Zeltfestival 2019 in Friedrichstal: “Zusammen wachsen”

Organisationsteam des Zeltfestivals

Beitragsbild: Sabrina Strohal

Von Sabrina Strohal | 17.05.2018 20:37 | 5 Kommentare

Am Dienstag Abend hatte die evangelische Kirchengemeinde Friedrichstal alle Interessierten in die evangelische Kirche eingeladen, um über den aktuellen Stand der Planungen zur Zeltkirche 2019 zu berichten.

Seit den ersten Planungen vor einem Jahr (wir berichteten) ist viel passiert. Es hat sich ein Kernteam aus 16 Mitgliedern der veranstaltenden Kirchengemeinden gebildet. Veranstalter sind die evangelischen Kirchengemeinden Friedrichstal, Spöck und Blankenloch, die katholische Kirchengemeinde Stutensee-Weingarten und die Liebenzeller Gemeinschaft Blankenloch. Zum Kernteam gehören zudem Zeltpfarrer Thomas Wingert und Zeltmeister Martin Heubach. Einmal im Monat trifft sich das Kernteam. “Vieles ist schon geklärt, viele Einzelheiten liegen noch vor uns”, berichtete Friedrichstals Pfarrer Lothar Eisele.

Mit einem kleinen Film über die Zeltkirche, die vergangenes Jahr in Balzheim stattfand, gewährte Thomas Wingert einen Einblick, was Zeltkirche alles bedeuten kann, wie sie Begeisterung in den Menschen wecken kann.

Für das zweiwöchige “Zeltfestival” in Friedrichstal sind bisher u.a. fest eingeplant: ein Bikergottesdienst mit dem in der Bikerszene bekannten Thomas Weinmann, ein Seniorennachmittag mit dem Zeltpfarrer, ein Candle Light Dinner für 50 Paare, eine Laser- und Lichtshow mit Mister Joy. Für Frauen wird es ein Frauenfrühstück geben, für Männer einen Männerabend. Die Kinderbibelwoche wird im Zelt stattfinden, ebenso ein Elterncafé für Eltern und Kinder. Örtliche Vereine sollen sich an Unterhaltungsabenden mit Gesang, Sport und einem Blaulichtabend beteiligen. Martin Heubach, Zeltmeister und “der Mann, der weiß, wo es langgeht”, wird zweimal pro Woche Nordic-Walking-Kurse anbieten. So soll für jede Altersklasse etwas geboten sein.

Das “Zeltfestival” wird auf dem Marktplatz neben der evangelischen Kirche Friedrichstal stattfinden und vom 22. April bis zum 5. Mai 2019 dauern. Für das zweiwöchige Event werden ungefähr 200 Helfer gesucht. Das Zelt muss auf- und abgebaut werden, eine Zeltbetreuung rund um die Uhr, ein Musikteam, Technikteam, Cateringteam, Dekoteam, Werbungsteam, Finanzteam und vieles mehr werden benötigt.

Interessierte können sich in Helferlisten in den Pfarrämter eintragen oder bei Dirk Meinzer (dirk.meinzer@zeltfestival-stutensee.de), dem Leiter des Kernteams, melden.

Weiter Informationen sind auf der neu eingerichtenen Website www.zeltfestival-stutensee.de zu finden.

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Rolf Pessel

ZusammenWachsen oder eher doch Schizomyzet (Spaltpilz)?

Um es deutlich an dieser Stelle zu nennen, es sind mir erstens der Bestand des Artikels 4 GG (Grundgesetz) und die damit einhergehenden immer noch gültigen Artikel 136 – 141 WRF (Weimarer Reichsverfassung), die sich mit der Religionsfreiheit und dem Umgang damit befassen sehr, sehr wichtig. Schützen sie ja auch das Recht, keine Religion ausüben zu müssen bzw. nicht Glauben zu dürfen.

