Stadt zögert beim klimaangepassten Waldmanagement

Lachwald

Beitragsbild: Martin Strohal

Von Martin Strohal | 13.10.2023 14:57 | 2 Kommentare

Mit staatlicher Förderung zur Klimaanpassung des Waldes den Stutenseer Haushalt entlasten? Das hatte die Bürgerinitiative “Lachwald erhalten” Anfang des Jahres vorgeschlagen. Über ein entsprechendes Förderprogramm des Bundes könnte die Stadt jährlich etwa 22.000 Euro erhalten, hatte die Initiative vorgerechnet, zumal der Stutenseer Gemeindewald die meisten Bedingungen bereits erfüllt. Die Stadtverwaltung sieht jedoch bei einzelnen Punkten hohe Kostenrisiken.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium will Wälder an das sich weiter ändernde Klima mit Hitze und Trockenheit anpassen und fördert deshalb entsprechende Aktivitäten. Jochen Heger, Sprecher der Bürgerinitiative “Lachwald erhalten”, die sich mittlerweile generell um Wälder kümmert, hat die Stadtverwaltung im Januar darauf aufmerksam gemacht. Der Fördertopf ist beschränkt, die Gelder werden in der Reihenfolge der Beantragung abgearbeitet. Dass sich der Stutenseer Gemeinderat bis heute nicht mit dem Thema in öffentlicher Sitzung beschäftigt hat, ärgert Heger. Seine Argumente habe er bereits persönlich im Rathaus vorgetragen. Dort sei ihm die ablehnende Haltung der Stadtverwaltung “mit wenig überzeugenden und fragwürdigen Argumenten” mitgeteilt worden.

“Das Förderprogramm wurde in enger Abstimmung mit der Forstverwaltung umfassend und ergebnisoffen geprüft”, teilt die Stadtverwaltung auf Anfrage mit. Die Verwaltung halte zunächst die Erarbeitung eines Waldleitbildes für den nächsten richtigen und wichtigen Schritt. In diesem Zusammenhang solle die weitere grundsätzliche Ausrichtung und Zielsetzung geklärt werden. “Darauf aufbauend können dann entsprechende Fördermittel geprüft werden”, so Ayşe Gün, Referentin der Oberbürgermeisterin.

Allerdings bestätigt sie auch, dass im kürzlich beschlossenen “European Climate Adaption Plan” (eca) das Thema “klimaangepasster Wald” bereits strategisch mitgedacht werde. Die Maßnahmen beträfen jedoch insbesondere den Bereich der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, so Gün. “Warum soll auf Bundesfördermittel für unseren Bürgerwald verzichtet werden, wenn beschlossen wurde, bei eca teilzunehmen und dort Waldschutzmaßnahmen zur Klimaanpassung auf der Agenda stehen?” fragt sich Jochen Heger.

Das von der Stadtverwaltung vorgebrachte, aber nicht näher spezifizierte Kostenrisiko hält Heger für “unbegründet und nicht plausibel”. Die Einführung eines klimaangepassten Waldmanagements sei zudem unabhängig von einem Waldleitbild. “Wir bewerten dieses beabsichtigte Vorgehen der Stadtverwaltung als Hinhaltetaktik”, so Heger. Oberbürgermeisterin Becker verspreche schon länger Veränderungen beim Umgang mit dem Wald. Vor anderthalb Jahren fand eine öffentliche Diskussionsveranstaltung dazu statt. “Aber tatsächlich tut sich nichts.”

“Es liegt jetzt am Gemeinderat zu entscheiden, ob langfristig ein intaktes Waldökosystem vor unserer Haustür gewünscht wird, oder ob weiterhin mit kurzfristigen Erträgen aus einer intensiven Waldbewirtschaftung Defizite gemindert und gegen gesunde und artenreiche Waldlebensräume eingetauscht werden”, fasst Heger zusammen.

Nach aktuellem Stand soll das Thema Ende Oktober öffentlich im Gemeinderat behandelt werden, nachdem es schon für September vorgesehen war.

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Steuergeldverschwendung in Millionenhöhe droht,

weil die Stadtspitze die Teilnahme an dem von uns vorgeschlagenen Bundesförderprogramm in einer zwischenzeitlich auf der städtischen Homepage veröffentlichten Beschlussvorlage ablehnt. Der Gemeinderat soll in der Sitzung am kommenden Montag, 23.10.2023, 18.00 Uhr im Rathaus mit hanebüchenen Argumenten und Berechnungen davon überzeugt werden. Wenn die Bürgerinnen und Bürger wissen wollen, wie mit Steuergeldern umgegangen wird, empfiehlt sich eine Teilnahme an der Gemeinderatssitzung.

