Halbzeit: Becker will weitermachen

Petra Becker am Tag ihrer Wahl

Beitragsbild: Martin Strohal

Von Martin Strohal | 08.11.2022 18:30 | 1 Kommentar

Interview mit Oberbürgermeisterin Petra Becker

Vier Jahre ist Petra Becker mittlerweile im Amt. Und auch wenn in der ersten Hälfte ihrer achtjährigen Amtszeit die Krisen zu dominieren scheinen, steht für sie fest: Sie will 2026 unbedingt eine zweite Runde dranhängen. Zu den wesentlichen Themen der letzten vier Jahre hat meinstutensee.de vor einigen Tagen mit der Friedrichstalerin gesprochen.

Am 1. Oktober 2018 hat Petra Becker ihr neues Amt in Stutensee als Nachfolgerin von Klaus Demal angetreten. Im zweiten Wahlgang war sie auf 57,3 Prozent der Stimmen gekommen. Nur ein gutes Jahr blieb der Juristin, um in Stutensee anzukommen, bevor Corona sie zur Krisenmanagerin werden ließ. Ausgangssperren, Hygienemaßnahmen, Einschränkungen bei Handel und Gewerbe haben bereits zu Lieferkettenproblemen, Rohstoffverknappung und steigender Inflation geführt, als in diesem Frühjahr der Krieg Russlands gegen die Ukraine beginnt.

Von den Folgen für die Energieversorgung in Deutschland ist die Stadt direkt betroffen und die Verwaltung muss Entscheidungen fällen. Über allem steht zudem der voranschreitende Klimawandel, der zum Handeln drängt. Ist man als Oberbürgermeisterin in diesen Zeiten nur Getriebener? Oder bleibt noch die Möglichkeit, eigene Akzente zu setzen? Zu diesem großen Rahmen kommen die lokalen Herausforderungen, wie etwa der Rücktritt von Baubürgermeisterin Sylvia Tröger und das ruhestandsbedingte Ausscheiden von Bürgermeister Edgar Geißler. Der Wegfall seines Dezernats erfordert eine komplette interne Neuaufstellung der Stadtverwaltung. Mit dem Mangel an Kinderbetreuungsplätzen, dem Sanierungsbedarf an Schulen in allen Stadtteilen und einer Jugendbeteiligung, deren Zukunft unklar ist, kommen weitere drängende Themen hinzu.

Im Gespräch vermittelt Petra Becker nicht den Eindruck, sich angesichts all dieser Herausforderungen geschlagen zu geben. Zurückblicken will sie im öffentlichen Gespräch zwar nicht, aber sie wähnt sich auf einem guten Weg, gemeinsam mit ihrer Verwaltung die Dinge anzugehen. Viele der Themen seien “Langläufer”, die sich nicht kurzfristig erledigen ließen. Auch das sei ein Grund für sie, eine zweite Amtszeit anzupeilen. Dabei seien jedoch nicht nur die großen politischen Themen für sie bedeutsam, sondern beispielsweise auch die Städtepartnerschaften mit Tolna und Saint-Riquier.


Lesen Sie im Folgenden das vollständige Interview mit der Oberbürgermeisterin:

meinstutensee.de: Vier Jahre sind Sie jetzt schon in Stutensee. Haben Sie es sich so vorgestellt? Erst einmal unabhängig von den Krisen, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen.

OB Petra Becker: Ja, das ist schon eine Beeinträchtigung. Mein erstes Projekt, die Förderung für die Stafforter Mehrzweckhalle auf den Weg zu bringen, startete nach der Wahl im Juli, noch vor meinem Amtsantritt im Oktober 2018. 2019 habe ich mir meinen Fuß gebrochen, was einen durchaus behindert. Und dann kam gefühlt Corona. Ich hätte es mir ruhiger, also ohne Krisen, vorgestellt. Die Beeinträchtigung betrifft natürlich alle. Da ist nicht viel Zeit gewesen, in aller Ruhe Dinge auf die Schiene zu setzen. Das hätte ich mir anders gewünscht.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Amt am besten? Trotz aller Krisen gibt es hoffentlich Dinge, die Ihnen richtig Spaß machen. Was machen Sie am liebsten in Ihrem Alltag?

