Der Gemeinderat beschloss in seiner Februar-Sitzung, eine Fläche von gut 16 Hektar für mögliche Wohnbebauung in Blankenloch für den Flächennutzungsplan anzumelden. Als Platzhalter hierfür wird eine derzeit landwirtschaftlich genutzte Fläche südlich der Eggensteiner Straße verwendet. Die Stadtverwaltung sah keine Möglichkeit, gemeinsam mit dem Gemeinderat zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen und brach den Werkstattprozess ab. Die Grünen lehnen zusätzliche Wohnflächen grundsätzlich ab, da Stutensee den geplanten Bevölkerungszuwachs bereits ohne diese bewältigt habe. Das Thema “Flächenpool” ist weiter nicht gelöst.
Damit Städte die Möglichkeit haben, neue Wohngebiete auszuweisen, müssen diese vorher im Flächennutzungsplan (FNP) angemeldet worden sein. Dieser wird im Abstand einiger Jahrzehnte überarbeitet. Der Prozess zum aktuell gültigen Flächennutzungsplan 2030 begann im März 2012. Zuständig ist der Nachbarschaftsverband Karlsruhe.
Die Debatte um die Ausweisung neuer Entwicklungsflächen in Blankenloch und Büchig ist erneut gescheitert. Die Stadtverwaltung hat den vergangenes Jahr gestarteten Werkstattprozess abgebrochen, da sie keine Möglichkeit sah, bis zum Jahresende 2024 zu einem einvernehmlichen Ergebnis zu kommen. Das liege an den” vielschichtigen Belangen und der Komplexität”, an einer “subjektiven Diskussion der Erkenntnisse” und nicht zuletzt an den bevorstehenden Kommunalwahlen. Der Wahlkampf hat bereits begonnen, was dazu führe, dass die Fraktionen ihre Positionen stärker betonen und weniger offen für Kompromisse seien.
Da sich die Frist nicht weiter verschieben lasse, wählte die Stadtverwaltung eine Fläche aus, die aus ihrer Sicht raumordnerisch geeignet sei – allerdings auch nur unter diesem Aspekt -, und platzierte dort die gesamten 16,2 Hektar für Blankenloch und Büchig. Damit solle die Fläche für Stutensee gesichert werden. Die Fläche südlich der Eggensteiner Straße sei ein reiner Platzhalter. Der Flächenpool existiert also weiter, jetzt jedoch räumlich festgelegt.
Konkrete Flächen könnten bei Bedarf über Einzeländerungen festgelegt werden. Ohne Beschluss würden die 16,2 Hektar ersatzlos verfallen. Zudem will die Stadtverwaltung ein externes Büro beauftragen, um alle möglichen Flächen rund um Blankenloch einheitlich zu untersuchen und vergleichbar zu machen. Dafür seien 25.000 Euro im Haushalt vorgesehen.
CDU/FDP: “Brauchen Entwicklungspotenzial”
“Wir können uns dem mehrheitlich anschließen”, so Nicole LaCroix für die CDU/FDP-Fraktion. Blankenloch und Büchig bräuchten Entwicklungspotenzial. Stutensee habe bei Neubaugebieten immer Augenmaß bewiesen. Die Entwicklung des letzten Spöcker Neubaugebiets habe 25 Jahre gedauert. Es gehe um mögliche künftige Aufgaben. Natürlich müsse mit den Flächen auch im Hinblick auf Artenschutz und die Landwirtschaft sorgsam umgegangen werden. “Das soll nur eine Vorhaltung sein, sonst werden die 16,2 Hektar vollständig gestrichen.”
Hornung (CDU): “Auf nördliche Stadtteile konzentrieren”
“Flächen kann man nicht vermehren”, entgegnete Thomas Hornung (CDU). Blankenloch sei umgeben von ökologisch wertvollen Flächen. Deshalb plädiere er dafür, sich auf die Flächen in den nördlichen Stadtteilen zu konzentrieren. Außerdem wies er darauf hin, dass ein weiteres Bevölkerungswachstum in diesen Neubaugebieten Probleme mit sich bringe. “Wir haben jetzt schon Schwierigkeiten mit der Infrastruktur.”
Freie Wähler: “Potenziale sichern ohne Verpflichtung”
“Der Gemeinderat bleibt Herr des Verfahrens”, betonte Klaus Mayer (Freie Wähler). Potenziale sollten jedoch gesichert werden. “Es besteht keine Verpflichtung, dort etwas zu entwickeln”, betonte er. Den Werkstattprozess würde seine Fraktion gerne weiterführen und in der Diskussion bleiben. Außerdem frage er sich, weshalb noch einmal Geld für neue Flächensteckbriefe ausgegeben werden solle.