Die Stadtspitze kommt in ihrer ablehnenden Vorlage für den Gemeinderat zu dem Schluss, dass nach ihren eigenen Beurteilungen das Förderprogramm der Bundesregierung weder ökologisch noch wirtschaftlich in Stutensee vorteilhaft wäre. Sie betrachtet die geforderte Verpflichtung zum Rückbau von Entwässerungsgräben aufgrund fehlender Kartierungen und mangelnder Ortskenntnisse der zuständigen Försterin als unkalkulierbares finanzielles Risiko. Mitglieder unserer Bürgerinitiative sind noch nicht auf (nicht verlandete) Gräben gestoßen, die zurückgebaut werden müssten, und sehen keine Schwierigkeiten bei der Suche. Die BI empfiehlt daher den Verantwortlichen einen Waldspaziergang. Auch die geforderte Auszeichnung von Habitatbäumen wird als Verwaltungsproblem dargestellt, das mit einem entsprechenden Arbeitswillen leicht gelöst werden könnte. Die Auszeichnung ist problemlos, weil die Förderkriterien nicht definieren, wie ein Habitatbaum beschaffen sein muss.

Letztendlich präsentiert die Stadtspitze eine fragwürdige finanzielle Berechnung, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Teilnahme am Programm mehr kostet, als die Fördermittel einbringen.

Unsere nachweisbaren Feststellungen ergeben jedoch ein gegenteiliges Bild:
In den letzten Jahren wurde kein Gewinn im Stutenseer Stadtwald erwirtschaftet. Trotz Zuschüssen gibt es jährlich Defizite bei der Stadtwaldbewirtschaftung, das letztjährige Defizit lag bei ca. 75.000 Euro. Eine seriöse Berechnung hätte dies beinhalten müssen.
Bei einem „Weiter so wie bisher“ wird in der Summe der nächsten Jahre ein Millionendefizit erreicht, für das die Steuerzahler aufkommen müssen. Selbst wenn ein wesentlich kleineres jährliches Defizit für die Waldbewirtschaftung für die nächsten 20 Jahre (Dauer des Förderprogramms) zu Grunde gelegt werden würde! Aber bei derzeitiger Inflationslage eher höher ausfallen dürfte.
Beschließt der Gemeinderat stattdessen im Rahmen des Förderprogramms eine natürliche Waldentwicklung i. S. der Förderkriterien 2.2.12 für den gesamten Stadtwald, entfällt nicht nur das Millionendefizit, sondern die Stadt wird 20 Jahre lang mit 100 Euro pro Hektar belohnt. Bei 238 Hektar Stadtwald sind dies jährlich 23.800 Euro, insgesamt 476.000 Euro! Ein derartiger Beschluss schränkt weder die Ökologie des Waldes noch die Erholungsfunktion für die Bürgerschaft ein. 20 Jahre für einen Wald sind kein langer Zeitraum, aber für den Mensch ein Zeitgewinn, um die Entwicklung des Klimawandels zu beobachten um danach neu zu entscheiden.

Insgesamt ist also eine Einsparung von rund 1,5 Millionen Euro zu erwarten, abzüglich der Kosten für naturschutzfachliche Pflege, Erhaltungsmaßnahmen, Verkehrssicherung und Zertifizierungskosten. Diese Kosten sind jedoch überschaubar und begrenzt, der Stadt bekannt, und hätten in der Beschlussvorlage ohnehin offengelegt werden müssen.
Falls der Gemeinderat der Stadtspitze folgt, verspielt er seine gesetzliche Kontrollfunktion und würde aus der Sicht vieler Bürgerinnen und Bürger der Stadt Stutensee noch vor der Kommunalwahl im nächsten Jahr eine millionenschwere Steuergeldverschwendung herbeiführen.

FH...

… hier geht es nur vordergründig um Geld. – Sondern vielmehr darum, ob der Forst weiterhin das Sagen über den städtischen Wald behält und ihn nach eigenem Ermessen bewirtschaften kann, oder eben sich an einen Richtlinienkatalog halten muss. Frau OB Becker will es sich mit ihrem Dienstleister, dem Forstamt des Landkreises Karlsruhe, nicht verscherzen und lehnt daher die Teilnahme an dem Förderprogramm ab. Viel Ahnung von Wald hat unsere OB allerdings nicht, lässt sie doch vom Forst regelmäßig Bäume fällen mit dem Verweis auf eine „Verkehrssicherungspflicht“, die es im Wald aber gar nicht gibt …