Dialogforum STEP 2035

Für mich erschöpft es sich nicht darin, eine große Verwaltung zu leiten. Was mir wichtig ist, ist der Kontakt mit den Menschen, gerade bei einer Veranstaltung wie gestern [Dialogforum STEP 2035] oder wenn ich bei einem Vereinsfest bin. Der Kontakt zu den Menschen ist das, was für mich zum Oberbürgermeister-Sein dazugehört, was immer wieder neue Ideen und positive Rückmeldungen oder überhaupt Rückmeldungen ergibt.

Was machen Sie am wenigsten gern? Worauf könnten Sie verzichten?

(überlegt) Wenn Dinge zu lange dauern. Wenn man das Gefühl hat, man könnte etwas schneller umsetzen, muss dann aber doch nochmal drei Runden drehen. Darauf könnte ich verzichten.

Wir hatten es ja schon angesprochen: Die letzten Monate und Jahre sind von Krisen geprägt gewesen. Erst Corona, dann Ukraine, Energiekrise. Sie sind deshalb viel im Krisenmanager-Modus unterwegs. Gab es trotzdem die Gelegenheit, etwas zu gestalten, wie man es als Oberbürgermeister gern machen würde und weshalb sie wahrscheinlich auch kandidiert haben?

Kowalsky, Becker, Rösner, Schönhaar

Ja, natürlich. Über den Wohnpark „Mittendrin“ konnten wir sehr viele Wohnungen sichern, auch für Menschen mit Wohnberechtigungsschein. Der Spatenstich erfolgte in meiner Amtszeit. Wir haben den Flächenmanager, das Seniorenzentrum in der Eggensteiner Straße, Vierundzwanzigmorgenäcker ist fertig geworden. Wir haben den European Energy Award beschlossen und sind jetzt am Nahwärmenetz. Und wir sind dabei – durch Corona verzögert –, den Stadtentwicklungsplan zu erarbeiten. Das sind Dinge, die in die Zukunft weisen. Wir haben Einwohnerversammlungen, sei es digital oder in Anwesenheit. Ich habe Bürgersprechstunden. Wir haben gleich als erstes die nichtöffentlichen Gemeinderatssitzungen nach hinten verbannt. Bürgerinnen und Bürger sollen nicht warten, bis der „hohe Rat“, sich entschlossen hat, seine nichtöffentliche Sitzung zu beenden. „Update Deutschland“ war für mich etwas Tolles. Wir haben danach auch eine Förderung erhalten. Wir haben die Leute von „Youth Lead the Change“ dagehabt. Jetzt gibt es Car-Sharing in allen Stadtteilen. Anfangs war Stadtmobil skeptisch wegen Staffort. Aber ich höre nicht, dass das nicht angenommen würde. Gerade Staffort braucht solche Angebote. Auch im Bereich der E-Ladesäulen haben wir einiges geschafft, da geht es noch weiter. Das sind Dinge, die in meiner Zeit tatsächlich umgesetzt wurden. Da gibt es einiges an Positivem, auch Erfolge, wenn Sie so wollen.

Personelle Änderungen in der Stadtverwaltung

Zu einigen konkreteren Dingen: Es gibt einige Veränderungen im Haus, Erste Bürgermeisterin Tröger ist gegangen, Bürgermeister Geißler ist gegangen, alle Sachgebietsleitungen unter Geißler sind nicht mehr an ihrem Platz. Was man so mitbekommt, gibt es gerade viel Umbruch im Rathaus. Sehen Sie das als Chance, alte Zöpfe abzuschneiden oder sorgt das gerade mehr für Unruhe?

Wenn lang gediente Mitarbeiter oder Führungskräfte gehen, sorgt das immer für eine Veränderung. Jede Veränderung verunsichert auch. Aber ich würde es nicht überbewerten. Wir haben einen Generationswechsel. Es gibt ganz viele junge im Haus. Nehmen Sie zum Beispiel die Leiterin der Stabstelle Organisation und Bürgerbeteiligung, die ganz viele neue Ideen ins Haus bringt. Ich würde das nicht so negativ sehen. Fluktuation gibt es überall. Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern allgemein einen Arbeitskräftemangel. Das trifft uns alle. Aber jede Veränderung ist auch eine Chance. Manche mögen das lieber, andere nicht. Das ist aber keine Stutenseer Besonderheit. Das ist spannend.

Und Sie nutzen die Chance, alles neu aufzubauen?

Nein, nein, ich drehe nicht das Unterste zuoberst, nur weil es früher so war. Das tun wir nicht. Wir haben gerade unter den Amtsleitern Kolleginnen und Kollegen mit großem Erfahrungsschatz, die sich seit vielen Jahren für die Stadt einbringen. Es passt nur, wenn wir das zusammenfügen.