Zweitens leichtert die folgende Chronologie dem Interessierten das Verständnis für den heutigen Kommentar, der im Gesamtzusammenhang gesehen werden sollte:
https://www.meinstutensee.de/2017/03/mehr-veranstaltungen-auf-dem-friedrichstaler-marktplatz/
https://www.meinstutensee.de/2017/04/zeltkirche-2019-in-friedrichstal/
https://www.meinstutensee.de/2018/05/zeltkirche-2019-informationsveranstaltung/

Nun geht es endlich los. Die eigentümliche Schreibweise und die dadurch offene Interpretation des Mottos „ZusammenWachsen“, die als „zusammenwachsen“ im Sinne einer wie auch immer gearteten symbiotischen Entwicklung, ohne unbedingt gleichzeitig größer werden zu müssen oder auch als “zusammen wachsen“ im Sinne des alleinigen Größerwerdens der beiden isolieren Teilelemente, gelesen und verstanden werden kann, wie die Überschrift des meinstutensee.de Artikels deutlich zeigt, als nicht beabsichtigt oder gar als versehen zu erklären, unterschätzt meines Erachtens den Intellekt des Hauptveranstalters.
Welche Bedeutung dies nun für die beiden Konfessionen, katholisch vs. evangelisch, im Sinne der Einflussnahme, Ausgestaltung und des erhofften Nachhaltigkeitseffekt dieser Promotionsveranstaltung im eigenen Lager bedeutet, müssen die beiden unter sich klären. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass auf der Veranstaltungshomepage dann doch deutlich die erste Sichtweise favorisiert wird.

Darüber hinaus fand ich es auf der Informationsveranstaltung schon bemerkenswert, wie schon fast verzweifelt versucht wurde, die Bedeutung der württembergischen Zeltkirche bzw. die der lokalen evangelischen Kirche für diese Marketingveranstaltung in der Gemengelage der Konfessionen herunterzuspielen. Ich bin versucht zu sagen: Wer’s glaubt wird selig.
Ärgerlich und nicht gut zu heißen ist jedoch, dass hier Sprache nicht sofort und direkt für Klarheit und Transparenz sorgt, sondern eher vernebelt und nun schließt sich der Kreis, hat es doch leider in beiden Kirchen Tradition, dass Offenheit und Transparenz nicht unbedingt zu den stärksten Tugenden zählt.

Auch der Versuch auf der Informationsveranstaltung die württembergische Zeltkirche als eher zelttechnisch-logistischen Hardwarelieferanten und nicht deren wahren missionarischen Hauptcharakter darzustellen und deren geistigen Einfluss als nicht so bedeutend im Verhältnis zum eigenen zu charakterisieren, habe ich als krasse Fehlinformation wahrgenommen. Man muss sich nur der Mühe unterziehen und die strukturellen und inhaltlichen Anteile von Herrn Wingert und Herrn Heubach, beide Zeltkirche, aus den Quellen herausarbeiten, um zu erkennen, welch massive Dominanz hiervon auf die Werbeveranstaltung ausgeht.

Es ist gerade diese massive14- tägige missionarische Dominanz auf unserem von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellten Marktplatz, die ich von Anfang an kritisiert habe und weiterhin kritisieren werde. Ich sage ja nicht, dass Religion heimlich ausgeübt werden soll, denn was einmal heimlich ist, kann sehr schnell unheimlich werden. Nein, ich sage lediglich, dass Religion Privatsache ist und keinen anderen etwas angeht, solange der dadurch in seiner Sichtweise nicht eingeschränkt bzw. beeinträchtigt wird. Ich gehöre zu Deutschlands größten Konfession, nämlich zu den Konfessionslosen. Wie konkret das Verhältnis der Konfessionen hier in Stutensee aussieht, weiß ich nicht, da bin ich Opfer der schon angesprochenen Intransparenz. Ich empfinde es daher als eine Zumutung über eine solche lange Zeit diesem missionarischen Treiben ausgesetzt zu werden, und da ist es mir egal aus welcher Richtung das Missionarische kommt, denn leider gilt hier nicht das rheinische Grundgesetz Artikel 3: Et hätt noch emmer joot jejange (Es ist noch immer gut gegangen); Beispiele haben wir genug von den Kreuzzügen über die Hugenottenverfolgung bis zu ISIS. Deshalb folgt heute nochmals der Appell an die Vereine, insbesondere Sportvereine nicht als Organisation oder als Formation bei den scheinbar so harmlos daher kommenden „bunten Abenden mit Stutenseer Vereinen“ teilzunehmen. Ihr bzw. Euer Können, das muss man ganz klar sehen, wird ausgenutzt und instrumentalisiert. Ganz egal wie schön es auch umschrieben wird, wie z.B.: Wie sehr man sich freue oder dass man ja gleiche Ziele verfolge (tut ihr nicht), es etwas Gutes ist, für einander da zu sein, usw. Vielleicht fällt Euch die Entscheidung ja leichter, wenn Ihr Euch vorstellt, dieses Ansinnen würde von Salafisten an Euch herangetragen in ihren Zelten mit Eurem Können angeblich ohne Hintergedanken nur so zur Unterhaltung aufzutreten.

