Im Sommer zerstörten heftige Überschwemmungen in Nordrhein-Westfalen und Hessen ganze Ortschaften. Sie waren die Folge sogenannter Starkregenereignisse. Menschen kamen ums Leben, Existenzen wurden zerstört, es wird Jahre dauern, bis wieder Normalität einkehren wird. Schon damals kam bei vielen Menschen in Deutschland die Frage auf: Kann das bei uns auch passieren? Wir haben bei der Stadtverwaltung nachgefragt, wie sie die Situation in Stutensee einschätzt.
Im Falle der Katastrophe im Sommer waren mehrere Extremwetterereignisse zusammengekommen. Zuerst hatte es eine längere Dürreperiode gegeben, so dass die Böden nur wenig Wasser aufnehmen konnten. Dann kam ein Starkregen, der sich aufgrund der schwachen Winde in großer Höhe, dem sogenannten Jetstream, nur sehr langsam bewegte. Dadurch kamen in kurzer Zeit 150 Liter Wasser pro Quadratmeter vom Himmel. Während der Regen die Hänge abspülte, füllten sich sogar Bäche zu reißenden Flüssen und zerstörten die direkt am Ufer liegenden Ortschaften.
Stutensee liegt nicht in bergigem Gelände, so dass ein Hangrutsch keine Gefahr darstellt. Doch auch hier gibt es Fließgewässer, die an den Stadtteilen entlangfließen: Alte Bach und Pfinz-Heglach, die in Blankenloch direkt am Schulzentrum und dem neuen Wohnpark “Mittendrin” entlang und später durch Friedrichstal fließen; Staffort und Spöck liegen an einem weiteren Lauf der Pfinz. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zeigt im Falle von Stutensee etwa Überflutungstiefen von bis zu einem Meter bei extremem Hochwasser in einem Großteil Stafforts (siehe Karte).
“Infolge von mehreren Hochwasserlagen in den 1990er Jahren wurden zahlreiche zusätzliche Schutzmaßnahmen, darunter Dammerhöhungen und -sanierungen, Gewässer-Aufweitungen sowie neue Entlastungs- und Rückhalteflächen an neuralgischen Punkten sukzessive baulich als schützende Infrastruktur umgesetzt”, teilt die städtische Pressestelle auf Anfrage von meinstutensee.de mit. In den vergangenen Jahren sei es nur zu kleineren Hochwassern gekommen, die ausschließlich landwirtschaftliche Flächen betroffen hätten. “Erkannte Mängel an bestehenden Dämmen, beispielsweise Tierlöcher oder Absenkungen der Dammkrone werden generell unverzüglich beseitigt.” Für den Ernstfall gebe es einen Hochwasseralarmplan, der greife.
Da solche Extremwetterereignisse durch die Veränderung des Klimas häufiger werden, fördern die LUBW und das Regierungspräsidium die Erstellung eines “kommunalen Handlungskonzepts Starkregenmanagement“. In Stutensee seien hiervorn bisher lediglich einzelne Bestandteile umgesetzt, räumt die Stadtverwaltung ein. Auf Antrag der Freien Wähler sei das jedoch Thema in der Oktober-Sitzung des Gemeinderats. Starkregenschutz müsse Teil einer kommunalen Klimaanpassungsstrategie sein, begründet Klaus Mayer, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, den Antrag. Seine Fraktion halte eine Bewertung der Situation in Stutensee für dringend erforderlich, um Risiken konkret zu identifizieren, Warnmechanismen an kritischen Punkten zu betrachten oder zu installieren und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Zu den kritischen Stellen bei Starkregen gehören nicht nur die Gewässer, sondern auch die Kanalisation, die dann in kurzer Zeit große Wassermengen ableiten können muss, damit es keinen Rückstau in Straßen und Kellern gibt. Entsprechende Erkenntnisse dazu gebe es in Stutensee aktuell nicht. Die Erstellung eines Handlungsplans würde sowohl Untersuchungen des Kanalnetzes umfassen als auch Maßnahmen an den Oberflächengewässern, so die Stadtverwaltung.
Als Entlastung bei Hochwasser in der Pfinz soll das Rückhaltebecken Oberfüllbruch bei Büchig dienen. Dieses ist jedoch sanierungsbedürftig. Baubeginn für die Sanierung soll frühestens im kommenden Jahr sein.
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