Grüne: “Entwicklungsziele erreicht, Flächen ersatzlos streichen”
Die Grünen verwiesen auf die Hintergründe des Flächennutzungsplans. Voraussetzung für die Ausweisung der Flächen sei es gewesen, eine bestimmte Bevölkerungszahl in Stutensee zu erreichen. Dieses Ziel sei inzwischen sogar ohne diese Flächen übertroffen. Außerdem gebe es in den nördlichen Stadtteilen 21,8 Hektar Flächen für mögliche Wohnbebauung. Deshalb sollten die 16,2 Hektar in Blankenloch und Büchig ersatzlos gestrichen werden. Das sei im Sinne von Arten-, Natur- und Klimaschutz sowie der Landwirtschaft. “Außerdem sehe ich nicht ein”, so Fraktionsmitglied Volker Stelzer, “dass die Verwaltung Zeit und Geld für diese freiwillige Aufgabe aufwendet.”
SPD: “Handlungsfähigkeit nicht nehmen lassen”
Die SPD habe sich nach den Worten von Beate Hauser schwergetan mit ihrer Entscheidung. “Wir dürfen uns die Handlungsfähigkeit des künftigen Gemeinderats nicht nehmen lassen”, meinte sie dann aber. Allerdings sehe ihre Fraktion die Fläche südlich der Eggensteiner Straße als nicht geeignet an. Es handele sich nur um einen Platzhalter.
Abstimmung
Für das komplette Aussetzen der Flächenausweisung bei Blankenloch und Büchig stimmten sieben von 24 anwesenden Gemeinderatsmitgliedern: die Grünen sowie Thomas Hornung. Umgekehrt war das Ergebnis bei der Abstimmung über die Vorlage der Verwaltung. Hiergegen stimmten die gleichen sieben Personen, die übrigen 17 waren dafür. Für die Beauftragung eines externen Büros zur Erarbeitung neuer Steckbriefe votierten 13 Gemeinderatsmitglieder, acht waren dagegen, drei enthielten sich. Den Werkstattprozess abzuschließen, fand die Zustimmung von 19 Gremienmitglieder, fünf Personen aus der Fraktion der Freien Wähler stimmten dagegen. Walter Dörflinger (Freie Wähler) nahm an der Abstimmung nicht teil, obwohl es auf der abstrakten Ebene keine Befangenheit gegeben hätte.
Stutensee wird nach dieser Entscheidung bei der Sitzung des Nachbarschaftsverbands einen entsprechenden Antrag auf Einzeländerung stellen, um die neue Fläche aufnehmen zu lassen.
Hintergrund
Im April 2017 beschloss der Stutenseer Gemeinderat die möglichen Entwicklungsflächen für Gewerbe und Wohnen auf der städtischen Gemarkung. Mit dabei ein Teil der Fläche des Lachwalds bei Büchig. Dies führte zu Protesten in der Bevölkerung, die im Februar 2018 im ersten Bürgerentscheid der Stutenseer Geschichte mündeten. Da sich eine deutliche Mehrheit der Wähler:innen für den Erhalt des Waldes aussprach, wurde die Fläche aus der Planung genommen. Um sich Zeit für die Entwicklung einer Lösung zu nehmen, wurden sämtliche vom Gemeinderat beschlossenen Flächen in Blankenloch und Büchig, 16,2 Hektar, in einem sogenannten “Flächenpool” zusammengefasst. Die Flächen in den nördlichen Stadtteilen blieben, wie ursprünglich vom Gemeinderat beschlossen.
Erst sollte der Beteiligungsprozess “Zukunft Wohnen Stutensee” eine Lösung bringen, dann wurden Hoffnungen auf den Stadtentwicklungsplan gesetzt. Die Frist des Nachbarschaftsverbands, das Jahresende 2022, konnte nicht gehalten werden, weshalb eine Verlängerung beantragt wurde. Nun sollte ein Werkstattprozess den Durchbruch bringen, der im Juni 2023 beschlossen wurde.
forum Kommentare
Workshops – Beratungen – alles vor sich herschieben – und jahrelang Zeit sich festzulegen. Alles für die Katz. Jetzt geht es an hochwertige landwirtschaftliche Blankenlocher Substanz und zugleich auch noch das grundwasserbildente Einzugsgebiet. Toll gemacht! Warum hat man diese Vorratsfläche denn nicht gleich in den stadteigenen Hardtwald gelegt? Das ist wie wenn man sich das teuerste Auto kauft und den Zündschlüssel ganz weit in den Baggersee wirft. Trotz vieler schon erkundeter Steckbriefe mit guten Aussichten einer sinnvollen Bebauung, wird jetzt ein neues Fass aufgemacht. Das ist für mich kein Ergebnis, sondern ein ungeplantes, bereits jahrelang andauerndes Weitergewurschtel, so wie man das bisher auch schon von den bürgerlichen Entscheidungsträgern gewöhnt ist.