Ordnungspolitisch sehr bedenklich und nun sollten nicht nur die direkten Anwohner, sondern auch die Mitbürger, die etwas weiter des Marktplatzes wohnen, die Ohren spitzen, lautet doch der Hinweis auf der Veranstaltungshomepage unter dem Stichwort:

Parken
Bei der Anreise mit dem PKW stehen Parkplätze in den Seitenstraßen rund ums Festival-Zelt zur Verfügung.
Eine weitere Parkfläche ist im Bereich der Rheintal-Mühlen (Spöcker Weg) ausgeschildert.
Auf den ÖPNV wird selbstverständlich auch hingewiesen.

Lässt man sich auf der Zunge zergehen, dass das Zelt 450-650 Personen aufnehmen kann und unterstellt es sei 14 Tage lang bis in die Abendstunden gut gefüllt, dann wissen die Anwohner jetzt, was sie nicht nur in Bezug auf ihre eigene Parksituation erwartet.
Ich hoffe und erwarte, dass sich die Verantwortlichen der Stadt und des Ortes, sich diesen Punkt zu Eigen machen und eine bürgernahe, d.h. nicht unbedingt veranstaltergerechte, Lösung vom Veranstalter fordern und die Veranstaltungserlaubnis daran knüpfen.

Und nun entscheiden Sie bitte ganz für sich, ob mit dieser ganzen Angelegenheit nicht doch eher ein Spaltpilz gesät wurde.

Ach, beinahe hätte ich es vergessen:
Speisen und Getränke sind kosten los. Ihr bezahlt mit Eurer Seele.

FH...

Man sollte hier doch die Kirche im Dorf lassen. Als “passives” Mitglied der ev. Kirche fühle ich mich durch den eventuellen missionarischen Charakter dieser Großveranstaltung nicht bedroht; auch sehe ich keine Bedrohung für meine nicht getaufte Rest-Familie. Es wird niemand gezwungen, dorthin zu gehen.
Gleiches gilt für die Vereine. Jeder Verein hat eine Satzung und kann ggf. per Mitgliederentscheid darüber befinden, ob die Teilnahme an dieser Veranstaltung satzungsgemäß ist. Darüber hinaus kann bei Teilnahme eines Vereins jedes einzelne Vereinsmitglied selbst entscheiden, ob es sich beteiligen will.
Übrig bleiben für mich zwei Punkte: Ist diese Großveranstaltung für Friedrichstal nicht zu groß? Und: Welche objektiven Kriterien werden angelegt, wenn andere den Marktplatz nutzen wollen? Hat der Ortschaftsrat eine schriftlich fixierte Nutzungsregelung? Einen Nasenfaktor darf es hier nicht geben.

Rolf Pessel

Danke Herr/Frau(?) FH für Ihre Reaktion. Ich würde mich freuen, wenn sich nun endlich eine öffentliche Diskussion über dieses Veranstaltungsthema entwickelt und bewerte für mich Ihren thematisch und sprachlich treffenden Hinweis “die Kirche im Dorf zulassen” auf dem Hintergrund ihrer “passiven” Mitgliedschaft wohlwollend. Nebenbei, damit kein falscher Eindruck entsteht, habe ich bisher noch nicht von Bedrohung gesprochen, sondern aus Sicht eines Konfessionslosen von Zumutung. Ungeachtet dessen, wenn mein vielleicht etwas provokater Schreibstil weiterhin dazu führt, dass, wie in Ihrem Fall, sinnvolle Fragen gestellt werden, dann habe ich schon viel erreicht.

FH...

