Knapp zwei Monate vor dem Bürgerentscheid über die Erhaltung des Lachwalds am 18. Februar 2018 beklagen beide Bürgerinitiativen die erschwerten Bedingungen, Bürger mit ihren Argumenten zu erreichen. Während die Fraktionen des Gemeinderats und die politischen Parteien Stutensees die Möglichkeit besitzen, über das Amtsblatt die Bürger zu erreichen, bleibt den Bürgerinitiativen das verwehrt. Bürgermeister Edgar Geißler, verantwortlich für den amtlichen Teil der Stutensee-Woche, verweist gegenüber meinstutensee.de auf die Veröffentlichungsrichtlinien des Amtsblatts. Bürgerinitiativen seien dort – im Gegensatz zu Parteien, Kirchen oder Vereinen – nicht vorgesehen. Dennoch sei das Thema den zuständigen Gremien vorgelegt worden, die jedoch abgelehnt hätten. Geißler sieht dabei aber kein Problem. Es gebe eine gesetzliche Regelung zur Durchführung von Bürgerbegehren. “Es wurde dabei genau geregelt, wie die Vertrauenspersonen, die Fraktionen und die Stadt die Bürger zu informieren haben. An diese vom Landesgesetzgeber getroffenen Vorgaben halten wir uns.”
Verlag lehnt Anzeigen ab
Den Bürgerinitiativen bleibt somit nur der Weg über den kostenpflichtigen Anzeigenteil des Amtsblatts. Doch der Nussbaum-Verlag, Herausgeber des Amtsblatts, lehnte die Anzeige ab, die den Text “Als Bürgerinitiative dürfen wir nicht im Amtsblatt schreiben” enthielt, obwohl dieser wie oben geschildert eine sachlich korrekte Information darstellt. Erst nach Änderung des Satzes in “Besuchen Sie aus aktuellem Anlass unsere Homepage“ genehmigte der Verlag die Veröffentlichung. “Ein ungeheuerlicher Vorgang”, findet Klaus Gompper von der Bürgerinitiative “Rettet den Lachwald”. Bürgermeister Geißler verweist auf den Verlag: “Sofern der Verlag Anzeigen abweist, liegt das im Entscheidungsbereich des Verlags.”
Der Nussbaum-Verlag, der im Anzeigenteil seiner Amtsblätter ansonsten auch Werbung für politische Parteien veröffentlicht, antwortete auf Anfrage von meinstutensee.de ausweichend: “Die Anzeige ist nach Rücksprache mit dem Inserenten korrekt erschienen.” Gompper fühlt sich dadurch benachteiligt: “Wir empfinden das Ganze als einen ungeheuerlichen Vorgang, den wir eigentlich nur als Zensur bezeichnen können!”
Auch Joachim Heger von der Bürgerinitiative “Lachwald erhalten” hatte im Sommer ähnliche Erfahrungen mit dem Verlag gemacht. Eine ganzseitige Anzeige mit einer sachlichen Schilderung auf Basis der Gemeindeordnung, die die Bürgerinitiative über 500 Euro gekostet hätte, sei abgelehnt worden. “Dies wurde laut Prüfung des Verlags als politische Äußerung gewertet und somit nicht veröffentlicht.” Auch ein Veröffentlichungsrecht im amtlichen Teil sei beantragt worden. “Dieser Antrag erfolgte auf Anraten von Dr. Wunder, der die Auffassung vertritt, dass eine Bürgerentscheidung nur dann gerecht wird, wenn alle Beteiligten in gleicher Form mit ihren Argumenten die Wähler informieren dürfen”, so Heger. Nicht einmal die Rede von Susanne Suhr in der Gemeinderatssitzung, in der es um die Zulassung des Bürgerentscheids ging, sei abgedruckt worden.
Fairer Wettbewerb der Argumente?
“Vor dem Bürgerentscheid braucht es einen fairen Wettbewerb der Argumente”, meint der Verein Mehr Demokratie, der die Bürgerinitiative bei fachlichen Fragen zur Durchführung eines Bürgerbegehrens unterstützt. Auch wenn es gesetzlich nicht vorgeschrieben sei, sollte es im Vorfeld eines Bürgerentscheids ausgeglichene Informationen geben. “Diese auch durch Leitfäden und Best Practice-Beispiele empfohlene Praxis beruht auf der Erkenntnis, dass Bürgerentscheide dann eine befriedende Wirkung erzielen, wenn alle Beteiligten den Eindruck hatten, dass es vor dem Entscheid einen fairen Wettbewerb der Argumente gegeben hat. Haben hingegen viele Bürger den Eindruck, dass dem nicht so war, wird auch das Ergebnis des Bürgerentscheids erheblich geringere Akzeptanz erfahren. Die Legitimation eines demokratischen Verfahrens und das Vertrauen der Bürger in die Gemeindeorgane können dadurch erheblichen Schaden davon tragen.”
