Familien demonstrieren für bessere Kinderbetreuung

Beitragsbild: Martin Strohal

Von Martin Strohal | 28.03.2023 22:40 | 2 Kommentare

Mit vielen bunten und kreativen Plakaten versammelten sich knapp 60 Eltern mit ihren kleinen Kindern am Dienstag Abend vor dem Rathaus in Blankenloch. Sie wollten auf aktuelle Missstände in der Betreuung an Stutenseer Kindergärten aufmerksam machen. In der anschließenden Sondersitzung des Gemeinderats war die Stimmung konstruktiv. Die Verwaltung erläuterte die aktuelle Situation mit Zahlen und gab die Neuschaffung von “Springer-Stellen” bekannt.

“Diese Woche 29 von 50 Stunden keine Kita”, stand auf einem Plakat oder: “Wir wollen wieder Ausflüge machen!” Die Betreuungssituation an Stutenseer Kindergärten ist seit einigen Wochen so angespannt, dass Notfallkonzepte zur Anwendung kommen. Kinder können nur noch tageweise in ihrer Einrichtung betreut werden. Für Eltern, die kurzfristig über Schließungen informiert werden, aber selbst berufstätig sind und keine Großeltern in der Nähe haben, eine große Herausforderung.

Oberbürgermeisterin Petra Becker zeigte Verständnis für die Demonstrierenden. Es sei gut, dass jeder seine Meinung kundtun könne. Die Stadt wolle zeigen, was getan wird.

Erst am Vortag hat der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung die Schaffung von 2,5 Stellen für sogenannte Springer, die keiner Einrichtung fest zugeordnet sind, geschaffen. Außerdem will die Stadt fünf Annerkennungspraktikant:innen ab September einsetzen, um das Kindergartenpersonal zu entlasten. In der Personalverwaltung soll sich ab April eine 50 Prozent-Kraft ausschließlich um die Besetzung der Erzieherinnenstellen kümmern.

Nina Jablonski, Personalleiterin der Stadtverwaltung, stellte die geforderten Stellenanteile der städtischen Kindergärten vor sowie offene Stellen. Stutensee “übererfülle” die gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die geforderten Stellen. Das derzeitige Problem wurde deutlich, als Jablonski den aktuellen Krankenstand des Vortags (Montag, 27. März) darstellte: sechs Krankmeldungen im Kindergarten Lachwald, vier im Zauberwald, sieben im Märchenwald, zwei im Sonnenschein und zwei im Stafforter Waldkindergarten. Die Regelung, dass Kinder deshalb je nach Einrichtung nur drei oder vier Tage pro Woche in den Kindergarten kommen können, sei ein Kompromiss. Alternativ hätten sonst ein oder zwei Gruppen pro Einrichtung komplett geschlossen werden müssen.

In der Gemeinderatssitzung trugen anwesende Eltern ihre Probleme vor und stellten kritische Nachfragen: Was die Stadt den belasteten Erzieherinnen Gutes tue, um sie zu halten, wie viele Kündigungen es im vergangenen Jahr gegeben habe, wie sich Stutensee bei Stellenbesetzungen von anderen Kommunen abheben wolle, ob sich die Transparenz nicht verbessern ließe.

Oberbürgermeisterin Becker begrüßte die konstruktive Diskussion und betonte, dass das aktuelle Notfallkonzept die Ausnahme und kein Dauerzustand sein solle. Das Problem seien nicht die unbesetzten Stellen, sondern die kurzfristigen Krankmeldungen. Sie versprach einen Runden Tisch mit allen Akteuren im April.

“Nach dem Presseartikel und der Demo-Anmeldung haben wir mit allem gerechnet”, gab Nicole LaCroix (CDU/FDP-Fraktion) zu und bedankte sich für den “extrem konstruktiven” Austausch mit den Eltern. Von Zahlenseite sollte alles gut laufen. Da das aber in der Realität nicht so sei, habe man kurzfristig den Personalpool beschlossen. “Wir sind gewillt, draufzusatteln.” Sie verstehe, dass besonders Alleinerziehende mit dem Rücken an der Wand stünden. “Wir müssen stärker in den Dialog treten und die Eltern einbeziehen”, so LaCroix.

“Die Situation ist unbefriedigend”, meinte Sven Schiebel (Freie Wähler). “Kurzfristige Lösungen können wir nicht anbieten.” Er erinnerte an das früher existierende soziale Netz, bei dem Eltern gegenseitig die Betreuung ihrer Kinder übernommen hätten. So etwas wünsche er sich wieder.

Auch Kathrin Weisser (Grüne) stellte fest, dass es theoretisch genügend Stellen gebe, dass es aber schwierig sei, befristete Stellen bei Langzeit-Ausfallenden neu zu besetzen.

“Kurzfristig Erkrankte lassen sich nicht einplanen”, so Wolfgang Sickinger (SPD). Die Situation sei nicht zufriedenstellend. Aber man sei durch die neuen Stellen auf einem guten Weg.

“Die Mitarbeiterpflege ist wichtig”, betonte Marius Biebsch (Junge Liste). Dadurch sollen weitere Kündigungen vermieden werden.

forum Kommentare

DanielaW

Ich hätte da eine Idee, damit die Erzieherinnen und Erzieher weniger krank sind, könnte die Stadt in Luftfilter für jeden Gruppenraum investieren. Es hat sich gezeigt, dass sie sehr effektiv sind.

MfG☆☆

Die kurzfristigen Erkrankungen sind nicht für den Zustand verantwortlich der hier scheinbar seit vielen Monaten herrscht, kamen der Verwaltung und dem Gemeinderat jedoch gerade recht um damit zu argumentieren. Alles was jetzt, auf Druck der Eltern und Presse, von der Verwaltung und den Fraktionen als schnelle Hilfe oder Idee für die Zukunft genannt wurde, hätte schon längst passieren müssen. Stichwort familienfreundliche Kommune. Bezeichnend war es, dass die Verwaltung die Frage nach der Zahl der Kündigungen im letzten Jahr nicht beantworten konnte, oder wollte ? Thema der Sitzung war bekannt, da sollte man meinen, dass man sich auf solche Fragen vorbereitet. Transparenz wurde versprochen, die gibt und gab es noch nie. Alles Gute für die betroffenen Eltern und Kinder, viel Kraft und Nerven für die nächste Zeit.