@Herr Pessel
Als “Zumutung” empfinde ich die aktuelle PR-Aktion von Herrn Söder im Hinblick auf den Wahlkampf im Freistaat, in Landeseinrichtungen Kreuze aufzuhängen. Ich persönlich habe Herrn Eisele aus der nahen Ferne als ausgleichende Person kennen gelernt. Die absolute Trennung von Staat und Kirche gibt es bei uns nun mal nicht. Das wird auch in diesem Projekt des “Zeltfestivals” deutlich. Eine Partei mit dem “C” im Namen kann da kaum dagegen sein.
Als Anregung für die Initiatoren: Es wäre (m)ein Anliegen, das in unserer Gesellschaft bestehende abstufende Ranking zwischen “christlicher”, “jüdischer” und eventueller “islamistischer” Prägung unserer Gesellschaft mit Blick auf die heutige Realität im Rahmen des Festivals kritisch zu beleuchten. Das könnte sogar für das Zusammenleben hier vor Ort etwas positives bringen…

Rolf Pessel

Die Bewertung Ihres zusätzlichen Zumutungsbeispiel teile ich voll und ganz, nur haben hierbei unsere im Focus stehenden Akteure, glaube ich, so gut wie keine Aktien im Spiel. Apropos Akteure: Ich folge hier auch Ihrem eigeschlagen Pfad nicht, mich über Personen beurteilend bzw. einschätzend zu äußern und überspringe deshalb diesen Punkt.
Aus Ihrer stimmigen Beschreibung der Realität, d.h. der Verqickung von Staat und Kirche, folgt nicht, dass es so bleiben muss, da aus dem Sein kein Sollen folgt, wie schon Hume in seinem Gesetz der Sein-Sollen-Dichotomie aufzeigte. Richtig, ich spreche hier einer stärkeren Säkularisierung das Wort und dafür setze ich mich ein.

Sehr angetan bin ich von Ihrem Ansatz, den Blick nach vorne zu richten und kritisch aufklärerische Momente in diese Veranstaltung einzuflechten zum Wohle und Nutzen unserer städtisch-dörflichen Gesamtgemeinschaft.
Ergänzt werden kann das durch die inhaltliche Einbindung von Themen, die aus Sicht von Atheisten, Agnostikern, Konfessionslosen im Sinne eines Gelingens des Zusammenspiels innerhalb einer offenen Gesellschaft wichtig sind, um ethische Fragen kritisch zu beleuchten und zu klären.

Auch eine kritische Darstellung im Sinne einer offengelegten Innenansicht kirchlichen Handelns kann sinnvoll sein und die persönliche Entscheidung für einen Kircheneintrit oder gegen einen Kirchenverbleib so oder so beinflussen. Was meine ich damit? Eine klare Auflistung von DIREKTEN Kircheneinnahmen, wie Spenden, Schenkungen, Vermietung/Verpachtung, Haus und Grundbesitz, Kirchsteuern etc. und INDIREKTEN Einnahmen wie Finanzierung von Leistungen und Personen durch allgemeine Steuern, Kranken-, Pflege- und Rentenkassen. Z.B. finanzieren sich Diakonie und Caritas nur zu ca 1,2- 1,8 % durch kirchliche Mittel, alles andere wird von allen Steuerzahlenr und der Solidargemeinschaft finanziert, obwohl Caritas und Diakonie zu den größten Arbeitgebern der Rebublik gehören. Wozu und weshalb müssen Steuermittel herhalten, um z.B. die höheren kirchlichen Verwaltungs-/Würdenträger wie z. B. Bischöfe in Bayern mit über 12.500 € monatlich zu finanzieren? Im Erzbistum Köln haben Seelsorger einen Anspruch auf eine mietfreie Dienstwohnung in einem kircheneigenen Gebäude. Falls es keine Dienstwohnung gibt, erhalten Priester eine Wohnungszulage von 780 Euro (!!!) monatlich. Auch bei den Protestanten gibt es eine ähnliche Besoldung. Kilometergeld kann voll geltend gemacht werden, warum bei mir nicht? usw., usw.
Es gibt also Fragen über Fragen und die klare, offene Beantwortung und kritische Diskussion darüber würde bestimmt das Zelt 14 Tage lang mit einem breiten interessierten Publikum füllen.

So jetzt haben wir beide genug geträumt, denn der Zweck der Veranstaltung ist: “In diesem Rahmen will die Zeltkirche Menschen helfen Gott zu begegnen und sich ihm anzuvertrauen. Glauben soll geweckt und gestärkt werden.” Offene Fragen, kritische Positionierungen können da nur stören.
Ich würde mich freuen, wenn mich die Zeltaktivisten durch ihre Taten dann doch eines besseren belehren würden.