“Stadtteile werden gegeneinander ausgespielt”
In Stutensee könne von einem solchen fairen Wettbewerb nicht die Rede sein, beklagen die Bürgerinitiativen. “Jetzt wird noch versucht, die Stadtteile gegeneinander auszuspielen”, bedauert Gompper. “Wird der Lachwald nicht verkauft, bekomme Staffort keine neue Mehrzweckhalle.” Spöck plant eine öffentliche Ortschaftsratssitzung im Januar, in der die Finanzsituation dargestellt werden soll (wir berichteten). Das passe zur Marschrichtung der Freien Wähler, meint Gompper. Im Spöcker Ortschaftsrat sind mehrheitlich Mitglieder der Freien Wähler, sowie jeweils ein Mitglied von CDU und SPD. Die Grünen – im Gemeinderat die einzigen Gegner der Lachwaldbebauung – sind in Spöck nicht vertreten. “Ziel ist nicht, für Positionen zu werben, sondern die transparente und umfassende Information der Bürgerinnen und Bürger im direkten Austausch”, erläuterte Bürgermeister Edgar Geißler auf Nachfrage.
Keine Veröffentlichungssperre für Parteien
Im Gegensatz zu Wahlen wird es übrigens keine sechswöchige Veröffentlichungssperre im Amtsblatt für Parteien und Fraktionen geben. Dazu habe die Stadtverwaltung die Ansicht der Rechtsaufsichtsbehörde eingeholt. “Da bei einem Bürgerentscheid über eine Sachfrage abgestimmt wird und nicht ein Mandatsträger oder eine politische Partei zur Wahl stehen, sind die Sachverhalte nicht vergleichbar und damit die Regelung nicht übertragbar”, erläutert Geißler.
Den Bürgerinitiativen verbleibt derweil nur, in neutral gehaltenen Anzeigen auf ihre Webseiten zu verweisen. Nur im Januar werden ihre Argumente gleichberechtigt zu den Argumenten der Verwaltung und des Gemeinderats in einer Sonderbeilage des Amtsblatts dargelegt werden. Das verlangt die Gemeindeordnung im Vorfeld eines Bürgerentscheids.
forum Kommentare
Frau Michels,
das ist wieder einmal typisch für Sie. Falschmeldungen produzieren und Widersprüche in sich darstellen.
1. Sie behaupten, auch für die Renovierung des alten Bades hätte es Zuschüsse gegeben und die Sanierung wäre billiger geworden. Es wäre schön, wenn Sie Beweise dafür antreten könnten, die es eben nicht gibt; Sie können sich gerne bei der Fraktion der Grünen erkundigen, denn die wären in diesem Fall sicher nicht bereit meine Feststellung zu stützen, wenn sie nicht wahr wäre.
2. Sie schreiben, die Kosten der Sanierung wären nicht so hoch gewesen als für den Neubau. Wir hatten vor gut 5 Jahren für eine Generalsanierung einen Kostenvoranschlag von ca. 8,8 Millionen €; kurz danach hatten wir eine Kostenberechnung für ein neues Bad unter 8 Millionen Euro. Es wäre interessant, wie Sie als Gemeinderätin entschieden hätten.
3. Nach ihrem Vorschlag, das alte Bad zu sanieren, hätte es beim Badgelände keinen kostengünstigen Wohnraum gegeben, weil ja das Bad nicht abgerissen worden wäre. Also ein totaler Widerspruch zu Ihrer Anmerkung: “erfreulich ist das Projektvorhaben allemal” !!?? Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass Herr D. Vogt mündlich in der Festhalle gegenüber Herrn Demal und mir äußerte, dass man in Blankenloch nicht unbedingt ein Bad brauche!!
Wenn Sie mich fragen, weshalb ich Lokalpolitik betreibe, dann gebe ich Ihnen gerne eine Antwort darauf. Mir liegt das Wohl und Wehe der Menschen, vor allem solchen mit geringen Einkünften sehr am Herzen. Wenn man weiß, dass manche junge Familien bis zur Hälfte ihres Netto-Familieneinkommens für Miete, Nebenkosten, Strom usw. ausgeben müssen, dann fühle ich mich auch als christlich orientierter Mensch und als Sozialdemokrat verpflichtet, hier zu helfen. Das scheint manchen “elitären Kreisen” eben nicht besonders zu schmecken, doch die Bevölkerung in Stutensee hat dies in den letzten über 40 Jahren durch außerordentlich hohe Zustimmungswerte bei Gemeinderats- und Kreistagswahlen honoriert und mich in meinen Bemühungen bestärkt.
Bei den “Glaubwürdigkeitsphrasen” ist natürlich bei vielen Anhängern der BI’s aus verständlichen Gründen “jedes Wort zu viel (bei jeweils eigener Betroffenheit).