Allein durch den Wegfall des einen Dezernats gibt es auch ohne Fluktuation schon Änderungen.

Natürlich. Wir sind gerade auch dabei, eine Organisationsuntersuchung über das Haus laufen zu lassen. Mir war besonders wichtig, das auch gemeinsam mit den Mitarbeitenden zu machen, damit diese sich aktiv einbringen können. Denn diese machen die Arbeit jeden Tag in ihren Bereichen. Darauf sind wir angewiesen, das Beste zu machen, was die Zufriedenheit angeht.

OB Petra Becker, Tamara Schönhaar

Zu den Dezernatsleitungen: Frau Tröger ist gegangen und hat Ihnen dabei ein bisschen die Schuld zugeschoben. Hat Sie das sehr getroffen?

Solche Wechsel sind nicht einfach. Aber das ist jetzt Vergangenheit. Ich blicke gern in die Zukunft. Die Zusammenarbeit mit Tamara Schönhaar – das merkt man, glaube ich – ist eine fruchtbare. Auch hier ein neuer Aspekt in unserer Stadt. Vergangenheit lassen wir ruhen.

Trotzdem haben sich im Nachhinein bei Untersuchungen Unregelmäßigkeiten im Bauamt festgestellt, zu lange Fristen, falsche Abrechnungen usw. Ist das inzwischen aufgearbeitet worden? Und wer haftet eigentlich für das Geld, das der Stadt dadurch möglicherweise entgangen ist?

Wir haben selbstverständlich alles aufgearbeitet. Die Dinge sind geklärt. Es sind auch keine Schäden in dem Sinne entstanden. Wir haben jetzt eine Tax-Compliance, wir haben ein Risikomanagement angestoßen, damit nicht nur auf steuerliche Risiken geschaut wird, sondern dass wir auch in anderen Bereichen, beispielsweise bei Starkregen-Ereignissen, vorausschauend agieren. Da sind wir auf dem Weg, um frühzeitig handeln zu können. Das Vieraugenprinzip gibt es schon immer.

Damit so etwas nicht mehr vorkommt.

So würde ich es im Moment nicht sagen. Es gibt immer irgendwas, das vorkommt. Zum Beispiel Umweltschäden sind von größter Schwierigkeit, wenn sie eintreten. So etwas frühzeitig im Blick zu haben, wo etwas passieren könnte. Das ist das, was wir gerade aufstellen. Das aber unabhängig von irgendwelchen Anlässen. Das ist für mich Teil einer modernen Verwaltung. Das hat auch nichts mit Misstrauen zu tun, sondern macht es leichter und gibt allen, auch den Mitarbeitenden, mehr Sicherheit.

Fehlende Kita-Plätze

Bei Herrn Geißler scheint der Abschied etwas harmonischer gelaufen zu sein, zumindest von außen betrachtet. Aber auch in seinem Dezernat gab es Defizite, z.B. bei der Kinderbetreuung. Es fehlen derzeit viele Kindergartenplätze. Gab es da Versäumnisse oder war das nicht absehbar?

Ich glaube es ist gut, dass es uns jetzt gelungen ist, Bauen und Bedarfe zusammenzubringen. Was möglich war, wurde auch in der Vergangenheit getan.

Aber gerade das hätte man auch schon fünf Jahre früher machen können.

Ja, natürlich. Bedarfsplanungen gab es immer schon, sind vielleicht nur etwas solitär gestanden. Im Sachgebiet Familienbüro gab es immer Planungen, wir waren immer davon ausgegangen, dass es reicht. Aber ich möchte nicht sehr nach hinten schauen. Das ist nicht meine Art, das möchte ich nicht. Alle, die bisher in den Bereichen tätig waren, haben ihr Bestes gegeben. Sie haben es bei den Verabschiedungen gemerkt, da gab es eine große Zufriedenheit mit dem Werk von Herrn Geißler, das gilt es auch zu würdigen.

