Bindungsfrist für Lachwald-Entscheid abgelaufen – noch kein Plan zur Stadtentwicklung

Lachwald

Beitragsbild: Steven Kindel

Von Martin Strohal | 08.06.2021 21:15 | 6 Kommentare

Drei Jahre nach dem Bürgerentscheid zur Nicht-Bebauung des Lachwalds endet nun die Bindungsfrist. Der Gemeinderat könnte unter bestimmten Bedingungen wieder anders in der Sache entscheiden. Bei der Stadtentwicklung und Alternativen zur Lachwaldbebauung gibt es seitdem aber keinen Fortschritt. Stadtverwaltung und Gemeinderat hatten eine Fläche von 16 Hektar, die für Wohnungsbau in Blankenloch und Büchig vorgesehen sind, in Form eines “Flächenpools” beim Nachbarschaftsverband angemeldet. Bis Ende 2022 muss dieser Pool aufgelöst und auf konkrete Flächen verteilt werden. Die Stadt will dafür im Jahr 2021 einen Bürgerbeteiligungsprozess durchführen. Dafür steht allerdings bislang kein Zeitplan fest.

Der Bürgerentscheid “Lachwald” im Februar 2018 brachte die Sache ins Rollen. Nachdem sich die Stutenseer Bevölkerung mehrheitlich dagegen ausgesprochen hatte, das Plangebiet “Lachwald II” für Wohnbebauung zu nutzen, nahm die Stadt auch alle weiteren geplanten Flächen in Blankenloch und Büchig aus der Anmeldung für den Flächennutzungsplan 2030 und fasste sie in einem “Flächenpool” zusammen.

Nun soll ein Stadtentwicklungsplan erstellt werden. Dabei geht es darum zu diskutieren, an welchen Stellen Stutensee möglicherweise wachsen soll, ob und wenn ja wie viele neue Einwohner in welchem Zeitraum zu erwarten sind, wie viel neuer Wohnraum für sie benötigt würde. Die Aufteilung des Flächenpools, die bis Ende 2022 erfolgen muss, solle nun im Rahmen des Stadtentwicklungsprozesses behandelt werden, erklärte Lukas Lang, Pressesprecher der Stadtverwaltung auf Anfrage von meinstutensee.de.

Schon im April 2018 im Anschluss an den Bürgerentscheid wollte die Stadt laut Baubürgermeisterin Sylvia Tröger beginnen, ein geeignetes Format für die Bürgerbeteiligung finden. Im vergangenen Oktober drängten die Freien Wähler darauf, die Bevölkerung möglichst frühzeitig einzubinden. Bislang ist hierzu nichts öffentlich bekannt geworden. “Aktuell werden die Grundlagen und Vorarbeiten geleistet”, so Lang. Der Gemeinderat werde “in Kürze” über den Stadtentwicklungsplan beraten und damit den weiteren Prozess, inhaltlich und zeitlich, festlegen.

Das Bürgerbegehren zur Bebauung des Lachwalds ist in diesem Jahr drei Jahre her. Damit endet seine Bindung. 2018 hatte die Bürgerinitiative “Lachwald erhalten” der Stadt unterstellt, den Flächenpool für die Überbrückung der drei Jahre einzurichten, um im Anschluss eine Bebauung des Lachwalds vorzunehmen. Baubürgermeisterin Sylvia Tröger, die von ihrem Amt in wenigen Wochen zurücktritt, widersprach dem damals. Der Lachwald werde in einer neuen Konzeption keine Rolle mehr spielen.

forum Kommentare

Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.
(Marie von Ebner-Eschenbach)

Und kurz vor Schluß steht der gemeinderätliche Kessel wieder unter riesigem, zeitlichen Überdruck.

Andreas Haßmann

Ich glaube der Bürgerentscheid war eindeutig. Bleibt mal abzuwarten welche Altlasten uns Frau Tröger hinterlässt, eine der treibenden Kräfte im GEHEIM halten .