Wenn Sie also Behauptungen aufstellen, dann erkundigen Sie sich bitte vorher, ob diese auch der Wahrheit entsprechen!!! Leider sind Sie nicht die einzige, die solche Behauptungen aufstellt, wie der Bericht von Herrn Hendel in den BNN vom 05. Januar deutlich zeigt, denn es wird hier offenkundig, dass Stutensee im Verhältnis zu vielen anderen Kommunen durchaus gut gewirtschaftet hat, obwohl es keine eigenen Flächen wie z.B. Eggenstein-Leopoldshafen und Linkenheim-Hochstetten in großem Umfang veräußern konnte. Auch eine Einlassung eines Anhängers der BI’s an anderer Stelle, der behauptet, dass der Verkauf von Bauplätzen aus Büchig -die zum größten Teil erst von der Stadt als Bauerwartungsland erworben werden mussten-die Investitionen der letzten Jahrzehnte in Stutensee finanziert hätten, ist total falsch; hier hat Staffort, wo die Stadt in 4 Baugebieten jeweils eigene Flächen einbringen konnte, prozentual am meisten eingebracht. Man könnte jetzt die Reihe der “Falschmeldungen” fortsetzen, aber das bringt uns in unserer Meinung auch nicht näher, musste aber einmal gesagt werden!!
@ Sickinger
Noch was, Herr Sickinger,
schieben Sie doch nicht alles, was Ihnen argumentativ nicht in den Kram passt, auf die Bürgerinitiativen. Es gibt genug Bürgerinnen und Bürger, die mit guten Gründen anderer Meinung sind als Sie und deswegen nicht gleich einer Bürgerinitiative angehören müssen. Ihre Aggressivität gegenüber Menschen, die hier durch Kommentare Meinungen vertreten, die Sie nicht hören wollen, macht mir Angst. Sie sind, vielleicht haben Sie das auch vergessen, von Stutenseer Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden. Und wenn Sie sich in Ihrem vorletzten Kommentar (05.01.2018, 16:34 Uhr) anmaßen, über „Moral und Glaubwürdigkeit“ von denen zu befinden, die nicht auf ihrer Linie sind, finde ich das für einen, jetzt wiederhole ich mich, gewählten Kommunalpolitiker, erschreckend. Auf Ihre Warum-Fragen am Ende dieses Kommentares überhaupt einzugehen, erspare ich mir. Ich habe keine Lust mehr, mit Ihnen zu diskutieren.
Das scheint manchen „elitären Kreisen“ eben nicht besonders zu schmecken, doch die Bevölkerung in Stutensee hat dies in den letzten über 40 Jahren durch außerordentlich hohe Zustimmungswerte bei Gemeinderats- und Kreistagswahlen honoriert und mich in meinen Bemühungen bestärkt.
Bis dato ist mir nichts bekannt dass in Stutensee irgendetwas in diese Richtung passiert. Außer der Entwurf zum Neise Geländer von Ackermann und Raff. Da waren Sie ja nicht sehr erfolgreich bis jetzt. Im Lachfeld und Büchig 2000 wollte ich ein Haus kaufen, jedoch war meine Summe zu niedrig, die ich geboten hatte.
Ich habe Sie auf der Gemeinderatssitzung erlebt, ersparen Sie mir Ihren Mist.
@ Herr Sickinger,
Herr Sickinger, mit dieser Einstellung zum Bürger haben Sie und ihre Genossen eine einst stolze Volkspartei, die die Rechte der Bürger gegen Großindustrie und Staat vertreten hat, zu einer “kleinen” Partei degradiert. 1972 hatte die SPD noch 45,5% der Wählerstimmen, letztes Jahr waren dies noch 20,5%.
Aber daran ist ja nur der “dumme” Wähler schuld, die bösen Medien, Facebook etc.
Denken Sie mal darüber nach!
Eine kleine Anmerkung: Man sollte keine falschen Kausalitäten herstellen. Durch den Neubau des Schwimmbads an einem anderen Ort, der dadurch allerdings belegt wird und für andere Zwecke nicht mehr verfügbar ist, ist es als Seiteneffekt möglich, den alten Ort für andere Zwecke zu nutzen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass dort bezahlbares Wohnen entstehen soll.
Den Eindruck zu erwecken, dass im Umkehrschluss der Bad-Neubau für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums nötig ist, ist natürlich falsch.
Bezahlbarer Wohnraum kann ohne Bad-Neubau und ohne Wald-Abholzung entstehen.
Nebenbei: Bei der Entscheidung, ob ein Bad-Neubau erfolgen soll – oder bei anderen Großinvestitionen größer 10 Mio. -, hätte ich als Gemeinderat einen Bürgerentscheid herbeigeführt. – Ja, das geht auch von oben nach unten. –
Dann wäre bei Zustimmung diese Entscheidung einzeln legitimiert und von einer breiten Basis der Bevölkerung getragen, was Konflikte, wie aktuell, vermeidet und sicherlich auch die Nerven des GR schont.
Da inzwischen alles von allen gesagt wurde und es längst nicht mehr um den Inhalt des Artikels geht, werden wir die Kommentarfunktion hier schließen. Es werden weitere Artikel zum Thema Lachwald kommen, bei denen wieder kommentiert werden kann.