Es gibt aber auch andere Stimmen, muss man ergänzen. Trotzdem gibt es ja akut viele Eltern, die ein Betreuungsproblem haben, z.B. weil beide Eltern arbeiten gehen. Zum einen, weil sie vielleicht gar keinen Platz finden in Stutensee, zum anderen vielleicht auch, weil die Betreuung nicht zuverlässig ist. Zum Beispiel im Kindergarten Zauberwald, in dem an einem Tag spontan die Gruppen wegen Krankheit schließen müssen. Der Kindergarten wurde schon auf drei Gruppen reduziert. Man hört aber von dort, dass das auch viel zu optimistisch ist nach Anzahl der Erzieherinnen, also dass drei Gruppen auch auf Kante genäht sind, wurde mir dort gesagt. Allgemein herrscht im Kindergarten Zauberwald keine große Zufriedenheit, was man anhand der diversen Kündigungen sieht. Ich habe mich mit Erzieherinnen getroffen, die dort gearbeitet haben und die mir von den Problemen erzählt haben. Sie fühlen sich von der Stadtverwaltung nicht wertgeschätzt, sagen sie, und das Fachliche habe gefehlt bei der Zusammenarbeit.

Kindergarten Zauberwald

Da sind wir gerade dran. Zum einen haben wir Gespräche geführt. Das Streichen des Treppenhauses ist jetzt auch angegangen. Ich gehe davon aus, dass das in den nächsten Wochen, noch in diesem Jahr, erledigt wird. Bei der Sachgebietsleitung im Familienbüro gab es einen Wechsel. Wir haben eine neue Sachbearbeiterin, die für den Kita-Bereich zuständig ist. Mit der neuen Kollegin haben wir tatsächlich wieder eine Person, die den Kontakt zu den Kitas insgesamt hält, so dass der direkte Kontakt und Austausch besser wird. Wir sind wie mit allen städtischen Kindergärten in Gesprächen, so auch mit dem Zauberwald. In Büchig wird die Arbeit schon von extern mit Supervision begleitet. Mit dieser Art der Unterstützung und Beratung für alle, für Erzieherinnen und Erzieher und damit für Kinder und deren Eltern, sehe ich eine gute Zukunft. Wir sind auf jeden Kita-Platz, der in unserer Stadt realisiert werden soll, egal von wem, angewiesen. Wir müssen nach jedem Kita-Platz greifen.

Würden Sie da künftig mehr private Betreiber bevorzugen wie pro liberis, weil die Stadt dann weniger Aufgaben hätte, was z.B. die Personalbetreuung angeht?

Da muss es eine gute Mischung geben. Wir haben als Stutensee viele Kitas, es gibt kirchliche, es gibt Grashüpfer. Wir haben auch Interessenten, die sich bei uns melden, ob es nicht Möglichkeiten gibt, z.B. noch eine Naturgruppe zu eröffnen. Wir werden aber sicher, wenn ein Gelände zur Verfügung steht und wir es nicht selbst machen wollen, ausschreiben müssen. Auch die Trägerschaft müssen wir dann vergeben. Natürlich ist das interessant. Aber ein guter Mix ist wichtig.

Aber prinzipiell ist es für die Verwaltung schon einfacher, wenn man mehr Externe ins Boot holt, die Aufgaben schneller umsetzen können, als wenn sich die Stadtverwaltung um jedes Einzelne kümmern muss, seien es Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern oder Kindergärten.

Dort, wo es schneller geht und Sinn macht, sollte man das auf jeden Fall machen. Früher ist Public-Private-Partnership so gewesen: Public bezahlt und Private hatte den Nutzen – das kann es nicht sein. Es muss auch einen Nutzen für die Kommune geben. Gerade so etwas wie die Bürgerenergiegenossenschaften oder private Kita-Träger, kann ich mir schon vorstellen.

Angesichts der Kinderbetreuungsknappheit: Halten Sie das Label „Familienbewusste Kommune plus“ aktuell noch für gerechtfertigt?

Ja, ich denke schon. Man muss sich immer wieder beweisen. Das müssen wir überprüfen und auch für uns evaluieren. Im Oktober 2020 ist es wieder verliehen worden. Da ist die Zertifizierung betrachtet worden. Da müssen wir uns selbst an der Nase packen. Wie bei allen Bereichen.

Sie sehen das Label also als Ansporn, wieder besser zu werden?

Genau. Wie gesagt, im Moment haben wir es. Es ist uns überprüft verliehen worden. Es ist eine große und wichtige Aufgabe. Kinder sind die Zukunft.

Container Friedrich-Magnus-Schule Friedrichstal

Zu den Schulen: Von Elternvertretern habe ich gehört, dass sie in die anstehenden Sanierungsarbeiten, Friedrichstaler Grundschule beispielsweise oder Schulzentrum, nicht eingebunden seien. Gibt es da einen Kanal zu den Eltern, was die Sanierungen vor Ort angeht?