Lachwald-erhalten

BÜRGERENTSCHEIDE ERHALTEN DIE WIRKUNG EINES GEMEINDERATSBESCHLUSSES MIT DAUERHAFTER BINDUNGSWIRKUNG.
Ein Gemeinderatsbeschluss hat dagegen keine Bindungswirkung und kann jederzeit geändert oder zurückgenommen werden.
Die Bindungsfrist für den Lachwald-Entscheid ist NICHT abgelaufen. Sie ist kein Verfallsdatum des Bürgerentscheids, sondern bedeutet, dass er nach der Gemeindeordnung in Baden-Württemberg innerhalb der ersten 3 Jahre nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden kann. Dies ist nicht geschehen, weshalb die Bindungswirkung für immer bestehen bleibt. Der Gemeinderat darf deshalb weiterhin den Bürgerentscheid nicht einschränken.
Das beabsichtigt die Stadt Stutensee auch nicht, sondern hat den Bürgerentscheid voll akzeptiert und setzte zusätzlich ein Zeichen, indem die Fläche des Lachwalds dauerhaft aus dem Flächennutzungsplan herausgenommen wurde.

Mal sehen wo die 26 DART-Pfeile auf der Blankenlocher-Büchiger Ortsteilkarte stecken werden? Um allen daraus folgenden Problemen der neuerlichen Standortbestimmungen aus dem Weg zu gehen, ist es ratsam, die Karte auf 3 mm – Stahlblech zu kleben. Dann ist am Ende niemand schuld.

Klaus Gompper

Da klar war, dass die Bindungsfrist des Bürgerentscheids zum Lachwald nach drei Jahren endet, hat sich unsere Bürgerinitiative „Rettet den Lachwald“ frühzeitig dafür eingesetzt, dass das eindeutige Votum der Stutenseer Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt des Lachwalds auch langfristig Bestand hat. Es gab zwar nach dem Bürgerentscheid von allen Fraktionen und der Stadtverwaltung die Aussage, dass die Bebauung des Lachwalds nun „vom Tisch“ sei, aber uns war es wichtig, dass dies auch in den Gemeinderatsbeschlüssen und im neuen Flächennutzungsplan 2030 (FNP 2030) festgeschrieben ist. Dass dies nicht immer ganz einfach war, zeigt ein Exkurs in die vergangenen Jahre, der die Abläufe seit dem Entscheid im Februar 2018 aufzeigt:

Zwei Monate nach dem Lachwald-Bürgerentscheid war in der Gemeinderatssitzung am 23.04.2018 der Tagesordnungspunkt 4 „Fortschreibung Flächennutzungsplan 2030, Herausnahme von Wohnbauflächen im Stadtteil Blankenloch-Büchig“ vorgesehen, bei dem beschlossen werden sollte, dass alle vorgesehen Wohnbauflächen in Blankenloch und Büchig aus dem FNP 2030 herausgenommen werden und 16 Hektar in einen allgemeinen Flächenpool zur weiteren Fortschreibung des FNP 2030 aufgenommen werden sollten. Dabei wurde in der ursprünglichen Beschlussvorlage nicht zwischen dem Lachwald und den anderen Wohnbauflächen (südlich Blankenloch) unterschieden. Dies führte zu großen Irritationen bei den Stutensee Bürgerinnen und Bürgern, die doch eben für den Erhalt des Lachwaldes gestimmt hatten. Die Telefone liefen damals bei uns heiß. Unser BI „Rettet den Lachwald“ nahm daraufhin Kontakt mit den Fraktionen und der Gemeindeverwaltung auf und drängte auf Änderung der Abstimmungsvorlage, damit eindeutig war, dass der Lachwald nicht mehr Bestand des FNP 2030 und damit auch nicht im Flächenpool ist. Dem wurde gefolgt, und der Gemeinderat (GR) beschloss einstimmig „die endgültige Herausnahme der vorgesehenen Wohnbaufläche „Lachwald II“ (ST-W-017) aus der Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2030.“

