Landtagswahl-Fragebogen (4): Bildung

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Von Sofie Wirth, Nadine Lahn und Martin Strohal | 11.02.2021 15:50 | Keine Kommentare

Im Vorfeld der anstehenden Landtagswahl am 14. März 2021 wollen wir Sie über die Standpunkte der Kandidatinnen und Kandidaten zu verschiedenen Themen informieren. Wir haben dafür allen, die im Wahlkreis Bretten – zu dem Stutensee gehört – auf dem Wahlzettel stehen werden, einen Fragebogen geschickt. Es geht dabei um die Themenbereiche Wohnraum, Einzelhandel, Pflege- und Gesundheitssystem, Bildung und Klima.

Bis Redaktionsschluss haben wir von allen eine Antwort erhalten, bis auf Thorsten Gary, Kandidat der Basisdemokratischen Partei Deutschlands.

In diesem Teil geht es um das Thema “Bildung”. Unsere Frage: “Wie hat sich das Bildungssystem in den letzten Wochen und Monaten aus Ihrer Sicht bewährt? Befürworten Sie Änderungen?”

Andrea Schwarz, Grüne

Die letzten Wochen haben gezeigt: Die Bildungspolitik ist und bleibt unsere größte Baustelle. Die Corona-Pandemie hat nicht nur neue, sondern auch alte Wunden unsere Bildungssystems aufgerissen. Wir Grünen wollen eine Entkoppelung des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft. Auch heute noch ist die soziale und familiäre Unterstützung, die ein Kind erhält, entscheidender als die Talente und Fähigkeiten, die ein Kind mitbringt. Zwar haben die Einführung der Gemeinschaftsschule und die Ganztagesschulen einen großen Sprung in die richtige Richtung geschaffen, der Weg zu echter Bildungsgerechtigkeit ist jedoch noch weit. Die letzten Wochen und Monate haben gezeigt, dass es Kindern aus finanzschwachen Haushalten droht, abgehängt zu werden. Die digitale Ausstattung der Schulen und Schüler:innen muss dringend verbessert werden, die pädagogischen Konzepte an den Distanzunterricht angepasst werden und der individuelle Förderbedarf gerade der Kleinsten muss Priorität haben.

Ansgar Mayr, CDU

Unser Bildungssystem in Baden-Württemberg ist grundsätzlich sehr gut und vor allem auch im Vergleich der Bundesländer vorbildlich. Die Pandemie und damit das Homeschooling haben aber Defizite bei der digitalen Ausstattung der Schulen aufgezeigt. Bislang war die Arbeitsteilung zwischen Land und Kommune (=Schulträger) so geregelt, dass sich das Land um die Lehrkräfte und die Inhalte kümmert und Städte und Gemeinden um die Ausstattung der Schule. Das hat die letzten Jahrzehnte auch sehr gut funktioniert. Mit der erforderlichen Digitalisierung im Bildungswesen sind aber hohe Investitionen und dauerhafte Wartung/IT-Betreuung notwendig. Das würde die Kommunen finanziell überfordern. Daher ist das Land und der Bund bei der Beschaffung von Endgeräten eingestiegen (wird künftig noch mehr werden müssen) und das Land übernimmt auch die Kosten der IT-Administration.

Die Pandemie hat auch gezeigt, dass ein Großteil der Lehrerinnen und Lehrer für die Anwendung der digitalen Möglichkeiten ausgebildet sind und die digitalen Lernmethoden sehr engagiert im Online-Unterricht einsetzen. Aber auch das gehört zur Wahrheit: nicht alle Lehrerinnen und Lehrer sind mit den digitalen Möglichkeiten so gut vertraut, dass sie diese auch im Unterricht einsetzen können. Es gibt für die Lehrkräfte in Baden-Württemberg (nicht erst seit der Pandemie) im Rahmen der Weiterbildung entsprechende Fortbildungsmaßnahmen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gibt es in Baden-Württemberg allerdings keine Verpflichtung für Lehrerinnen und Lehrer Fortbildungen zu machen. Auch an dieser Stelle würde ich Änderungen befürworten.

Andreas Laitenberger, AfD

Digitaler Unterricht kann für unserer Schulen keine Lösung sein. Erste Analysen haben bereits gezeigt, dass Homeschooling wenig Lerneffizienz hat. Lehrermangel, fehlende Laptops/Tablets in Schule und bei vielen sozial schwächeren Familien zuhause haben das Konzept zum Scheitern verurteilt. Es wird Zeit, Schulen und Kitas wieder zu öffnen, um nicht durch eine permanente Verlängerung des Lockdowns eine Bildungskatastrophe zu provozieren. 

Stephan Walter, SPD

Die Pandemie hat vielmehr die Defizite schonungslos offen gelegt. Die Landesregierung hat 1.000 Lehrerstellen gestrichen, die jetzt in der Krise überall fehlen. Wir genug Lehrkräfte ein, um den Unterrichtsausfall zu verringern. Alle Schüler und Lehrkräfte statten wir an weiterführenden Schulen mit Laptops aus. Bis spätestens 2023 soll jede Schule im Land digital sein: mit schnellem WLAN und Breitbandversorgung sowie modernen und datenschutzsicheren Lernplattformen. Momentan ist das Land bei der Breitbandversorgung bundesweit Schlusslicht. Wir setzen uns für eine qualitätsvolle Ganztagsschule vom ersten Schultag bis zum letzen ein, für jene, die das wollen. Kitagebühren wollen wir abschaffen, ebenso Studien- und Meistergebühren. Bildung darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Wir setzen uns für eine staatliche Ausbildungsgarantie ein, so dass niemand ohne Ausbildung bleibt. Wir stärken die Studierenden mit vereinfachten Zugang zu BAföG und Beratung sowie ihrem Mitspracherecht an den Hochschulen.

