Schon im Februar 2020 hat der Stutenseer Gemeinderat beschlossen, einen “Stadtentwicklungsplan 2035” zu erarbeiten. Dabei sollen auch Bürgerinnen und Bürger eingebunden werden. 100.000 Euro soll der Prozess in diesem und dem kommenden Jahr kosten, was von den Mitgliedern des Gemeinderats vergangenen Montag unterschiedlich aufgenommen wurde.
Im Stadtentwicklungsplan soll festgehalten werden, wie sich Stutensee mit seinen Stadtteilen bis ins Jahr 2035 verändern soll. Dabei geht es nicht rein um neue Siedlungsflächen, sondern auch um Kinderbetreuung, Senioren, Kultur, Einzelhandel und andere Dinge, die das Leben in Stutensee betreffen.
Für die Moderation kommt das Unternehmen “suedlicht” in Frage, mit dem bereits Handlungsfelder diskutiert wurden.
Die Stellungnahmen der Gemeinderatsfraktionen befassten sich überwiegend mit den Kosten von 100.000 Euro. Nicole LaCroix (CDU/FDP) sah es kritisch, in einer angespannten Haushaltslage so viel Geld in die Hand zu nehmen. “Das muss es uns wert sein”, befand hingegen Klaus Mayer (Freie Wähler). Die 100.000 Euro seien gut investiert. Marius Biebsch (Junge Liste) stellte fest, dass im aktuellen Haushalt nur 70.000 Euro für das Projekt eingeplant seien. Die Kosten seien enorm, Stutensee sei wegen der Haushaltslage schon vom Regierungspräsidium angemahnt worden. Wegen der Corona-Pandemie habe das Thema deshalb keine Priorität für ihn. Oberbürgermeisterin Petra Becker erklärte, dass im Jahr 2021 tatsächlich nur 70.000 Euro eingeplant seien. Der Rest müsse im nächsten Jahr vorgesehen werden. “Dann geht uns nächstes Jahr das Geld aus, so dass der Prozess nicht fertiggeführt wird”, befürchtete Biebsch.
“Das ist Arbeit, die schnell in Vergessenheit gerät”, urteilte Karl Mittag (Grüne) gegen die Auffassung seiner übrigen Fraktionskolleg:innen. Die Bürgerbeteiligung sei der richtige Weg. Allerdings wollten doch wohl alle Kindergartenplätze und Gutes für Senioren, dafür brauche man keinen Stadtentwicklungsplan. Das kontroverse Thema sei: Soll Stutensee weiter wachsen? Der Flächenfraß müsse gestoppt werden. Gleichzeitig gebe es Bedarf an sozialem Wohnraum. Das sei ein Dilemma, das öffentlich mit Bürgerbeteiligung ausgetragen werden müsse. “Wir sollten uns nicht mit Kleinkram befassen.” Nicole LaCroix unterstützte dies und verwies darauf, dass die Flächen aus dem Flächenpool bis heute nicht definiert seien. Der Stadtentwicklungsplan werde viel zu spät fertig, um diese Frage damit klären zu können. “Wir brauchen eine grundsätzliche Strategie für Stutensse, aber nicht mit dem Budget und nicht mit dem Zeitplan.”
Anders sah das Karin Vogel (Freie Wähler). Ihr sei das Thema wichtig. “Was ist Gemeinwohl? Wo wollen wir hin?” Für diese Fragen müsse man sich Zeit nehmen. Sie sei strikt gegen das Ausklammern bestimmter Themen. Christine Stemke (Grüne) unterstützte sie dabei und betonte: “Wir brauchen messbare Ziele, die nach zwei Jahren überprüft werden.”
Wolfgang Sickinger (SPD) wünschte sich einen Mittelweg zwischen einem ausufernden Verfahren und einem von Karl Mittag beantragten eng gefassten Bereich. “Was ist wirklich wichtig für die Stadtgesellschaft?” Man brauche Ziele, die erreichbar sind, mit Zwischenzielen.
Er wolle sich nicht durch einen Stadtentwicklungsplan in seiner Entscheidungsfreiheit beschneiden lassen, betonte Lutz Schönthal (CDU). Die Menschen in der Verwaltung seien überlastet, Gremiensitzungen gingen bis Mitternacht, die Pflichtaufgaben müssten erfüllt werden. Er sehe einen Stadtentwicklungsplan deshalb kritisch.
“Einzelentscheidungen sind trotzdem nötig”, so Volker Stelzer (Grüne). Durch den Plan habe man aber Orientierungspunkte und könne Diskussionen verkürzen und vereinfachen.
Die Bürger würden sich nicht ernst genommen fühlen, wenn der letzte Stadtentwicklungsplan 2020 sowie das Ergebnis der Perspektivwerkstatt in den Schubladen verschwunden ist, so Marius Biebsch (Junge Liste). Dem widersprach Wolfgang Sickinger (SPD). Es liege in der Verantwortung jedes einzelnen Gemeinderats, den Finger in die Wunde zu legen, der Stadtentwicklungsplan müsse ernst genommen werden. “Sie können mich daran messen, was umgesetzt wird”, versprach Oberbürgermeisterin Petra Becker.
Für die abgespeckte Planvariante, die Karl Mittag (Grüne) vorgeschlagen hatte, stimmten CDU, FDP und Junge Liste mit 12 Stimmen. Die Grünen, die Freien Wähler und die SPD lehnten ihn mit 15 Stimmen ab. Der Vorschlag der Verwaltung, der auch eine Beauftragung des Büro suedlicht enthält, fand hingegen eine Mehrheit von 18 Stimmen bei Ablehnung durch CDU und Junge Liste sowie Enthaltung der FDP.
forum Kommentare
Das dauert ja allein schon drei Jahre bis der Gemeinderat sich soweit abgesprochen hat, bis er weiß was er eigentlich will. Ich sage nur Februar 2020 hat der Rat was beschlossen, und jetzt ist Juli 2021 und noch nix ist passiert. Das ist mit größtem Respekt gesagt – mehr als nur eine tolle und schnelle Entwicklung zu bezeichnen. Vor einer solchen Leistung sollte man wirklich letztmals den Hut ziehen und ihn in Zukunft am Besten nicht mehr aufsetzen, damit man sich nicht noch einmal wiederholen muss. Was ist da los???
Es wurde leider nur sehr wenig aus der Bürgerwerkstatt 2018 umgesetzt.Eigentlich nur welche die Verwaltung vorher schon bevorzugt hatte.
Weiterhin finde ich 100000 Euro zu viel,für eine Veranstaltung bei der nicht die Bürger sondern die Verwaltung die Richtung vorgibt. Die Veranstaltung 2018 kostete ca 40000 Euro.
Das Gejammer über zu wenig Geld kann ich leider nicht nachvollziehen,da z.b.Frau la Croix für die Beteiligung EnBW Netze gestimmt hat. Es waren ca 3 Millionen sofort verfügbares Geld vorhanden.
Dafür hätte man locker schon 25 bezahlbare Wohnungen bauen können oder Planungsrecht und Erschließung Staffort bezahlen können.
Zur Überlastung Verwaltung ist zu sagen ,dass man so langsam wieder in den Normalbetrieb übergehen sollte ,eventuell mit Ausdehnung der Öffnungszeiten um den Terminstau von 4 Wochen schnellst möglich aufzulösen( Personal war vorher da,sollte jetzt immer noch vorhanden sein). Und der Gemeinderat muß eine Prioritätenliste mit straffem Zeitplan für die Verwaltung aufstellen.