden-Württemberg und unsinniger Regeln in der von den Grünen eingeführten und seit 2016 von der CDU nicht zurückgenommenen Landesbauordnung, ein. Sehr schnell kommt man beim Immobilienkauf so auf 50000 Euro Baunebenkosten, die schwer zu finanzieren sind. Es ist ein Unding, dass viele Familien nur durch Bürgschaften oder Schenkungen von Eltern und Großeltern eigenes Wohneigentum erwerben können. Die hohen Kosten führen unweigerlich auch zu höheren Mieten, da der Wohnraum in und rund um Karlsruhe knapp ist und es in den kommenden Jahren weitere Zuzüge von qualifizierten Arbeitsnehmern mit ihren Familien aus ganz Europa in die Region geben wird. Deshalb muss ebenso mehr über Nachverdichtungen und weitere Baugebiete sowie eine optimierte Infrastruktur im Verkehrsbereich und im digitalen Bereich nachgedacht werden, wenn dies vor Ort gewünscht ist. Die Kommunen sollten ebenso mehr beim sozialen Wohnungsbau tun.

Heinz-Peter Schwertges, Linke

Wohnen ist ein Grundrecht! Wir fordern deshalb: Weniger Miete statt hoher Profite, bezahlbare Wohnungen für alle. Bestehende Mieten müssen für die nächsten sechs Jahre eingefroren werden. Wir wollen im nächsten Landtag den sozialen und barrierefreien Wohnungsbau kräftig ankurbeln. Das heisst 70.000 neue bezahlbare Wohnung im Jahr. Mit mehr Wohnbaufördermitteln, einer neuen Bodenpolitik und einer Landeswohnungsbaugesellschaft können wir dieses Ziel erreichen. Damit Mieten auch dauerhaft bezahlbar bleiben, wollen wir die Wohngemeinnützigkeit wieder herstellen. Außerdem ruft das Land die bereitgestellten Bundesgelder für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus nach wie vor nicht im vollem Umfang ab. Die einseitige Orientierung und Förderung des Neubaus von Einfamilienhaussiedlungen im ländlichen Raum ist zugunsten von flächenschonenden und effektiven Mehrfamilienhaussiedlungen umzustellen. Auch wegen dem Klimaschutz: nicht in die Fläche, in die Höhe muss gebaut werden!

Sascha Oehme, PARTEI

Danke für die Frage, es ist schön dass Sie mir gerade die Frage stellen. Da Sie mich fragen, werde ich auch auf die Frage antworten. Ich würde sagen, dass jeder sich ein Haus/eine Wohnung kaufen kann, wenn er es möchte. Sozial Benachteiligte gibt es nicht. Es gibt nur Menschen, die ausgebeut werden und sich deswegen nix leisten können … vergessen Sie Wortkreationen wie sozial verträglicher Wohnungsbau oder Wohnraum für sozial Schwache. Klare Definitionen müssen her! Deswegen ein Haus pro Mensch in Stutensee!

Bernd Barutta, Freie Wähler

Ich sehe auf diesem Gebiet Handlungsbedarf. Dieser ist vor allem in Groß- und Mittelstädten sowie in den jeweiligen Speckgürteln gegeben. Preise für Wohneigentum sind exorbitant gestiegen. Dies liegt einerseits an der Knappheit von Bauland als auch an der Niedrigzinspolitik, die Investitionen in Immobilien lohnend machten. Ein wichtiger Baustein zur Schaffung von günstigem Wohnraum ist der Ausbau und die Gründung weiterer Wohnungsbaugenossenschaften. Die Vorteile von Wohnungsbaugenossenschaften auf einen Blick:

Die Menschen wohnen bezahlbar und sicher – denn als Genossenschaftsmitglied sind sie Miteigentümer und genießen lebenslanges Wohnrecht.

Passt die Wohnung nicht mehr zu den Bedürfnissen der Mieter, kann jemand unkompliziert in eine andere Wohnung der Genossenschaft umziehen.

Kaution und Provision gibt es bei Genossenschaften nicht. Wer Mitglied wird, kauft Genossenschaftsanteile, die verlässlich verzinst und – sollten die Mitglieder später wieder aus der Genossenschaft austreten – wieder zurückgezahlt werden.

Bund und Kommunen sind als aktive Gestalter stärker zu fordern.

Johanna Krischke, Klimaliste

Ja, insbesondere Share Deals, bei denen Grundstücksanteile von Immobilienkonzernen wie Vonovia und Deutsche Wohnen erworben werden und die sich damit Vergünstigungen bei der Grunderwerbssteuer erschleichen, benachteiligen private Wohnungskäufer*innen. Dieses Schlupfloch muss geschlossen werden, um für mehr Gerechtigkeit im Immobilienhandel zu sorgen. Die Entwicklung, viele Sozialwohnungen zu privatisieren, sehe ich als Fehler an. Außerdem herrscht eine unfaire Verteilung von Wohnraum. Denn während einzelne Menschen sich mehr Wohnraum leisten, als sie benötigen, haben andere Probleme, überhaupt eine Wohnung zu finden, weil die Preise enorm steigen. Das hat einen Neubaubedarf von Wohnungen zur Folge, den wir uns aus Klima- und Umweltschutzgründen nicht leisten können.

Jürgen Beck, Wir2020

WIR2020 ist eine sehr junge Partei. Bei vielen Themen, die unbestritten die Menschen aktuell bewegen, habe ich mir aufgrund der Kürze der Zeit, noch keine abschließende Meinung gebildet. Mir ist der genaue Status quo im Landkreis Karlsruhe nicht bekannt. Ich erkläre Ihnen wie ich das Thema angehen und bewerten werde.

Wenn der Wohnungsmarkt für sozial schwache Menschen nicht genügend Wohnraum zu bezahlbaren Preisen anbieten kann und hier dauerhaft Mangel herrscht, dann gilt es hier auf jeden Fall regulatorisch einzugreifen. Land und Kommunen sollten sozialen Wohnungsbau fördern und über Anreize zum Gemeinwohl die Immobilienwirtschaft lenken. Wer sich z.B. verpflichtet, sozialen Wohnraum in bestimmter Menge und Zeit zur Verfügung zu stellen oder mit zu bauen, erhält auf der anderen Seite Vergünstigungen oder Vorteile. Außerdem sollten die Steigerung der Mieten durch eine Mietpreisbremse reguliert und Gewinne durch Immobilienspekulation stärker besteuert werden.

forum Kommentare

Der Worte sind genug gewechselt, laßt mich auch endlich Taten sehn!
Indes ihr Komplimente drechselt, kann etwas Nützliches geschehn.
Johann Wolfgang von Goethe – er hat das damals schon erfasst. Die Zeiten haben sich noch nicht verändert.