Christian Jung, FDP

Das Bildungssystem und der Unterricht in Baden-Württemberg müssen dringend digitalisiert werden, die aktuellen Defizite sind allen Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern aus dem Homeschooling bekannt. Deshalb brauchen wir eine Debatte, wie wir alle Schularten zukunftsfähig machen. Meine große Sorge ist, dass gerade viele Kinder und Jugendliche während der Corona-Pandemie mit den Bildungsangeboten nicht alle erreicht wurden und werden. Änderungen an der Struktur sind nicht notwendig, lediglich die zu einseitige Förderung der Gemeinschaftsschulen muss verändert werden. Als Freie Demokraten setzen wir uns für eine verbindliche Grundschulempfehlung für die weiterführenden Schulen ein. Dabei ist uns die Stärkung des beruflichen Schulwesens ein besonderes Anliegen.

Heinz-Peter Schwertges, Linke

Infolge der Corona-Krise hat sich die Ungerechtigkeit im Bildungssystem weiter verschärft. Zusätzlichen Benachteiligungen muss daher materiell, finanziell und personell entgegengewirkt werden.
Wir fordern die Öffnung von Schulen und Kitas mit Plan. Die Öffnung darf nicht zu Lasten der Gesundheit von Erzieher_innen und Lehrer_innen gehen. Dafür braucht es regelmäßige und kostenfreie Corona-Tests und mehr Personal. Wir fordern schnelles Internet für alle Schulen im Land. Digitale Endgeräte müssen endlich als Lernmittel kostenfrei allen Kindern zur Verfügung stehen. Zugang zu Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

Sascha Oehme, PARTEI

Ich bin für die Abschaffung des Fax. Außerdem sollte man die zuständige Ministerin – Fr. Eisendings – für Ihre mangelnde Kompetenz des Postens entheben.

Bernd Barutta, Freie Wähler

Nein. Es gibt viele Baustellen:

  • Es wurde nicht mit der notwendigen Energie daran gearbeitet, die Schulen auf einen Betrieb unter Corona-Bedingungen vorzubereiten. Ob Luftfilteranlagen oder fehlende Ausstattung an digitalen Endgeräten. Es hapert an vielen Stellen.
  • Die Erziehrinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich nicht richtig mitgenommen. Sie haben auch Angst, sich bei Präsenzunterricht anzustecken. Ihre Sorgen werden viel zu wenig beachtet.
  • Es bedarf dringend eines Konzeptes, wie digitaler Unterricht in Zukunft Teil schulischer Ausbildung sein kann, angefangen von leistungsfähigem Internet bis hin zu einer fundierten Fortbildung für Lehrkräfte.
  • Wenn Präsenzunterricht in Pandemiezeiten angeboten wird, dann nur in einem rotierenden System mit kleinen Gruppen. Pauschale Öffnungen von Schulen sind zu gefährlich. Die Kultusministerin war hier uneinsichtig.

Thorsten Gary, Die Basis

Es kann in meinen Augen nicht angehen, dass wir im Moment nicht alles dafür tun, dass Kinder und Jugendliche wieder Präsenzunterricht bekommen. Digitaler Unterricht ist aus meiner Sicht kein Ersatz. Die Auswirkungen auf die Kinder ist auf so vielen Ebenen unverantwortlich, sie werden ihrer Bildung beraubt, viele Kinder werden jetzt verstärkt Opfer häuslicher Gewalt. Aus meiner Sicht müssen Experten zu Rate geholt werden, die Strategien erarbeiten, dass wir Schulen wieder öffnen können. Allein auf Digitalisierung zu setzen ist in meinen Augen der falsche Weg. Immer nur die selben Experten einzubeziehen, auch.

Johanna Krischke, Klimaliste

Es wurde deutlich, dass die Pandemie unser derzeitiges Bildungssystem überfordert hat. Unterricht zu Hause abhalten zu müssen hat den großen Nachteil, dass Kinder, deren Eltern nicht die Möglichkeit haben, sie beim Lernen zu unterstützen, weit zurückfallen. Um dies zu verhindern ist es notwendig, dass in Krisenzeiten auf ein gutes digitales Bildungsnetzwerk zurückgegriffen werden kann. Prinzipiell brauchen wir mehr gut geschultes Personal im Bildungsbereich und außerhalb von Pandemien eine Wende hin zu mehr praxisorientiertem Unterricht.

Jürgen Beck, Wir2020

Von Bewährung kann hier keine Rede sein. Für mich ist das eine Bankrott-Erklärung.

Zu keinem Zeitpunkt gab es eine Evidenz für Schulschließungen. Das daraus unnötig entstandene Leid, gerade für die Kleinsten, ist sinnlos und muss so schnell als möglich vermieden werden. Bei der Betrachtung ist es wichtig, den Fokus auf die sozial Schwachen zu richten. Zum Beispiel Familien, wo beide Eltern arbeiten müssen und die es sich nicht leisten können, zuhause zu bleiben.
Bestimmt hat die eine oder andere Schule das bessere digitale Konzept entwickelt um Heimunterricht zu betreiben, es ändert jedoch nichts daran, dass es an Konzepten und technischer Ausstattung nach wie vor mangelt. Gerade die Kleinsten brauchen aber weder Konzept noch Ausstattung, sie brauchen Nähe und soziale Kontakte. Die gibt es nicht auf Distanz.
WIR2020 sieht die Zukunft der Bildung, unabhängig von Lockdown-Maßnahmen, auf ganz anderen Wegen. Nachzulesen in unserem Programm (www.wir2020bw.de/programm). Das zu erklären würde hier den Rahmen sprengen.

Update 11.02.2021: Antwort von Thorsten Gary hinzugefügt.

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