Vor kurzem hatten wir ein großes Treffen im Schulzentrum, wo alle Akteure, Schulleitung, Eltern, Firmen dabei waren. Damit wir gerade für das Schulzentrum ein zukunftsfähiges Konzept entwickeln.

Bei der Grundschule gab es das meines Wissens nicht.

Ich kann es Ihnen leider nicht sagen, wie es in Friedrichstal gelaufen ist. Es stellt sich die Frage, welche Kanäle es geben muss: Macht das die Schule oder die Verwaltung? Brandschutz ist die absolute Priorität. Da gibt es möglicherweise auch Veränderungen, die sein müssen, an denen kein Weg dran vorbei geht.

Aber dass man das den Elternvertretern kommuniziert. Von Elternseite war es so, dass sie sich nicht gut informiert fühlten.

Das nehme ich mit.

Zukunft des Spöcker Hallenbads

Dann zum letzten Thema von Herrn Geißlers Dezernat: 2018 hatte er einen Belegungsplan für das neue Stutenseebad in den Gemeinderat eingebracht, in dem auch die Spöcker Gruppen berücksichtigt waren. Danach sah es aus, als ob alle Akteure aus Spöck einen Platz im Blankenlocher Bad finden würden.

Hallenbad Spöck

Davon gehe ich auch aus. Dieser Plan war vor meiner Zeit. Das war auch Grundlage für die Entscheidung für das Stutenseebad und dessen Größe, wie ich höre.

Dann wäre es in der Konsequenz jetzt auch Zeit zu sagen: Wir haben jetzt das neue Bad, dann brauchen wir das Spöcker Bad eigentlich nicht mehr. Oder sich Gedanken über die Zukunft zu machen, da das ja schon seit Jahren für Gesprächsstoff sorgt. Ursprünglich war es ja auch an den Anschluss an die Stadtbahn gekoppelt gewesen, hatte Herr Geißler mir einmal erzählt.

Ein Beschluss ist anscheinend nie gefasst worden. Zumindest gibt es darüber keinen Beleg.

Das müsste man aber vielleicht mal, oder?

Ja, das hängt aber auch immer an den Ressourcen, die wir haben. Die brandschutztechnischen Sanierungen der Schulen, das Schulzentrum muss zukunftsfähig gemacht werden, da hängen Gelder dran, die uns einschränken, was wir noch machen.

Wobei der Weiterbetrieb in Spöck auch viel kostet, durch eine Schließung könnte man einiges sparen.

Die Frage wird der Gemeinderat entscheiden müssen. Wir halten es am Laufen. Es gibt auch große Interessen, das Bad so weiterzubetreiben mit diesem Hubboden und insbesondere die DLRG. Da gibt es unterschiedliche Interessen, da bin ich gespannt.

Wahlversprechen: Jugendarbeit

Noch zu ein paar Punkten, die Sie in Ihrem Wahlkampf versprochen hatten. Das eine war die Jugendarbeit. Die hatten sie auch für die nördlichen Stadtteile angekündigt.

Das ist mir immer noch ein großes Anliegen. Da braucht man einen langen Atem. Wir haben ein tolles Jugendzentrum, die machen tolle Arbeit. Aber da sind wir im Gespräch, das liegt mir sehr am Herzen.

Das Begegnungszentrum in Spöck ist eröffnet. Da geht ja einiges. Dort könnte man auch Möglichkeiten anbieten, wo Jugendliche sich treffen. Ich finde, das Begegnungszentrum ist ein schöner Ort. Das ist für mich so ein Ansatzpunkt, die Jugendarbeit auch in die nördlichen Stadtteile zu tragen.

5. Jugendforum

Das Jugendforum ist ja nicht direkt in die politische Arbeit eingebunden. Haben Sie vor, irgendetwas daran zu ändern?

Es gab jetzt den Bruch, dass viele der Jugendlichen aus der Organisationsgruppe zum Studium weggegangen sind. Da haben wir eine Veränderung. Ich hätte jetzt ungern: „Becker sagt, wir machen die Jugendarbeit so und so.“ Da müssen die Jugendlichen mitgenommen werden. Aber die Themen sollten konkreter werden. Demnächst soll es z.B. ein Gespräch zwischen Jugendlichen, Senioren und KVV geben. Aber wie es weitergeht, muss mit den Jugendlichen besprochen werden.