In der Gemeinderatssitzung etwa ein Jahr später, am 20. Mai 2019, war TOP 7 der Tagesordnung „Siedlungsentwicklung Stutensee -Fortschreibung des Flächennutzungsplanes 2030 und des Landschaftsplanes 2030 – Offenlagebeschluss“. In der Vorlage zu diesem Tagesordnungspunkt wurde jedoch wieder nicht, wie in der Gemeinderatssitzung vom 23.04.2018 einstimmig beschlossen (s. oben), zwischen der endgültigen Herausnahme des Lachwalds und der Herausnahme der anderen Wohnbauflächen im Stadtteil Blankenloch und Büchig unterschieden. In der Bürgerfragestunde dieser Sitzung haben wir dies aufgegriffen. Frau Oberbürgermeisterin Becker bedankte sich für den Hinweis und bestätigte nochmal, dass die Herausnahme der Fläche des „Lachwald II“ endgültig sei. Zu Beginn der Beratung von TOP 7 erklärte Frau Oberbürgermeisterin Becker, dass der Zusatz „endgültig“ in Bezug auf die Ausnahme der Lachwaldfläche noch dem Vorgang hinzugefügt werden soll. Dies sei, wie von uns angeregt, auch formal richtig. (Alles nachzulesen in der Sitzungsniederschrift).

Leider fand sich dieser Beschluss des Stutenseer Gemeinderates so nicht im Entwurf des FNP 2030 (Stand Juni 2019) des Nachbarschaftsverbandes Karlsruhe wieder, der vom 8. Juli bis zum 23. August 2019 zur Einsichtnahme öffentlich ausgelegt wurde. Auch dort wurde wiederum nicht klar formuliert, dass der Lachwald endgültig aus dem FNP 2030 herausgenommen wird. Unsere BI „Rettet den Lachwald“ hat daraufhin fristgerecht eine schriftliche Stellungnahme beim Nachbarschaftsverband eingereicht, in der wir auf die oben genannten Gemeinderatsbeschlüsse hingewiesen haben. Unserer Argumentation wurde vom Nachbarschaftsverband gefolgt, so dass in der Begründung zum FNP 2030 auf Seite 59 der Satz „Wobei die Fläche „Lachwald“ /ST-W-017 endgültig aus der Flächenkulisse des FNP 2030 herausgenommen wurde.“ hinzugefügt wurde (siehe pdf-Datei „Begründung“ in den Unterlagen zur Verbandsversammlung am 07.12.2020 TOP 5, unter http://www.nachbarschaftsverband-karlsruhe.de/b1/verbandsversammlung/vergang2020.de ). Der Nachbarschaftsverband Karlsruhe hat in seiner Verbandsversammlung am 07. Dezember 2020 einstimmig die Fortschreibung des Flächennutzungsplan 2030 abschließend beschlossen.

Unser Einsatz hat sich gelohnt. Der Lachwald wurde durch Beschluss des Stutenseer Gemeinderates und des Nachbarschaftsverbandes Karlsruhe endgültig aus dem Flächennutzungsplan 2030 herausgenommen. Er ist somit auch nicht Bestandteil des Flächenpools von 16 Hektar, der für die Wohnbebauung in Blankenloch und Büchig im Flächennutzungsplan 2030 vorgesehen ist, und der bis 2022 konkretisiert werden muss.

Gibt es schon innerstädtische Tendenzen, oder Kenntnisse von Geheimdiensten, wie sich der 16 ha-Pool in Blankenloch und Büchig verteilt, und wo am Ende die runden, eckigen, gartenverschönernden, heißen Sommerabende abkühlenden, bis dahin vielleicht dann auch endlich mit auf 8 Grad deutscher Härte weichem Wasser gefüllten Pools gebaut werden könnten? Lachwald ist raus – nochmals Dank an die damaligen überzeugenden Vorkämpfer und Abstimmer zum Erhalt des Waldes. Aber wo gehts jetzt ran ans Eingemachte? Bü 5 / Bü 6 ??? Wofür stehen diese Bezeichnungen bereits schon, wenn man von aktiver Bürgerbeteiligung spricht? Man lernt nie aus.