… bekanntermaßen gehört Stutensee eine größere Fläche hinterm Mond. Dort wäre der Flächenpool ideal verortet…
Das Dilemma um das Zukünftige „Wer will denn innen, wer will außen oder nach oben – wer will sowas gar nicht?“- Die innere und äußere Meinung der Bürger zur Baulandvoranfrageplanung, ist offensichtlich so vielschichtig, dass nun ihrer Vertreter zu der sehr späten Erkenntnis gelangten, alles zurück auf LOS. Anscheinend wurde dann mit einem ferngesteuerten Wurfpfeil auf einen Blankenloch – Büchiger-Stadtplan ein BAUPLATZVORHALTER bestimmt. Dabei hat die Spitze aber eine Fläche getroffen, die bei der heutigen Besetzung des Rates, und sicherlich auch nach dem 9. Juni 2024, aus Gründen landwirtschaftlicher Notwendigkeit, grundwasserbildender Eigenschaften, klimapolitischer Diskussionen, Natur – und Artenschutz und vielen anderen Dingen, jetzt schon als nicht geeignete Fläche auserkoren wird. Und dass nun die bevorstehende Kommunalwahl die Kompromissbereitschaft der kommunalen Entscheidungsträger so stark einschränkt, dass man bis dahin eigentlich gar keine Entscheidungen mehr treffen kann, das zeigt, dass es den 27 Kommunalpolitikern, die eigentlich den Bürgerwillen vertreten sollten, mehr um parteiliche Vorstellungen geht. Wie schnell es geht und wozu das alles führen kann, sehen wir an der Bundes – Ampel, die fast nur noch auf Rot geschaltet, alles zum Erliegen bringt. Gott sei Dank muss sich die Kommune aber keine Gedanken über die Einhaltung einer Schuldenbremse machen, denn da sind die Bremsbacken schon lange festgerostet. Warum man nicht schon viel früher zu dieser „bemerkenswert unpräzisen“ Flächenpoolfestlegung gekommen ist, und von der oberen Raumordnungsbehörde nach 5 Jahren Entscheidungslosigkeit auch noch eine zweijährige Verlängerung benötigte, das zeigt die große Entscheidungsfreudigkeit und den vernebelten Weitblick der Verwaltung, und den „Herren des Verfahrens“, wie die FW betont. Wo bleiben eigentlich die zehn Herrinnen? Beachtenswert, dass wenigstens die Freien Wähler erkannten, dass es ja schon lange genug teuer bezahlte STECKBRIEFE zur Baulanderkundung gibt, über die man kostengünstiger entscheiden könne, aber auch beachtenswert, dass ein Landwirt sich selbst als befangen erklärt, wenn an seiner bisherigen Lebensgrundlage herumgesägt wird. Die CDU/FDP-Fraktion, außer einem, ist stolz auf bisher gezeigtes Augenmaß, weniger auf generationsaltersandauernde Entwicklungszeiten. Da man sich als Waidmann öfters im Freien aufhält, kennt man die Problematik von befriedeten Bezirken und sieht jetzt schon deren negative Auswirkungen hinsichtlich der Infrastruktur durch Überbevölkerung und nicht sichtbarer, unterirdischer Beschotterung. Schade, dass man hier nichts von der Zukunftsprognose in Sachen baulicher Entwicklungen, der jungen Liste aus Sicht junger Leute, gelesen hat. Wenigstens sieht die SPD, dass diese Größenordnung von 20 Fussballplätzen dort nichts zu suchen hat und betont die schwere Geburt ihrer Entscheidung, was aber eher einem schmerzloseren Kaiserschnitt gleicht. Während die Grünen, meist aus einer früheren Rolle von Blankenlocher und Büchiger Freiflächenbebauern- oder Suchenden heraus, nun den flächenlosen Bevölkerungszuwachs propagieren, ist diese Haltung der ersatzlosen Flächenstreichung eine sehr Egoistische. Es bleibt spannend, hoffentlich nicht wieder 25 Jahre lang, was einmal aus dieser, nur als Platzhalter gedachten Vorhaltefläche werden wird. Das nenne ich klare politische Richtung in eine planbare Zukunft, und endlich wieder jahrzehntelanger Ruhe vor dem Druck des bösen Nachbarschaftsverbandes. Herzlichen Glückwunsch für diesen Gedankenblitz von gewaltig anmutender Entscheidungsfreude, und alles Gute für den 9. Juni, dann aber mit bürgerlich, freien Entscheidungen, auch hinsichtlich einmal 693 000 kg nicht mehr erntebarer Kartoffeln, oder 121 500 kg Weizenmehl, auf diesem für politische Zeitspiele herhalten müssenden Bauareal, das eigentlich jetzt schon keine Zukunftsperspektive als Baufläche mehr hat. Man könnte fast meinen, die rote Ampel sei einmal vor langer Zeit in Stutensee erfunden worden. Ich habe fertig – für heute.