Aber man kann ja Input liefern, da die Jugendlichen keine Erfahrung haben, welche Möglichkeiten sie überhaupt hätten, wenn man sie ließe.

Wir müssen konkretere Anlässe hineingeben. Dann wird es auch messbarer.

Vielleicht auch einmal im Jahr im Gemeinderat etwas vorstellen. Denn bisher war eher der Eindruck, man hat seine Wünsche aufgeschrieben und dann ist nichts passiert.

Der Wunsch war da, E-Roller zu haben. Wir haben alle Betreiber abgefragt. Leider hatte keiner Interesse. Es ist im Hintergrund schon daran gearbeitet worden. Gerade mit der neuen Leitung der Stabstelle Organisation und Bürgerbeteiligung ist jetzt jemand da für Jugend- und Bürgerbeteiligung. Sie macht zwar auch andere Dinge, aber sie hat das in ihrem Portfolio als Aufgabe. Das muss sich natürlich noch alles einspielen. Aber da ist auch jemand, der die Verantwortung trägt, nicht wie bisher. Das ist schon eine neue Qualität.

Und in ihrer Person wird dann auch die Jugendbeteiligung und die „normale“ Beteiligung zusammengeführt. Das war ja früher mehr nebeneinander.

Genau, Alter kann nicht darüber entscheiden. Natürlich ist die Beteiligung von Jugendlichen anders. Da muss man einen langen Atem haben.

Dann gab es noch die Jugendbeteiligungs-App, für die die Stadt auch Geld ausgegeben hat. Die liegt seit einem Jahr im App-Store, man kann sie installieren, aber gepflegt und beworben wird sie nicht. Wie ist da der Stand?

Das ist im Jugendzentrum verankert. Da bin ich darauf angewiesen, dass es das ans Laufen kriegt. Das muss von den Jugendlichen oder den jeweils Verantwortlichen gepflegt werden.

Wahlversprechen: Transparenz

In Ihrem Wahlkampf hatten Sie noch das Thema Transparenz. Die offene Arbeit des Gemeinderats, der Verwaltung, Informationsfreiheit, Zugänglichkeit der Daten auf der Website. Wie sehen Sie da den aktuellen Stand? Haben Sie schon etwas erreicht? Die städtische Website ist z.B. immer noch nicht für Mobilgeräte tauglich.

Sie wird gerade relauncht. Man muss schneller Sachen finden können. Unsere jetzige Seite ist noch etwas „old school“, wenn ich es vorsichtig formuliere. Aber da sind wir gerade dran. Ich hoffe, dass wir das auch im Lauf des Jahres fertig bekommen, spätestens Anfang des nächsten Jahres.

Bei den Gremiensitzungen: Es gibt ja immer noch viele, v.a. Ausschusssitzungen, die nichtöffentlich tagen. Soll das so bleiben oder wollten Sie die Öffentlichkeit da etwas mehr einbeziehen?

Teile der Ausschusssitzungen sind öffentlich. Gerade jetzt das Thema Energiesparen war auch in der Vorberatung öffentlich. Vorberatungen können öffentlich oder nichtöffentlich sein. Da gilt es, den Weg zu finden. Zweimal das Gleiche zu machen, muss auch nicht sein. Da schauen wir drauf. Wir wollen auch konkreter die einzelnen Tagesordnungspunkte anschauen, um zu sagen, das ist gleich öffentlich.

Aber insgesamt sehen Sie sich auf einem guten Weg, was das Thema Transparenz angeht?

Ja, es gibt Einwohnerversammlungen, Menschen können auch mich ansprechen. Es ist immer noch wichtig, aber ich glaube, wir haben wichtige Schritte getan. Nehmen Sie den Live-Ticker von Gemeinderatssitzungen.

Sie hatten mal die Videoübertragung aus Gemeinderatssitzungen getestet. Haben Sie vor, in der Richtung noch etwas zu unternehmen?

Im Moment sehe ich die rechtliche Lage nicht. Aktuell ist das auch nicht mehr so im Fokus, da wir wieder öffentlich tagen und die Menschen kommen können.

Wahlversprechen: Räumliche Entwicklung

Thema räumliche Entwicklung: Wie soll es weitergehen mit der Innenverdichtung, weil die Bevölkerung da nicht ganz so mitgeht, wie man es erhofft hatte, und zum anderen mit dem Flächenpool, der eigentlich bis Ende des Jahres mit konkreten Flächen befüllt sein sollte.

