Weil die für Friedrichstal und Büchig geplanten Naturkindergärten nach Ausschreibung doppelt so viel kosten würden wie ursprünglich geplant, hat der Gemeinderat das Projekt vorerst gestoppt. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, eine neue Ausschreibung mit abgespeckten Anforderungen durchzuführen. Dem ist das Gremium nicht gefolgt. Im April soll über das weitere Vorgehen beraten werden.
Nach dem Beschluss des Gemeinderats im Mai 2023, zwei Naturkindergärten in Büchig und Friedrichstal zu errichten, hatte die Stadtverwaltung die Bauleistungen im Januar 2024 öffentlich ausgeschrieben. Das Interesse sei sehr verhalten gewesen. Die abgegebenen Angebote lagen laut Verwaltung “mindestens doppelt so hoch” verglichen mit den vom Planungsbüro geschätzten Kosten in Hohe von 700.000 Euro. Die Verwaltung hatte deshalb vorgeschlagen, schnellstmöglich eine Neuausschreibung mit reduziertem Standard vorzunehmen. Hier wollte sie freie Hand haben, um Zeit zu gewinnen und nicht auf die nächsten Gremiensitzungen warten zu müssen – schließlich war eine Eröffnung der Einrichtung im Sommer vorgesehen.
Laut Bauamtsleiter Johannes Klawe sei der Plan, das Niveau herunterzusetzen: keine gepflasterten Wege, kleinere Flächen innen, reine Elektroheizung ohne Wärmepumpe, nur Licht und Steckdosen als Aufputzinstallation, eine gemeinsame Teeküche für beide Gruppen. Um die Attraktivität für das Personal zu erhalten, solle es aber eine normale Sanitäranlage geben, kein Plumpsklo, sowie einen Besprechungsraum.
Der Gemeinderat wollte dem jedoch nicht folgen und insbesondere der Verwaltung keinen Freifahrtschein ausstellen.
Drei Gründe hätten für die Naturkindergärten gesprochen, so Nicole LaCroix für die CDU/FDP-Fraktion: Angebot von Waldpädagogik, Beschleunigung der Umsetzung und niedrigere Kosten im Vergleich zu normalen Gruppen. Alle drei Punkte seien verfehlt worden, obwohl der Luxus bereits rausgestrichen gewesen sei.
Insbesondere der Friedrichstaler Ortsvorsteher Lutz Schönthal (CDU) äußerte seinen Unmut. Die Bedarfsermittlung habe in Friedrichstal bereits im September 2020 stattgefunden, Eröffnung sei ursprünglich für September 2021 geplant gewesen. “Die Kinder von damals gehen mittlerweile in die 2. Klasse!” Für ihn sei nicht nachvollziehbar, woher die Kostensteigerung um 100 Prozent komme. Nun hoffe er auf das Jahr 2025.
“Eltern erwarten in Naturkindergärten keine Standards wie in normalen Kitas”, stellte Sven Schiebel (Freie Wähler) fest.
“Die Reduzierung jetzt erfolgt nicht wegen einer anderen Haltung, sondern weil sich die Planer verrechnet haben”, so Susanne Suhr (Grüne).
Marius Biebsch (Junge Liste) zeigte sich fassungslos angesichts der Kosten, bemängelte aber auch, dass er nun nicht wisse, was gestrichen wird.
“Wir wollen wissen, worüber wir entscheiden und wie die Zeitplanung ist”, fügte Wolfgang Sickinger (SPD) hinzu. Das Gremium müsse entscheiden.
“Wir haben mit einem Bauwagen angefangen und bauen jetzt gerade einen richtigen Kindergarten”, fasste Tobias Walter (Junge Liste) zusammen. In anderen Gemeinden ginge es auch kostengünstiger. “Sind wir auf dem falschen Dampfer?” Er plädierte dafür, das ganze Projekt zu stoppen und neu anzugehen.
“Das ist alles andere als zufriedenstellend”, so Oberbürgermeisterin Petra Becker. Angesichts der Stimmung im Gremium verzichtete sie von sich aus darauf, über die Neuausschreibung abstimmen zu lassen. Die Aufhebung der aktuellen Ausschreibung wurde einstimmig beschlossen. Am 8. April soll im Ausschuss für Umwelt und Technik über den Fortgang des Projekts beraten werden.
forum Kommentare
…noch besser wäre es, nicht mehr zur Wahl anzutreten.
Den Vorschlag möchte ich noch ergänzen und anregen, sich bei der anstehenden Kommunalwahl nicht nur an der Wahl zu beteiligen, sondern sich aktiv als Bewerber für den Gemeinderat oder Ortschaftsrat zur Verfügung zu stellen.
Man darf sich ja gar nicht vorstellen, dass hier auch einmal ein Fall von Frühsommer-Meningoenzephalitis oder Borreliose in der wilden Umgebung auftreten könnte.