Der Flächenpool ist jetzt Teil des Stadtentwicklungsplans.

Das heißt, da wurde eine Verlängerung beantragt?

Ja. Es geht für mich nicht, das so schnell-schnell durchzuboxen. Da ist für mich der Input der Menschen zwingend. Das machen wir nicht im stillen Kämmerlein. Beim Lachwald sind die Flächen herausgenommen worden. Jetzt muss entschieden werden, wo Entwicklungsmöglichkeiten bestehen sollen. Das ist auch Thema im Stadtentwicklungsplan.

Muss Stutensee denn weiter wachsen aus Ihrer Sicht? Oder sollte man zuerst einmal alles konsolidieren, was man gerade hat, so dass das Verhältnis zwischen Kinderbetreuung, Schulen und den jetzigen Einwohnern passt, bevor man neue Gebiete erschließt, die weitere Probleme mit der Infrastruktur nach sich ziehen?

Wir haben das Bekenntnis, dass die Infrastruktur die Entwicklung begleiten und zur Verfügung stehen muss. Wir sind Teil der Region, wir werden allein durch geflüchtete Personen, die wir aufnehmen, weiter wachsen. Wir haben Kinder, die hier bleiben möchten, die Familien gründen. Wir haben hoffentlich genügend Gewerbe und Arbeitsplätze, um mit den Steuern alles, was wir brauchen zu bezahlen. Eine chinesische Mauer um uns zu ziehen, das geht nicht.

Aber irgendwann ist der Raum erschöpft.

Wir haben zwei Versuche mit der Innenentwicklung gehabt, die so jetzt nicht weiterverfolgt werden. Es wird sicher einen weiteren Versuch geben. Wir haben aber zum Beispiel auch die Landesfläche in Friedrichstal, wo mehr Bevölkerung sein wird. Es gibt Druck, nicht nur von außen, sondern auch von innen. Wenn unsere Kinder hier wohnen bleiben wollen mit ihrer Familie, dann können sie nicht im Haus der Eltern wohnen bleiben. Wie oft höre ich: Meine Kinder wollen unbedingt in Stutensee wohnen bleiben.

Dann wäre es ja sinnvoll, erst einmal die Kindergartensituation auf die Reihe zu bekommen, bevor man weitere Familien ansiedelt.

Das muss Hand in Hand gehen. Wenn wir weitere Baugebiete haben, müssen wir die Bedarfe, die daraus entstehen, mitdenken. Aber auf den Weg haben wir uns gemacht. Die Landesfläche in Friedrichstal wird ab 2027 entwickelt. Bereits jetzt haben wir den Bedarf, wir müssen da aktiv werden.

Mögliches Baugrundstück an der Heglach an der Mühle

Aber der Waldkindergarten in Friedrichstal zieht sich jetzt schon lange, Mannheimer Straße sieht auch nicht so aus, als würde das nächstes Jahr losgehen können. Dieser Investor an der Heglach, der jetzt nicht in die Bedarfsplanung kommt, der darf aber trotzdem bauen?

Dazu müssen alle Themen wie Verkehrsbelastung, Lärmbelastung untersucht werden. Nur dann kann er eine Baugenehmigung erhalten. Das ist völlig getrennt von der Aufnahme in die Bedarfsplanung. Ob es natürlich interessant ist und sich rechnet, wenn man nicht in die Bedarfsplanung aufgenommen wird, das ist die Frage. Das ist sehr bedauerlich, dass wir da nicht zugegriffen und diese Möglichkeit geschaffen haben. Gestern war jemand da, der sagte: Wie kann das sein, wir brauchen so dringend Kita-Plätze, und ihr stimmt da nicht zu! Da freue ich mich auch, wenn die Stimmen nochmal laut werden. Ich kann das nicht erklären.

Anstehende Vorhaben

Das waren die Themen aus Ihrem Wahlkampf. Was haben Sie denn für die zweite Halbzeit vor, für die nächsten Jahre?

Wir müssen sehen, in welchen Zeiten wir leben. Heute Morgen im Radio habe ich von der größten finanziellen Krise der Kommunen seit Gründung der Bundesrepublik gehört. Ich bin immer zuversichtlich und voller Hoffnung. Aber wir haben dicke Bretter vor uns: Wir wollen ja weiterhin in unserer Stadt Grünes haben und nicht alles zupflastern. Das Nahwärmenetz, die Nutzung der Wärme des Abwassers, das sind Riesendinge. Der Umbau des Schulzentrums, die Mehrzweckhalle. Das sind alles Dinge, die reichen weit in meine angestrebte zweite Amtszeit hinein. Wir haben 30 Jahre Partnerschaft Tolna und 40 Jahre Partnerschaft Saint-Riquier. Das mit Leben zu füllen, ist auch eine Aufgabe. Auch jüngere Menschen dazu zu bringen und das am Leben zu erhalten, das ist in Krisenzeiten Europas ein wichtiges Verbindungsglied. Wenn ich sehe, welche Strömungen die politische Landschaft bestimmen, sind solche Kontakte für mich umso wichtiger.

Die letzte Frage haben Sie schon etwas angedeutet. Haben Sie schon darüber nachgedacht, wie es nach dieser Amtszeit für Sie weitergeht? Wollen Sie nochmal?

Vorort-Termin zur möglichen Gütertrasse: OB Petra Becker mit Vertreter der Bürgerinitiative

Ja, unbedingt! Das Leben bringt natürlich viele Änderungen. Aber Stand heute gibt es da überhaupt keine Frage! Aber es gibt eben auch noch was anderes. Man weiß natürlich nicht, wie es ist, das ist richtig. Aber der Kontakt mit den Menschen ist mir wichtig, Kritik gehört dazu, aber es gibt auch viel Positives oder einfach nette Gespräche, das erweitert den Horizont. Es gibt ja auch noch so vieles zu tun. Das Bahnprojekt ist eine der größten Aufgaben, die der Oberbürgermeister von Stutensee hat. Da für eine gute Lösung zu sorgen, ist mir wichtig. Ich möchte nicht das Sankt-Florians-Prinzip. Wir haben eine bestehende Bahnstrecke durch Friedrichstal und Blankenloch, auch da wird sich der Verkehr erhöhen, auch da muss für Lärmschutz gesorgt werden. Wenn die Trasse an die Autobahn kommt, müssen wir auch für Lärmschutz sorgen. Auch mit dem Runden Tisch Naturschutz und Landwirtschaft in Kontakt zu bleiben, ist für mich wichtig. Das Schulzentrum muss so entwickelt werden, dass es auch in zwanzig und dreißig Jahren noch gut ist und den Ansprüchen entspricht. Der Ausbau der Stadtbahnlinie S2 steht an. Es wird eine neue standardisierte Bewertung geben. Auch wenn ÖPNV wichtig ist, muss eine gute Lösung für unseren Stadtteil Spöck gefunden werden. Vielleicht gibt es ja auch noch eine andere Trassenführung, die vielleicht auch Staffort berücksichtigt. Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit.

Vielen Dank für das Gespräch!

forum Kommentare

hythlo

Halbzeit
Dass die Frau OB “8 more years” anmeldet, zeugt nicht von Selbstbewusstsein, sondern von Hybris: Erst nochl vier Jahre gute Arbeit machen – wer weiss, was kommt, wer weiss, wie sich die Perspektiven eines OB-Menschen verändern, oder die Ansichten der Wähler*innen.
Im Blick auf die bisherige Amtszeit: Entgegen den Ausführungen (s.o.) sehe ich viele “Baustellen”, wo sich gar nichts getan hat:
Die Verkehrssituation, besonders in Blankenloch, ist sehr angespannt. Immer mehr Wohnungen, immer mehr Parkende, immer weniger “freie Fahrt für freie Bürger”.
Der Gehweg wird zugeparkt, in Seitenstrassen (zB Schulstr in Bla.) wird so geparkt, dass kein Rettungsfahrzeug passieren kann.
Radfahrer*innen leben gefährlich. Wer in Bla die Hauptstr. benutzt, muss sich vor PKW, LKW, Strab, Vorfahrtsregelung in Acht nehmen – warum gibt es keine zentralen und sicheren Radwege. ( Besonders für die viele Schüler*innen).
Die sog. Jugendareit liegt am Boden. In Bla gibt es ein verwahrlostes “Grau”-Areal, auf dem sich eigentlich nichts ereignet, es sei denn anarchistisch-konsumorientiert. Es fehlt ein klares Konzept und der Wille, dies umzusetzen.
So könnte man zu verschiedenen Tageszeiten unsere Ort “durchstreifen” und würde dauernd auf Ärgerliches und Unerledigtes stoßen.
Die “Wahrheit” über die OB-Arbeit liegt nicht in eigenen Darstellungen oder Interviews, sondern “auf der Strasse”, vor Ort.